HIV-Therapie


Wie kann man HIV behandeln?

Es gibt eine wirkungsvolle Tablettentherapie, die sogenannte ART (antiretrovirale Therapie), die die Vermehrung der HI-Viren im Blut unterdrückt, so dass die Viren nicht mehr nachweisbar sind. Die vor Beginn der Therapie möglicherweise schon angegriffene Immunabwehr (messbar an den sogenannten CD4 –Zellen oder Helferzellen) kann sich erholen und sogar normalisieren. Die Therapie besteht aus mehreren Wirkstoffen, die an unterschiedlichen Stellen der Virusvermehrung eingreifen. In der Regel kombiniert man drei Wirkstoffe. Die moderne HIV-Therapie besteht aus einer meist einmal bis zweimal täglichen Tabletteneinnahme, die idealerweise zum selben Tageszeitpunkt erfolgt. Diese Therapie wird lebenslang eingenommen, leider ist eine Heilung der HIV-Infektion bisher nicht möglich.

Ich bin HIV-positiv. Muss ich mich sofort behandeln lassen?

Bei sogenannten Aids-definierenden Erkrankung (z.B. Kaposi-Sarkom usw.), entsprechenden Beschwerden (z.B. Gewichtsverlust, rezidivierende Infektionen, chronische Erschöpfung und Müdigkeit, usw.), wenn das Immunsystem deutlich geschädigt ist (weniger als 350 CD4-Zellen/µl) oder die Viruslast hoch ist (mehr als 100.000 Kopien/ml), wird dringend zum sofortigen Start einer Therapie geraten.

Angesichts der immer besseren und verträglicheren Medikamente wird heutzutage aber auch allen anderen Patienten häufig gleich nach Diagnose zur Behandlung geraten. Studien (z.B. die START-Studie) haben gezeigt, dass eine möglichst frühe Therapie die negativen Auswirkungen einer chronischen HIV-Infektion reduzieren kann. Weitere Gründe können können z.B. der Schutz von HIV-negativen Sexualpartnern, eine Schwangerschaft, Begleiterkrankungen oder das Alter des Patienten sein. Auch bei einer akuten HIV-Infektion, wenn der Infektionszeitpunkt nur wenige Wochen zurückliegt, wird eine sofortige Therapie empfohlen.

Welche Therapie ist die richtige für mich?

In die Entscheidung, welche Therapie die richtige ist, fließen mehrere Faktoren ein: das Stadium der Erkrankung, Alter und Vor- bzw. Begleiterkrankungen/Begleitmedikation, eventueller Drogenkonsum, Allergien und Unverträglichkeiten und auch der Patientenwunsch spielen ein Rolle. Die Therapieempfehlung erfolgt immer individuell, so dass es vorkommt, dass ein für den einen Patienten ideales Medikament für den anderen nicht unbedingt geeignet ist.

Mein Arzt empfiehlt mir eine Therapie. Ich habe Angst vor Nebenwirkungen.

Wie alle Arzneimittel können antiretrovirale Medikamente Nebenwirkungen haben. Die modernen HIV-Medikamente sind jedoch sehr gut verträglich. Nebenwirkungen sind selten geworden, können aber auftreten.

Man unterscheidet akute Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen, Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen, seelische Probleme usw. von sogenannten Langzeitnebenwirkungen wie periphere Nervenstörungen, Osteoporose usw., wobei jedes Medikament sein eigenes typisches Nebenwirkungsprofil hat.

Eine Fettverteilungsstörung (Lipodystrophie) ist unter den modernen Medikamenten sehr selten geworden.

Mein Arzt empfiehlt mir eine Therapie. Ich habe Angst, dass man mir die Therapie „ansieht“.

Viele Patienten haben Angst vor Lipodystrophie, einer früher sehr häufig durch HIV-Medikamente ausgelöste Fettverteilungsstörung, die vor allem im Gesicht sehr störend und auffällig ist. Vor allem Proteaseinhibitoren der früheren Generation haben häufig zu einer Lipodystrophie geführt. Unter den heutigen Medikamenten kommt es sehr selten dazu.

