Weltaidskongress 2018 – 23.-27. Juli 2018, Amsterdam
Erste Daten zu 2DR Firstline
Deutschland war auch dabei...
„Deutschland unterstützt auch den internationalen Kampf gegen HIV/AIDS, zum Beispiel über den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM). Seit der Gründung des Globalen Fonds 2002 hat Deutschland mehr als 2,5 Milliarden Euro (Stand: Mai 2018) zur Verfügung gestellt. Mit einem Beitrag von 810 Millionen Euro für die Jahre 2017 bis 2019 ist Deutschland der viertgrößte staatliche Geber des Fonds“.
Die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss (rechts) bei der 22. Internationalen Aids-Konferenz
Quelle Bundesgesundheitsministerium
Zum größten HIV-Kongress waren 15.000 Teilnehmer aus mehr als 100 Ländern angereist. Die Tagungsräume waren allerdings nur selten voll, selbst im Plenarsaal war oft nur ein Drittel der Plätze besetzt. Die Stimmung war ruhig, entspannt, fast phlegmatisch, hätten da nicht doch noch einige kleine Protestaktionen mit Trillerpfeifen und Sprechchören gegen die Gier der Pharmaindustrie stattgefunden. Wie immer war auch Prominenz zu bewundern. Neben dem „Dauergast“ Bill Clinton, stellten Prinz Harry und Elton John die neue Initiative „Men Star“ von Unitaid und Pepfar vor, die Südafrikanerin Charlize Theron wandte sich gegen Rassismus und Homophobie und die „weltweit bekannte“ (Zitat Pressetext) Conchita Wurst verkündete die Botschaft, dass man über HIV wie über jede andere Krankheit sprechen sollte (eine wohl eher neue Erkenntnis der/s Künstler_in Anm.d.Red.). Die übrigen Botschaften bei der Eröffnung sowie bei der Konferenz sind seit Jahren gut bekannt, ein Thema jedoch verdient Erwähnung: Die Charta zur Entkriminalisierung von HIV. In 68 Ländern wird „HIV non-disclosure, exposure or transmission“ bestraft. Dagegen hat ein Gremium von 20 Experten ein Evidenz-basiertes Statement verfasst. Die wichtigsten Kernpunkte:
- Keine HIV-Übertragung durch Speichel inklusive Küssen, Beißen oder Spucken
- Risiko der HIV-Transmission bei einem einzigen ungeschützten Sexualkontakt ist sehr gering und kein Risiko bei vaginalem oder analem Sex mit einem HIV-positiven Partner mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze
- Es ist unmöglich die HIV-Transmission von einem Menschen auf einen anderen zu beweisen, auch nicht mit den modernsten wissenschaftlichen Methoden.
Epidemiologische Entwicklung
Auch wenn die Rate der Neuinfektionen weltweit seit 2010 um 18% auf 1,8 Millionen gesunken ist und gleichzeitig die Zahl der behandelten Menschen den Höchststand von 21,7 Millionen erreicht hat, schlägt UNAIDS Alarm. In einigen Ländern steigt die Zahl der Neuinfektionen (insbesondere in Osteuropa und Zentralasien) und in vielen Ländern werden immer noch viel zu wenige behandelt. In West- und Zentralafrika beispielsweise erhalten nur 26% der Kinder und 41% der Erwachsenen eine ART.
Beim Ziel 90-90-90 ist man ein Stück voran gekommen; sechs Länder haben es sogar schon erreicht: Botswana, Kambodscha, eSwatini (früher Swasiland), Namibia, Dänemark und Holland. Das Ziel „keine Neuinfektion bis 2030“ scheint dagegen noch viel weiter entfernt. Sofern es keinen deutlichen Anstieg des finanziellen Engagements gibt, ist dieses Ziel nicht erreichbar – so die Verlautbarung von UNAIDS .
