HIV-Heilung
16. Januar 2022
Seit einigen Jahren werden breit neutralisierende Antikörper (broadly neutralizing AntiBodies, bnABs) zur Therapie und Prävention der HIV-Infektion erforscht. Nun zeigt ein neuer Ansatz überraschendes Potenzial.
Ein Problem beim Einsatz von bnABs ist, dass sie, ähnlich wie die klassische ART, in Kombination eingesetzt werden müssen (zumindest für die Therapie), da HIV sonst schnell Escape-Mutationen selektiert. In der Regel kommen also mindestens zwei, besser drei Antikörper mit unterschiedlichen Bindungsspezifitäten zum Einsatz. Hier stellt sich aber nun das Problem, dass diese Antikörper oft unterschiedliche Halbwertszeiten im Körper haben. Der Antikörper mit der kürzesten Halbwertszeit entscheidet über das Dosierungsintervall, da es sonst zu einer funktionellen Monotherapie kommt, die schnell zum Therapieversagen führt.
Ein neuer Ansatz kombiniert nun die Antigen-Bindungsstellen von drei bnABs in einem einzigen Antikörpermolekül; einem tri-spezifischen Antikörper. Im Gegensatz zu natürlichen Antikörpern hat dieses Molekül zwei unterschiedliche Bindungsstellen und noch eine weitere, künstlich eingefügte. Solche Antikörper lassen sich, wie andere auch, in Zellkulturen herstellen.
Bei ersten Studien an Rhesus-Affen erwies sich ein solcher trispezifischer Antikörper als hochwirksam: Die Viruslast konnte bei einer Dosierung von 20mg/kg Körpergewicht etwa um den Faktor 1.000 (3 log) gesenkt werden. Auch die Virusvermehrung im Gewebe (Lymphknoten) konnte effektiv unterdrückt werden.
Obwohl bei diesen Studien menschliche Antikörper zum Einsatz kamen, die im Affen zur Bildung neutralisierender Antikörper gegen die trispezifischen Antikörper führen und damit langfristig die Wirkung zunichte machen, hatte die nur zweimalige Gabe der trispezifischen Antikörper doch einen lang anhaltenden Effekt: Mehr als ein Jahr nach der Behandlung waren noch SHIV-spezifische CD4- und CD8-Zellen nachweisbar, die zu einer teilweisen Kontrolle der Viruslast in 5 von 6 Tieren führte. Es ist allerdings bekannt, dass dieser Effekt bei Affen ausgeprägter ist, als bei Menschen.
Vermutlich dadurch, dass es bei trispezifischen Antikörpern keine unterschiedlichen Halbwertszeiten gibt (es handelt sich ja um ein Molekül), kommt es praktisch nicht zur Ausbildung von Resistenzen.
Trispezifische Antikörper könnten die HIV-Therapie und -Prävention also deutlich bereichern. Ein weiterer trispezifischer Antikörper wird derzeit auf seine Sicherheit und Wirksamkeit bei Menschen geprüft.