Unter dem Medikament Atazanavir kann es bei manchen Patienten zu einer Gelbfärbung der Augen kommen. Dies ist nach Absetzen der Medikamente reversibel.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass man den Patienten in der Regel nicht ansieht, ob sie Medikamenten nehmen oder nicht.

Ich nehme neben meiner HIV-Therapie zusätzlich Vitaminpillen und homöopahtische Medikamente ein. Ist das ein Problem?

Wie bei jeder Arzneimitteltherapie können durch gleichzeitge Einnahme verschiedener Medikamente Wechselwirkungen auftreten. Die Einnahme von rezeptpflichtigen oder frei verkäuflichen Arzneimitteln, Drogen, Antibabypillen, homöopathischen Mitteln oder pflanzlichen Ergänzungspräparaten in Kombination mit antiretroviralen Medikamenten sollten offen und ehrlich mit dem Arzt besprochen werden, da Interaktionen den Erfolg der antiretroviralen Therapie beeinflussen können. Eine homöopathische Begleittherapie ist in der Regel unproblematisch. Pflanzliche Medikamente wie zum Beispiel Johanniskraut können dagegen zu Interaktionen führen.

Umckaloabo, Echinacin etc. – kann ich mein Immunsystem natürlich unterstützen?

Pflanzliche Immunstimulantien wie Echinacin sollen die Stimulation der unspezifischen Immunantwort verbessern. Ein messbarer Effekt ist bisher nicht nachgewiesen. Bei fortgeschrittenem Immundefekt und hochdosierter Therapie sind negative Effekte nicht auszuschließen. Eine homöopathische Begleittherapie ist in der Regel unbedenklich. Bei pseudowissenschaftlichen Verfahren, wie Immuntherapien und Bioresonanz ist Skepsis angebracht, insbesondere bei unrealistischen Heilversprechen und hohen Kosten. Im Einzelfall ist es sinnvoll, die Einnahme zusätzlicher Medikamente, Tees oder Kräuter dem HIV-Behandler mitzuteilen, um das Nebenwirkungs- und Interaktionspotential abschätzen zu können.

Was kann ist selbst tun, um gesund zu bleiben? Helfen Vitaminpräparate?

Prinzipiell ist eine gesunde, ausgewogene und vitaminreiche Ernährung sehr wichtig und ausreichend. Auf Zigaretten und Alkohol sollte verzichtet werden. Eine Normalisierung des Gewichts ist anzustreben. Dies alles geschieht, um Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie und Bluthochdruck vorzubeugen, um das Risiko für Herz-/Kreislauferkrankungen, welches bei HIV-Infizierten statistisch erhöht ist, so minimal wie möglich zu halten. Zur Einnahme von zusätzlichen Vitaminen und Spurenelementen gibt es keine wissenschaftlich fundierten Daten oder Leitlinien. Die Einnahme von Vitamin D zur Vorbeugung einer Osteoporose und die zusätzliche Einnahme von Vitaminen, Zink oder Selen kann bei Mangelzuständen sinnvoll sein. In jedem Fall ist es sinnvoll, die Einnahme zusätzlicher Medikamente, Tees oder Kräuter dem HIV-Behandler mitzuteilen, um das Nebenwirkungs- und Interaktionspotential abschätzen zu können.

Ich nehme seit 5 Jahren meine HIV-Medikamente ein und meine Viruslast ist immer unter der Nachweisgrenze. Ich möchte gerne eine Therapiepause machen. Geht das?

