Siegfried
Schwarze
Prävention – alter Wein in neuen Schläuchen
PrEP 2.0?
Die bisherigen Ergebnisse zur PrEP sind beim besten Willen nur als gemischt zu bezeichnen. Unabhängig von der ethischen Dimension (inwieweit macht es Sinn, Nicht-Infizierte zu behandeln, wenn weltweit nicht annähernd alle Infizierten, die eine Behandlung bräuchten, sie auch wirklich bekommen) liegt die Erfolgsrate einer kontinuierlichen PrEP in den verschiedenen Stunden zwischen 0 (oder sogar weniger in der VOICE-Studie) und 75% (Partners PrEP-Studie). Inzwischen wurden viele Analysen zu den möglichen Ursachen gemacht und diese kamen alle zu einem recht simplen Ergebnis: PrEP wirkt nur, wenn sie konsequent angewandt wird.
Da die tägliche Anwendung von Tenofovir oder TDF/FTC bzw. der konsequente Gebrauch von Gels mit diesen Inhaltsstoffen vielen nicht dauerhaft gelingt, sucht man nun nach neuen Wegen.
Zum einen werden andere Wirkstoffe untersucht. Derzeit laufen Studien mit dem CCR5-Blocker Maraviroc als Tablette und Gel sowie mit dem nicht für den oralen Einsatz entwickelten NNRTI Dapavirin in Form eines Vaginalrings. Es gibt auch Überlegungen, einen Integrasehemmer mit besonders langer Halbwertszeit bzw. eine Nano-Formulierung des NNRTI Rilpivirin als monatliche bzw. sogar dreimonatliche Injektion zu verabreichen.
Eine andere Art von Kombination: Die Petronas-Towers bei Nacht
Andere Studien untersuchen die episodische PrEP in allen nur denkbaren Varianten, d.h. die Einnahme von anti-HIV-Wirkstoffen nur um den Zeitpunkt des Sexualakts (entweder davor, danach, oder beides).
Bis alle diese Entwicklungen und Untersuchungen zu Ergebnissen führen, wird es nicht möglich sein, den Stellenwert der PrEP im Präventionsmix endgültig zu beurteilen. Letztendlich wird auch die Frage der Kosten, bzw. wer diese tragen soll, mit entscheidend sein.
Impfung gegen HIV – eine endlose (Misserfolgs-) Geschichte?
Obwohl gerade die USA ungeheure Mittel in die Entwicklung eines Impfstoffs gegen HIV gepumpt haben, sind die Erfolge bisher sehr bescheiden. In fast allen Impfstoffstudien bisher hatten die Probanden, die den Impfstoffkandidaten erhielten, ein höheres (!) Infektionsrisiko als die Empfänger von Placebo. Einzig die RV144-Studie ergab eine sehr mäßige Reduktion des Infektionsrisikos von 31% - dieser Effekt verschwand dann allerdings innerhalb weniger Monate.
Die Gründe hierfür
sind vielfältig: Zum einen tarnt HIV seine Epitope durch Glykosilierung, zum
anderen werden die wirklich immunogenen Stellen erst unmittelbar vor dem
Andocken an die Zelle freigelegt, so dass Antikörper nur sehr wenig Zeit haben,
um das Virus zu neutralisieren. Hinzu kommt die große Variabilität von HIV, die
es fast unmöglich macht, alle Varianten mit einem einzigen Impfstoff
abzudecken.
Nachdem in den letzten Jahren die Bemühungen vor allem darauf zielten, eine zelluläre Antwort gegen HIV zu generieren, ist man durch die Entdeckung von „broadly neutralizing antibodies“ - also Antikörpern mit einem sehr breiten Bindungsspektrum – jetzt wieder ermutigt, eher eine humorale Immunantwort hervorzurufen. Die Antikörper hat man inzwischen isoliert, nun ist die Frage, wie ein Impfstoff aussehen muss, um genau solche Antikörper in möglichst allen Geimpften zu induzieren.
Einige Experten vermuten inzwischen, dass es bei der Impfung – ähnlich wie bei der Behandlung – eines Kombinationsansatzes bedarf: Antikörper auf den Schleimhäuten (IgE), um HIV gleich beim ersten Eindringen abzufangen, lösliche Antikörper (IgG), um Viren, die diese erste Verteidigungslinie überwunden haben, am Eindringen in die Zellen zu hindern und schließlich eine zelluläre Antwort, um infizierte Zellen möglichst schnell zu erkennen und zu eliminieren.
Auch hier liegt also noch ein weiter Weg vor uns und es bleibt abzuwarten, ob es schneller gelingen wird, eine HIV-Infektion zu heilen oder einen wirksamen Impfstoff herzustellen.