Firstline 2DR
Abb. 1a GEMINI 1/2. DTG+3TC vs DTG+TDF/FTC. 48 Wochen ITT Pooled Snapshot
Auf der CROI waren die Studien GEMINI 1/2 mit dem 2DR-Regime Dolutegravir/Lamuvidin als Late Breaker abgelehnt worden. Nun wurden sie vorgestellt und waren das wissenschaftliche Highlight der Konferenz. Erstmals belegt eine kontrollierte Untersuchung, dass ein duales Regime auch bei therapie-naiven Patienten genauso gut wie eine konventionelle Triple-Therapie funktioniert. In GEMINI 1/2 erhielten therapie-naive Patienten (n=1.431) entweder Dolutegravir/Lamivudin oder Dolutegravir plus TAF/FTC. Nach 48 Wochen lag die Viruslast bei 93% vs 91% unter der Nachweisgrenze (Abb. 1). Patienten mit hoher Viruslast (20% >100.000 Kopien/ml) hatten gleichermaßen gut angesprochen.
Abb. 1b Virologisches Ansprechen nach Viruslast und CD4-Zahl
Patienten mit niedriger CD4-Zahl (9% <200/µl) hatten in der Snapshot-Analyse schlechter abgeschnitten (n=50 vs 63; 79% vs. 93%), in der TDRF-Analyse fand sich kein Unterschied. Bei Snapshot werden alle Patienten erfasst, deren Viruslast zu Woche 48 >50 Kopien/ml liegen bzw. keine Viruslast vorliegt, egal aus welchem Grund. In der TDRF-Analyse (Treatment Related Discontinuation = Failure) werden Therapie-bedingte Abbrüche nicht berücksichtigt. Von den 13 Patienten des Stratums <200 CD4-Zellen/µl, die in der Snapshot-Analyse unter Dolutegravir/Lamivudin kein virologisches Ansprechen zeigten, hatte lediglich ein Patient ein echtes virologisches Versagen (zweimal Viruslast >200 Kopien). Insgesamt setzten <1% der Patienten die Medikation wegen virologischem Versagen ab (6 vs 4 Patienten). Es wurden keine NRTI- oder INSTI-Mutationen gefunden.
Hinsichtlich der Verträglichkeit war die duale ART angesichts von 18% vs 24% Medikamenten-assoziierte Nebenwirkungen etwas besser. Schwere Nebenwirkungen oder Abbrüche wegen Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen sehr selten. Auf die Nieren- und Knochenparameter hatte die 2DR-Strategie (erwartungsgemäß) einen signifikant geringeren negativen Einfluss als die ART mit dem TAF-haltigen Backbone (Cahn P et al., TUAB01). Eine Fixkombination Dolutegravir/Lamivudin ist in Vorbereitung, der Zulassungsantrag soll noch in diesem Jahr eingereicht werden.
Abb. 2 MONCAY: Dolutegravir Mono vs Dolu- tegravir/ABC/3TC. Zunehmend virologisches Versagen nach Woche 24
Welchen Stellenwert 2DR-Regime in Zukunft einnehmen werden, ist noch unklar und wurde auf der Konferenz auch nicht weiter diskutiert. Man muss hier sicherlich noch Langzeit-Daten abwarten, insbesondere bei Firstline-2DR.
Als Switch-Option bei stabil supprimierten Patienten ist 2DR bereits in Deutschland angekommen. Die Fixkombination Dolutegravir/Rilpivirin ist hier auch langfristig erfolgreich wie die 100-Wochen-Daten der Studien SWORD 1/2 belegen. Nur 1% (10/990) der Patienten setzten die Therapie aus virologischen Gründen ab. Bei drei Patienten wurden NNRTI-Mutationen dokumentiert, wobei ein Patient bereits beim Switch NNRTI-Mutationen hatte. In keinem Fall wurde eine INSTI-Mutation beobachtet (Aboud M et al., THPEB047).
Nein zu DTG-Mono
„Dolutegravir-Mono“ wurde wegen der „inakzeptablen Resistenzentwicklung“ eine klare Absage erteilt und den Autoren dieser Studien ethische Vorhaltungen gemacht. In der kontrollierten französischen MONCAY-Studie beispielsweise wurden mindestens ein Jahr lang stabil supprimierte Patienten (n=178) entweder weiterbehandelt oder auf Dolutegravir allein umgestellt. Bis Woche 24 waren die Gruppen vergleichbar, danach jedoch kam es immer häufiger zum virologischen Versagen, so dass die Studie zu Woche 48 abgebrochen wurde (Abb. 2). Unter Dolutegravir-Monotherapie wurden insgesamt zwei Therapieversagen beobachtet, wobei 2 Patienten eine INSTI-Resistenz (S147G+N155H bzw. R263K) entwickelten. Risikofaktoren waren ein niedriger CD4-Nadir sowie ein positives PCR-Signal beim Switch (Hocqueloux L et al., TUAB0103).