Bei nahezu allen Patienten wird nach Absetzen der ART die Viruslast ansteigen und die CD4 – Zellen abfallen. Neben der wieder erhöhten Infektiösität stellen die abfallenden Helferzellen ein potentielles Risiko dar. Bei häufigen Therapiepausen besteht die Gefahr der Resistenzbildung, das heißt, dass bestimmte Medikamente dann nicht mehr wirken können, weil das HI-Virus resistent wird. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Pausen der Therapie, sei es aus immunologischen Gründen oder Einsparung von Toxizität, nicht empfohlen werden. Sollte der Wunsch nach einer Therapiepause dennoch groß sein, ist es besser, dies mit dem behandelnden Arzt offen zu besprechen und die Pause kontrolliert durchzuführen.

Ist HIV heilbar?

Der einzige bisher geheilte Patient Timothy Brown hatte wegen einer bösartigen Erkrankung des blutbildenden Systems eine Knochenmarktransplantation, bei der sein eigenes Immunsystem ausgelöscht und durch das eines anderen Menschen bzw. dessen Stammzellen ersetzt wurde. Dieses Verfahren ist allerdings zu nebenwirkungsreich, um breite Anwendung zu finden und kommt daher lediglich in der Therapie von Patienten mit Leukämie oder Lymphdrüsenkrebs zum Einsatz.

Mit den heute bekannten HIV-Medikamenten ist es derzeit nicht möglich, die HIV-Infektion zu heilen, d.h. die HI-Viren vollständig aus dem Körper zu entfernen. Es wird jedoch intensiv an einer Heilung geforscht. Das Hauptproblem liegt bei den so genannten latent infizierten Zellen (resting CD4- cells). Das in diesen ruhenden Helfer-Lymphozyten versteckte Virus wird von den Medikamenten nicht erreicht.

Ein Ansatz, der aktuell untersucht wird, ist das Prinzip „Kick and Kill“: durch Medikamente soll HIV in den langlebigen Zellen aktiviert und dann durch andere Medikamente abgetötet werden. Ein weiterer Ansatz ist die „funktionelle“ Heilung, d.h. HIV bleibt im Körper, vermehrt sich jedoch auch ohne Medikamente nicht.  Auch hierzu laufen bereits einige Studien.

Wie oft muss ich in die Praxis kommen und welche Untersuchungen sind sinnvoll?

Dies hängt vom Stadium  der HIV-Infektion ab. Anfangs kann es sinnvoll sein, häufiger zum Arzt zu gehen, um Vertrauen in die Praxis zu gewinnen, alle sich aufdrängenden Fragen zu stellen und alle Untersuchungen, Impfungen oder Beratungen durchzuführen.

Wenn eine antiretrovirale Therapie gestartet wird, werden anfangs häufiger Blutuntersuchungen durchgeführt, zunächst nach 2 Wochen, dann etwa alle 4 Wochen, bis die Viruslast unter der Nachweisgrenze ist. Wenn die Abwehrlage stabil ist, sei dies bei erfolgreicher ART oder noch vor dem Therapiestart, werden Laborkontrollen vierteljährlich empfohlen. Der Impfstatus sollte regelmäßig überprüft werden. Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens ist ein Mal im Jahr sinnvoll.

Welche Impfungen sind bei HIV-positiven Patienten wichtig?

Neben den standardmäßig empfohlenen Impfungen (Tetanus, Diphterie, Polio, Pertussis, Masern, Mumps, Röteln, bei Frauen Varizellen) sollte jährliche eine Grippeschutzimpfung und eine Pneumokokkenimpfung durchgeführt werden.

Bei schwulen Männern ist die Impfung gegen Hepatitis A und B sinnvoll und wird auch von den Krankenkassen bezahlt.

Reiseimpfungen wie z.B. die Gelbfieberimpfung sind auch bei HIV-positiven bei ausreichend gutem Immunstatus möglich. Die Impfung gegen humane Papillomaviren (verantwortlich für Gebärmutterhalskrebs bei Frauen und Analkrebs bei Männern) wird in Deutschland bisher nur bei unter 18-jährigen Mädchen empfohlen.

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