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Sonderheft zum WeltAidsTag 2008:
HIV/AIDS bei Kindern
Editorial
PROBLEM: ANGST VOR STIGMATISIERUNG UND DISKRIMINIERUNG »
PROBLEM: WENIGE ZENTREN UND WENIGE MEDIKAMENTE » DANKSAGUNG
Ulrich Baumann, Hannover
Die Versorgung HIV-betroffener Kinder in Deutschland
In Deutschland leben etwa 400-500 HIV-positive Kinder. Jährlich werden 260-280 Kinder von
HIV-positiven Müttern geboren, davon sind 15 mit HIV infiziert. Wer behandelt diese Kinder, wer
findet heraus, ob die HIV-exponierten Säuglinge positiv sind?
Annette Haberl, Frankfurt
HIV-Therapie in der Schwangerschaft
In Deutschland werden pro Jahr etwa 200 Kinder HIV-positiver Mütter geboren. Bei optimalem
interdisziplinären Management kann die Mutter-Kind-Übertragung auf unter zwei Prozent gesenkt
werden. Trotzdem bedeutet die antiretrovirale Therapie in der Schwangerschaft für den Behandler eine
besondere Herausforderung, da sie eine Gratwanderung zwischen mütterlichen und kindlichen Interessen
darstellt und außerdem ein relativ seltenes Ereignis im klinischen Alltag ist. Die Behandlung von
HIV-positiven Schwangeren sollte deshalb immer in Kooperation mit einem erfahrenen Schwerpunktzentrum
erfolgen.
Bernd Buchholz, Mannheim
Nachsorge bei HIV-exponierten Kindern
Hauptursache der kindlichen HIV1-Infektionen ist die Mutter-Kind-Transmission (vertikale
Transmission). Entsprechend ergeben sich als Aufgaben der Pädiater im Rahmen der HIV1-Infektion die
Betreuung von HIV1-infizierten Kindern und HIV1-exponierten Kindern, das sind vor allem Kinder
HIV1-positiver Schwangerer und - selten - Kinder nach Nadelstichverletzungen an Fixernadeln.
Tim Niehues, Krefeld
Klinischer Verlauf im Kindesalter
Die HIV-Infektion im Kindesalter unterscheidet sich in vielen Punkten wesentlich von der
HIV-Infektion bei Erwachsenen. Bei der Indikationsstellung zur ART werden die spezielle Virusdynamik und
das sich entwickelnde Immunsystem des Kindes berücksichtigt. Ziel ist es, die Therapie bei maximaler
Effektivität unter Vermeidung langfristiger Nebenwirkungen individuell zu steuern. Nachhaltige
Erfolge werden mit der antiretroviralen Therapie erzielt durch interdisziplinäre Zusammenarbeit,
standardisiertes Vorgehen, Teilnahme an multizentrischen Studien und Entwicklung neuer Medikamente und
Strategien.
Christoph Königs, Frankfurt
Besonderheiten der Therapie
Die Therapie HIV-infizierter Kinder unterscheidet sich grundlegend von der erwachsener Infizierter.
Angefangen vom Therapiebeginn, über die Darreichungsformen der Medikamente, bis hin zu einem anderen
und sich im Verlauf ändernden Stoffwechsel ist die Therapie nicht mit der Erwachsener zu vergleichen
- ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten der Therapie einer Infektion, die dem Kind nicht bekannt ist
oder den Schwierigkeiten der Therapie in der Pubertät. Kurz gesagt: Mit Ausnahme des Virus und der
Wirkstoffe gibt es wenig Gemeinsamkeiten.
Franz Sollinger, München
Die Diagnose bearbeiten – Kinder und Jugendliche altersgemäß
aufklären
Die Diagnose HIV wird von Neuinfizierten nach wie vor häufig als "Todesurteil"
tituliert und löst in der Allgemeinbevölkerung mitunter überzogene und unangemessene
Reaktionen gegenüber Betroffenen aus. Vor diesem Hintergrund bleibt die Geheimhaltung auch die häufigste
Strategie, mit der Diagnose HIV umzugehen. Bei Familien mit HIV-infizierten Kindern oder Jugendlichen ist
diese vielleicht noch ausgeprägter als bei Erwachsenen und schließt vor allem den Betroffenen
selbst, also das HIV-infizierte Kind, lange mit ein.