DTG und Schwangerschaft
Neue IAS-Leitlinien
Die Internationale AIDS-Society (IAS), der Veranstalter des WeltAidsKongresses, hat die Gelegenheit genutzt und die neuen IAS-USA Leitlinien vorgestellt. In den USA werden nur noch drei Regime als Firstline ART empfohlen. Raltegravir+TAF/FTC sowie Elvitegravir/c/TAF/TFTC wurde als Alternative eingestuft wegen der niedrigeren Resistenzbarriere, der höheren Pillenzahl und dem Interaktionspotential.
Abb. 3 Leitlinien zu Dolutegravir in der Schwangerschaft
Als sogenannter „Core Agent“ oder dritte Substanz wurde Dolutegravir von der WHO als Mittel der Wahl empfohlen in Kombination mit 2 NRTI als Backbone – mit der Einschränkung „wenn Verhütung möglich ist“. Auch andere Leitlinien machen diese Einschränkung, während es in der späteren Schwangerschaft keine Bedenken gibt (Abb. 3). Hintergrund dieser Einschränkung ist die TSEPAMO-Datensammlung bei HIV-positiven und HIV-negativen Schwangeren in Botswana. Ein Neuralrohrdefekt wurde bei mehr Müttern beobachtet, die während der Empfängnis Dolutegravir eingenommen hatten im Vergleich zu Efavirenz, nicht-Dolutegravir-basierter ART und HIV-negativen Frauen. Bei der ersten Analyse lag die Prävalenz bei 0,92% (4/426 Kinder). In der aktuellen Analyse betrug sie 0,67% (4/596 Kinder) im Vergleich zu 1/3104 (0,03%), wenn Dolutegravir während der Schwangerschaft gestartet wurde. „Das ist kein Beweis“, betonte die Studienleiterin Rebecca Zash, „aber ein Signal, das wir weiter verfolgen müssen“. Eine erneute Evaluation ist im Mai 2019 vorgesehen (Zash R et al. TUSY15).
Switch bei M184V/I
Abb. 4 Resistenzmutationen vor Switch auf Elvitegravir/c/F/TAF
Lamuvudin ist die schwächste antiretrovirale Substanz und die M184V/I die häufigste Mutation überhaupt. Ist ein Switch auf ein Regime wie Elvitegravir/c/F/TAF bei dieser Mutation sicher? Diese Frage beantwortet die kleine Studie GS-1824 mit ja. Die Viruslast aller 37 virologisch supprimierten Patienten mit einer früher dokumentierten M183V/I lag 24 Wochen nach der Umstellung auf E/c/F/TAF unter der Nachweisgrenze. Ursprünglich hatte die Hälfte der Teilnehmer zusätzlich zur M184V/I NNRTI-Mutationen. In der proviralen DNA vor dem Switch wurde allerdings bei 19 Patienten Wildtyp, bei 8 Patienten nur die M184V/I, bei weiteren 8 M184V/I + NNRTI-Mutation und bei 2 nur eine NNRTI-Mutation gefunden (Abb. 4) (Perez Valero I et al., TUAB0104).
Bictegravir
Zu Bictegravir/F/TAF gab es wenig Daten. Die Studien zur Wirksamkeit waren einige Monate zuvor auf der CROI vorgestellt worden. In zwei gleichen Phase-3-Studien war der virologische Effekt der beiden Fixkombinationen B/F/TAF und Dolutegravir/ABC/3TC vergleichbar. In Amsterdam wurde eine neue Analyse der Lebensqualitäts-Fragebögen vorgestellt. Unter B/F/TAF hatten die Patienten signifikant seltener Probleme mit gastrointestinalen Beschwerden, neuropsychiatrischen Störungen oder Schlafproblemen angegeben (Wohl D et al., TUPEB148). Eine weitere Analyse zeigt, dass HIV-1 Subtyp B und non-B gleichermaßen gut auf B/F/TAF ansprechen (Acosta R et al., THPEB077).
