Erneut HIV-Spontanheilung
13. Juni 2020
Nachdem es vereinzelt Berichte über eine spontane Heilung von HIV gegeben hatte (u.a. Loreen Willenberg) intensiviert sich nun auch die Suche nach weiteren Fällen.
Nun wurde der Fall einer Frau bekannt, die zwischen 2002 und 2004 von ihrem Partner sexuell infiziert wurde. Im Jahr 2006 erhielt sie ihr positives Testergebnis. Eine antiretrovirale Behandlung erhielt sie nur während des letzten Trimesters ihrer Schwangerschaft (Zidovudin, 300mg/Tag). Trotzdem hatte sie immer normale CD4-Zellzahlen (im Mittel 1220 Zellen/µl) und nie eine messbare Viruslast. Versuche, das Virus aus ihren Zellen durch Ko-Kulturen anzuzüchten schlugen fehl, während es bei ihrem Partner problemlos gelang.
Eine weitere eingehende Untersuchung mit molekularbiologischen Methoden zeigte, dass in ihren Zellen tatsächlich noch HIV-Fragmente vorkommen, die allerdings typische Veränderungen aufzeigen, wie sie durch das zelluläre APOBEC3G-Enzymsystem verursacht werden. Dieses Abwehrenzym mutiert im viralen Erbmaterial G zu A und kann damit die Bedeutung von Tryptophan-codierenden Basentripletts zu Stoppsignalen umwandeln. Damit sind die daraus gebildeten Proteine nicht funktionsfähig. Normalerweise kann HIV die Aktivität von APOBEC durch sein eigenes vif-Protein blockieren, doch man fand ausgerechnet in den genetischen Sequenzen für vif typische APOBEC-induzierte Mutationen. Außerdem waren die Konzentrationen von APOBEC bei dieser Frau 2,1-3,4fach höher als bei ihrem Partner.
Die Autoren spekulieren, dass vielleicht eine spezielle Zusammensetzung des Darmmikrobioms die Expression von APOBEC stimuliert haben könnte (ähnliche Phänomene hat man auch schon bei der Krebstherapie mit PD1-Inhibitoren beobachtet) und hoffen, dass eine weitere Erforschung der Wechselwirkungen des Immunsystems mit dem Mikrobiom in Zukunft zu neuen Behandlungsansätzen der HIV-Infektion führen könnte.