Easl 2023 · The International Liver Congress · 21.-24. Juni 2023, Wien, österreich
Durchbruch bei der Steatohepatitis
Die Hepatologen trafen sich in diesem Jahr in Wien. Bei der NASH (neuerdings MASH) gibt es neuerdings Licht am Ende des Tunnels. Bei der Hepatitis B geht es ebenfalls voran, bei der Hepatitis D gibt es jetzt eine anerkannte Therapie und bei der Hepatitis C bemüht man sich mit mehr oder weniger Erfolg weiter um die weltweite Elimination.
Die NAFLD (Non-alcoholic fatty liver disease) gibt es nicht mehr. Der Alkohol und das Fett wurden wegen des Stigmatisierungs-Potentials aus dem Namen verbannt. Die Fettlebererkrankungen heißen jetzt also SLD (steatotic liver disease), die NAFLD wird zur MASLD (metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease), wenn mindestens einer von fünf metabolischen Risikofaktoren vorliegt, und die NASH zur MASH, wenn Entzündungszeichen vorhanden sind. Ob sich die „SLD“ in Deutschland gegen die „Fettleber“ durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.
Resmetirom erfolgreich
Das Problem der Fettlebererkrankungen ist die Progression zur Zirrhose mit allen Konsequenzen. Angesichts der weltweiten Zunahme von Übergewicht ein ernstes Problem, wobei man auch die „lean MASH“ bei nicht übergewichtigen Personen nicht übersehen darf. In den letzten Jahren wurden hier viele Medikamente untersucht mit nur mäßigem Erfolg. Jetzt wurde erstmal eine erfolgreiche Phase-3-Studie präsentiert. Der Leberspezifische Schilddrüsenhormon-Agonist Resmetirom führte zu einer signifikanten Besserung der Leberverfettung und Leberfibrose, einem Abfall der Transaminasen, des LDL-Cholesterins sowie zu einer Reduktion von Leber- und Milzvolumen (Abb. 1). Die Verträglichkeit war gut. Am häufigsten wurden initial milde gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen) beobachtet (Harrison S et al., GS-001). Die Zulassung des Medikaments könnte Anfang 2024 erfolgen.
Abb. 1 Endpunkte zu Woche 52
Hepatitis B
Abb. 2 Gewichtsverlauf über 48 Wochen nach Umstellung von TDF auf TAF
Bei der Hepatitis B gibt es zugelassene Therapien, die die HBV-Replikation effektiv supprimieren. Neben den beiden Standardmedikamenten Entecavir und TDF, gibt es seit einigen Jahren auch TAF. Letzteres hat in einer Langzeitbeobachtung über mittlerweile acht Jahre seine antivirale Wirksamkeit bewiesen (Buti M et al., OS-067). TAF hat im Vergleich zu TDF einen geringeren Einfluss auf Nierenfunktion und Knochenstoffwechsel, kann allerdings zur Gewichtszunahme führen. In einer prospektiven Studie kam es bei Taiwanesen, die von TDF auf TAF umgestellt wurden, im Lauf eines Jahres zu einem signifikanten Anstieg des Gewichts um ein Kilogramm (Abb. 2) (Cheng P-N et al., SAT-157).
Stopp Nuke
Ein Auslass-Versuch der Nuke-Therapie ist laut Leitlinien bei HBeAg-negativen Personen ohne Leberschädigung und mit supprimierter Viruslast über drei Jahre möglich. Nach dem Absetzen kommt es meist zeitnah, selten nach einem Jahr zu Flares. Als Risikofaktoren wurden Alter, hohe HBsAg-Spiegel und TDF-Therapie identifiziert. Das Risiko der Dekompensation besteht insbesondere bei Älteren, Zirrhotikern sowie hoher GPT und HBV-Viruslast. Flares hatte in dieser Analyse keinen positiven Einfluss auf HBsAg-Verlust oder Serokonversion (Dogelmanns E et al., OS-065-YI). Die Höhe des HBV-Rebounds scheint mit den HBsAg-, anti-Hbc- und HBcrAg-Spiegeln vor Absetzen und der Höhe der GPT nach Absetzen zu korrelieren (von Bömmel F et al., SAT-154).