Median (range) Fold Change der EC50 bei rekombinanten Viren
– Wang WW et al, AIDS 2018
Abb. 5 Kreuzresistenz bei Integrasehemmern der zweiten Generation durch Akkumulation von INSTI-Mutationen
Als Integraseinhibitor der zweiten Generation ist die Resistenzschwelle von Bictegravir deutlich höher als die von Raltegravir und Elvitegravir, bei mehreren Integrase-Mutationen besteht jedoch zwischen den neueren Integrasehemmern Bictegravir, Cabotegravir und Dolutegravir eine ausgeprägte Kreuzresistenz (Abb. 5) (Wang WW et al., THPDB0104).
Doravirin ante portas
Doravirin ist ein neues NNRTI mit verbessertem Resistenzprofil, dessen Entwicklung still und leise voranschreitet. Die Substanz ist auch gegen HIV-Varianten mit K103N, Y181C und G190A aktiv und hat eine höhere Resistenzschwelle als Efavirenz. Auch unterscheidet sich das Resistenzprofil deutlich von anderen NNRTI. Doravirin-Mutationen sind V106I und F227C. Fünf der resistenten Isolate aus klinischen Studien waren auf Etravirin empfindlich (Lai MT et al., THPDB0101). Die Resistenzschwelle von Doravirin in Kombination mit dem neuen NRTTI MK-8591 (beide aus dem Hause Merck bzw. MSD) war in vitro sogar höher als die der dualen Kombinationen Dolutegravir/3TC und Bictegravir/3TC (Hazuda D et al., THPEB068).
In der Phase-3-Studie DRIVE-FORWARD war Doravirin bei therapienaiven Patienten (n=766) auch nach 96 Wochen geboostertem Darunavir jeweils plus 2 NRTI nicht unterlegen. Im Lauf der zwei Jahre waren Resistenzen mit 0,5% sehr selten. Hinsichtlich der Verträglichkeit traten unter dem NNRTI weniger Durchfälle auf und Doravirin hatte einen deutlich geringeren Einfluss auf die Lipide (Molina JM et al., LBPEB017).
ART gleich starten
Die amerikanischen Leitlinien empfehlen Therapie für alle und möglichst rasch. In der Studie DIAMOND wurde diese Strategie mit Darunavir/c/FTC/TAF umgesetzt. Die erste ART sollte innerhalb von 12 Wochen beginnen, doch die 106 Studienteilnehmer nahmen im Mittel bereits nach 5 Tagen die erste Tablette ein und 29% begannen schon innerhalb der ersten 48 Stunden mit der ART. In der Interim-Analyse zu Woche 24 lag die Viruslast bei 90% <50 Kopien/ml und bei 97% <200 Kopien/ml. 10 Patienten (9%) hatten die Therapie abgesetzt, jedoch nur ein Patient wegen Nebenwirkungen (allergische Reaktion Haut, Lippen, Fieber). Ein guter Start also; der weitere Verlauf bleibt abzuwarten (Huhn GD et al. WEPEC200).
HIV-Prävention
Jetzt
ist es ganz offiziell. Die finalen Ergebnisse der Partner-2 Studie
belegen: Keine Ansteckung, wenn die Viruslast des HIV-positiven
Partners unter 200 Kopien/ml liegt. Die Aussage beruht auf Daten von
783 diskordanten Paaren, die in Lauf von acht Jahren 77.000 mal
ungeschützten Analsex hatten (Rodger A et al., WEAX0104LB). Und die
PrEP On Demand (Anlass-bezogene PrEP), die in der iPREX-Studie
erfolgreich getestet wurde, schützt auch im klinischen Alltag
genauso gut wie die tägliche PrEP. In der französischen Kohorte
AVENIR (n=1.628) werden beide Strategien derzeit beobachtet. Etwa die
Hälfte der Teilnehmer nehmen ihre Tabletten täglich, die andere
Hälfte intermittierend und nicht selten wird auch zwischen den
Strategien gewechselt. 96% der Teilnehmer hatten die Tabletten
korrekt eingenommen. In den bisher
sieben Monaten Beobachtung wurde keine HIV-Infektion
dokumentiert, allerdings fünf Hepatitiden (1x HAV, 3x HCV,
1x
HEV) (Molina JM et al., WEAE 0406LB).
