Ias Kongress 2023 – The 12th Ias Conference On Hiv Science, Australia
Weit weg und wenig Neues
Die Glanzstücke der Konferenz waren nicht einfach zu finden. Wenn eine Studie wie „Soziales Netzwerken erhöht die Selbst-Testungsrate bei afrikanischen Fischern um 50%“ als Kongress-Highlight auf der renommierten Internetseite aidsmap.com aufgeführt wird, kann es nicht allein daran gelegen haben, dass die Autorin nicht persönlich an der Tagung teilgenommen hat. Aber wie immer findet man bei intensivem Suchen doch noch ein paar Rosinen.
Dolutegravir/3TC bei Resistenz
Abb. 1 Virologische Wirksamkeit von Dolutegravir/3TC nach Switch bei stark vor- behandelten, supprimierten Personen mit HIV mit oder ohne M184V/I-Resistenz
Was passiert, wenn man aktuell supprimierte Patienten, die ein virologisches Versagen und eine M184V/I in der Vorgeschichte haben, auf Dolutegravir/3TC umstellt? Dieser klinisch relevanten Frage ging die prospektive Studie SOLAR-3D nach. 50 stark vorbehandelte, aber supprimierte Personen (mittlere ART-Dauer 25 Jahre, 12 Jahre supprimiert) mit M184V/I-Resistenz sowie 50 Personen ohne diese Resistenzmutation (mittlere ART-Dauer 15 Jahre, 9 Jahre supprimiert) wurden auf Dolutegravir/3TC umgestellt. Zu Woche 48 und 96 waren in beiden Gruppen gleich viele Personen weiterhin unter der Nachweisgrenze (Abb. 1). Auch Blips und Target Non Detected waren vergleichbar. Es gab kein virologisches Versagen und keine Resistenzentwicklung (Blick G et al., OAB0202).
Islatravir/Doravirin
Die Kombination des neuen NRTTI Islatravir (0,75 mg) mit Doravirin scheint virologisch genauso wirksam zu sein wie Bictegravir/TAF/FTC. Lediglich bei 5/597 Personen war es innerhalb von 48 Wochen zum virologischen Rebound bzw. ungenügenden Ansprechen gekommen. Ein Patient mit hoher Ausgangsviruslast (>1 Mio Kopien/ml) und schlechter Adhärenz entwickelte eine Resistenz gegenüber Doravirin und Islatravir. Die Verträglichkeit war gleichermaßen gut, die Gewichtszunahme betrug in beiden Gruppen rund 3,5 kg (Rockstroh JK et al., OALBX0102). Der Abfall der Lymphozyten, der unter Islatravir beobachtet wurdet, scheint keine erhöhte Infektanfälligkeit zur Folge zu haben (Squires K et al., OAB0205). Dennoch wird vorsichtshalber in den aktuell laufenden Studien Islatravir in einer Dosierung von 0,25 mg/d eingesetzt.
Switch wegen Gewicht?
Eine Gewichtszunahme nach Einleitung einer ART mit Integrasehemmern (INSTI) und TAF ist in vielen Studien beschrieben worden. Die Hoffnung das Rad zurückzudrehen durch Umstellen der ART, scheint nicht besonders aussichtsreich. So führte der Wechsel von einem INSTI-Regime (80% BIC/TAF/FTC) auf Darunavir/r/TAF/FTC in der Studie DEFINE nicht zum erwünschten Gewichtsverlust und auch der Switch von BIC/TAF/FTC auf Doravirin/Islatravir brachte kein Kilogramm zum Schmelzen (Short WR et al. OALBB0502, McComsey GA et al. OAB0203).
Statine bei HIV
Viele Studien beschäftigen sich mit Fragen, die bei Menschen ohne HIV längst geklärt sind. Analogie-Schlüsse sind möglich, wenn Immunstatus und ART keine Rolle spielen, aber eine logische Schlussfolgerung ist natürlich kein wissenschaftlicher Beweis. Daher ist die Studie REPRIEVE an 7.000 Personen mit HIV wichtig, auch wenn das Ergebnis niemand überraschen dürfte. Ein Statin, in diesem Fall Pitavastatin in der Höchstdosierung von 4 mg/d, senkte das kardiovaskuläre Risiko um 35%. Bemerkenswert sind das niedrige bis moderate kardiovaskuläre (4,5% Risiko für ein Ereignis in den nächsten 10 Jahre) sowie das niedrige LDL-Cholesterin (108 mg/ml) bei Studienbeginn (Grinspoon SK et al., SY06).