Funktionelle Heilung
Neue
Medikamente mit dem Ziel der Heilung der Hepatitis B sind in Arbeit.
Es gibt viele Substanzen in frühen Stadien der Entwicklung.
Interessant ist Bepirovirsen, ein Antisens Oligonukleotid, das
wöchentlich subkutan gespritzt wird. In der Studie B-CLEAR war bei
einem Drittel der Patienten nach 24 Wochen Bepirovirsen HBsAg und
HBV-DNA nicht mehr nachweisbar (Yuen MF et al., EASL 2022, LB004A).
Einige dieser Patienten (n=25) werden nach Absetzen von
Bepirovirsen
in B-CLEAR weiter beobachtet. Der Therapieerfolg scheint stabil zu
sein mit oder ohne begleitender Nuke-Therapie und in einigen Fällen
kam es sogar im Verlauf zum Verlust von HBsAg (Elston R et al.,
LBP-15). Weitere Studien mit diesem Medikament sind angelaufen, auch
in Deutschland.
Hepatitis D und E
Zu Bulevirtid (Hepcludex®), das in Deutschland zur Behandlung der Hepatitis D verfügbar ist, wurden die 96-Wochen-Daten der Zulassungsstudie vorgestellt. Es zeigten sich eine anhaltend gute Wirksamkeit und Verträglichkeit, so dass nichts gegen eine Langzeittherapie spricht (Wedemeyer H et al., OS-068). Auch bei Patienten mit suboptimalem Ansprechen könnte sich die Fortführung der Behandlung lohnen, denn im weiteren Verlauf kam es bei der Mehrheit doch zu einem Abfall der HDV-RNA (Lampertico P et al., LBP20). Eine HIV-Koinfektion steht der Behandlung mit Bulevirtid nicht im Wege. Die große Mehrzahl der Triple-Infizierten (n=38) sprach auf 2 mg qd sc Bulevirtid mit/ohne pegINFalpha qw sc zusätzlich zur ART an (Ledinghen V et al., Abstract SAT-185).
Abb. 3 Virusrebound von HEV nach initialem Ansprechen auf Sofosbuvir
Für die chronische Hepatitis E, die vor allem bei Immunsupprimierten, ein Problem darstellt, gibt es aktuell keine gesicherte Therapie. Sofosbuvir scheint sogar ungünstig zu sein, da HEV resistent werden kann. In einer Pilotstudie (n=9) kam es initial zum Abfall der HEV-Viruslast, jedoch nach wenigen Wochen zum Rebound und der Entwicklung von Varianten mit A1343V-Mutation (Abb. 3) (Gömer A. et al., FRI-244-YI).
Hepatitis C
In der Schweizer Hepatitis C Kohorte wurden seit 2014 die Daten von fast 6.000 Personen gesammelt. Der Anteil der „late Presenter“ (fortgeschrittene Lebererkrankung bei Diagnose) liegt seit 2015 stabil bei 46%. Risikofaktoren für eine späte Diagnose sind männliches Geschlecht, höheres Alter und Alkohol (Brunner N et al., FRI-209). Ein ähnliches Bild fand sich auch in anderen Analysen. In FIND-C wurden die Daten von fast 300.000 Personen analysiert, um einen KI-Algorithmus zur Verbesserung des Screening-Erfolgs zu entwickeln. Wenig überraschend ist das Ergebnis: Vor allem die Kennzeichen eines geringen sozialen Status wie geringes Einkommen, Drogengebrauch, Parasitenbefall, kein Zugang zu gesunder Ernährung, Rauchen usw. sind bei HCV-Positiven häufiger (Chen X et al., OS-091).