Der Preis für die PrEP ist eine Zunahme von anderen sexuell übertagbaren Erkrankungen wie Gonorrhoe, Lues usw. Ein besonderes Augenmerk sollte man auf die Hepatitis C haben. Eine Beobachtung aus Amsterdam zeigt eine erhöhte Hepatitis C-Neuinfektionsrate bei PrEP-Usern, die mit der bei HIV-positiven MSM vergleichbar ist (Hoornenborg E et al., TUPDX004).
PrEP von der Kasse?
Abb. 6 PrEP senkt die Rate von HIV-Neudiagnosen von 2012 bis 2016 um 8%. Daten aus 50 amerikanischen Städten
In den Industrieländern ist die PrEP überall erhältlich, selbst in Afrika ist die PrEP im Kommen. Die Zahl der aktuell 350.000 PrEP-User weltweit soll in den nächsten zwei Jahren auf 3 Millionen gesteigert werden. Es mehren sich nämlich jetzt auch langsam die Daten, dass PrEP die Rate an Neuinfektionen senkt. So fand sich in einer gemeinsamen Analyse der Gesundheitsbehörde CDC und dem Unternehmen Gilead Sciences eine Korrelation zwischen der Verbreitung von PrEP und dem Rückgang der HIV-Neuinfektionen in 50 amerikanischen Städten zwischen 2012 und 2016. Bei der Auswertung wurde der Einfluss des mittlerweile deutlich früheren Therapiebeginns (sprich der Effekt von treatment as prevention) berücksichtigt (Abb. 6) (Sullivan P et al., LBPEC036).
Auch in Deutschland steigt die Zahl der PrEP-User, wobei die Tabletten hierzulande noch selbst bezahlt werden müssen. Das soll sich ändern. Der politische Wille ist da, die Krankenkassen sollen zahlen und es scheint auch ein Weg gefunden worden zu sein, wie man dies Ziel zeitnah umsetzt.
Rückschlag für Heilung
Abb. 7 RIVER: Provirale HIV-1 DNA in CD4-Zellen als Marker für HIV-Reservoir
Heilung war in den letzten Jahren immer ein wichtiges Thema und meist gab es auch mindestens eine hoffnungsvolle Schlagzeile. Diesmal war das Gegenteil der Fall. Die finalen Ergebnisse der Heilungs-Studie RIVER sind ernüchternd: Die Kick-and-Kill-Strategie hatte keinen Einfluss auf das CD4-Reservoir (Abb. 7). Die eingesetzten Medikamente, zwei immunstimulierende Vakzine und das HDAC Vorinostat, haben gewirkt, aber unter dem Strich nichts genutzt (Fidler S et al., TUAA0202LB#). Ob und wie es mit Kick-and-Kill weitergeht, ist derzeit nicht klar, die Euphorie jedenfalls ist verflogen. Auch der Integrin-Antagonist Vedolizumab, der im Tierversuch so erfolgreich war, hat beim Menschen nicht funktioniert. Antony Fauci vom amerikanischen NIH sieht derzeit keinen Weg zur eradizierenden Heilung, hält aber die dauerhafte virale Remission (früher funktionelle Heilung) für erreichbar, z.B. durch breit neutralisierende Antikörper (bNAB). Gleichzeitig betonte er: „Wir müssen die Risiko-Nutzen-Relation im Auge behalten angesichts gut verträglicher STRs.“
Hoffnung für Impfung
Bei der Impfung gab es dagegen positive Meldungen. Der sogenannte Mosaik-Impfstoff von Janssen, der Antigene verschiedener Varianten des HI-Virus enthält, hat im Tierexperiment zwei Drittel aller Affen vor einer Infektion geschützt. In einer ersten Studie an Menschen führte das Prime-Boost-Schema zu einer guten zellulären und humoralen Immunantwort, die auch ein Jahr nach der Impfung anhält. Auch die Verträglichkeit der Vakzine war gut. Der Hersteller plant jetzt eine Studie an jungen Frauen in Südafrika, um die Schutzwirkung der Impfung zu prüfen (Tomaka F, TUAA0104).