Gundula Notheis/Petra Manzey, München
Jugendliche mit HIV
Sowohl bei den perinatal infizierten Jugendlichen als auch bei den Jugendlichen, die sich erst im
Jugendalter infiziert haben ist von Seiten der Ärzte und psychosozialen Mitarbeiter ein besonderes
Augenmerk auf die spezifischen Probleme dieser Altersgruppe zu richten wie Adhärenz, veränderter
Lebensstil, Alkohol, Nikotin, Drogen und Sexualität.
Mechthild Vocks-Hauck, Berlin
Ambulante Versorgung HIV- exponierter und -infzierter Kinder und
Jugendlicher
Die Behandlung HIV-infizierter Kinder in einer Praxis ist eher die Ausnahme als die Regel, stellt
aber eine tatsächliche Integration dar und hat sich bewährt. Sie schützt besonders die
Anonymität der Familien, die nicht über eine HIV-Infektion definiert werden möchten. Die
konstante ärztliche Versorgung stärkt das Vertrauen und erlaubt eine stark patientenorientierte
individualisierte Betreuung. Der persönliche professionelle Kontakt zu fördernden Institutionen
führt zu rascher unbürokratischer Hilfe. Die Finanzierung scheint auch in Zukunft
gesichert zu sein.
Eva Kummer, Nettetal-Kaldenkirchen
Elterninitiative HIV-betroffener Kinder
Zentrum aller Bemühungen des Vereins sind die Kinder - nicht nur die HIV-positiven, sondern
auch deren Geschwister sowie die gesunden Kinder HIV-positiver Eltern. Alle sind sie
HIV-betroffen.
Bundesverdienstkreuz für Pflegemutter
„Mutiger mit der HIV-Infektion der Kinder umgehen”
Vor zwölf Jahren nahm Sabine Rockhoff den knapp einjährigen Dennis auf, der damals AIDS
hatte. Und vor knapp zehn Jahren kam die Pflegetochter Amanda als Säugling, ebenfalls mit bereits
fortgeschrittener HIV-Infektion, zu Sabine Rockhoff und Dennis - beide Kinder sind heute wohlauf. Seit
2002 ist Sabine Rockhoff erste Vorsitzende der Elterninitiative HIV-betroffener Kinder e.V. Für ihren
Einsatz als Pflegemutter HIV-positiver Kinder und für ihre Aufklärungsarbeit erhielt sie am 6.
Oktober 2008 vom Bundespräsidenten Horst Köhler den Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland.
Zwei Mädchen erzählen ...
"Ich bin ein 13-jähriges Mädchen, das seit sieben Jahren in einer Pflegefamilie lebt und HIV-positiv ist..."
...Eigentlich verläuft mein Leben ganz genau wie bei jedem anderen Kind in meinem Alter. Ich
gehe in die 7. Klasse auf ein Gymnasium, bin eine gute Schülerin, treibe gerne Sport wie z.B.
Skifahren, Schwimmen, Radfahren, Turnen, etc. Das heißt, obwohl ich diese Krankheit habe, lebe ich "normal".
Trotzdem ist es für mich ziemlich belastend.
Ilse Grosch-Wörner, Berlin und Ralf Weigel, Lilongwe, Malawi
HIV-Infektion bei Kindern weltweit
In den westlichen Industrienationen ist die HIV-Infektion auch bei Kindern zu einer behandelbaren
chronischen Erkrankung geworden. Ganz anders sieht das in den weniger entwickelten Ländern aus: Die
Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten ist eines der acht internationalen
Entwicklungsziele (Millennium Development Goals; MDG´s) der Vereinten Nationen, die bis 2015 erreicht
werden sollen.
Harriet Langanke, Köln
Lifeboat Deutschland
Seit Sommer 2008 bewähren sie sich in der Praxis, die Multimedia-DVD aus dem Projekt "Lifeboat
Deutschland". Ihr Untertitel "Wegweiser für positive Mutterschaft" verrät: es
geht um Mütter, Kinder und HIV.
Deutsche AIDS-Stiftung
AIDS-Hilfsprogramm DREAM
Im Jahr 2007 infizierten sich weltweit 370.000 Kinder unter 15 Jahren mit dem HI-Virus. 90 Prozent
von ihnen stecken sich in der Schwangerschaft, bei der Geburt oder in der Stillzeit an. In den
Entwicklungsländern, insbesondere in den Ländern Afrikas südlich der Sahara, stirbt etwa
die Hälfte von ihnen in den ersten zwei Lebensjahren, nur wenige werden älter als fünf
Jahre. Beispiel Mosambik: Von derzeit etwa 1,4 Millionen HIV-positiven Menschen sind etwa 100.000 Kinder
(0 bis 15 Jahre), die zum größten Teil durch Mutter-Kind-Übertragung infiziert
wurden.