WeltAidsTag
17. November 2022
„Diskriminierung? Lass ich mir nicht auftischen!“ – „Schuldgefühle? Da spiel ich nicht mit!“ – „Berührungsängste? Da fass ich niemandem mit Samthandschuhen an!“ – Mit klaren Worten HIV-positiver Menschen startet die gemeinsame Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Deutschen Aidshilfe (DAH) und der Deutschen AIDS-Stiftung (DAS) anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember. Sie soll dazu anregen, sich Vorurteile über das Leben mit HIV bewusst zu machen und zu korrigieren.
Menschen mit HIV reden Klartext
Die HIV-positiven Gesichter der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ treten Zumutungen in aller Deutlichkeit entgegen: Anika berichtet, wie in einer Reha-Einrichtung ein Schild auf ihrem Platz Personal und andere Gäste warnte: „HIV!“ Julia ließ sich aus ihrem familiären Umfeld zunächst Schuldgefühle einreden und wurde von Kindern ferngehalten – bis sie sich befreite. Lillian musste andere Eltern in der Kita aufklären, dass von ihrer Tochter keine Gefahr ausgeht. Sabine muss im Gesundheitswesen seit 35 Jahren erklären, dass sie keine Sonderbehandlung braucht und findet: „Es reicht!“ Und Psychologie-Student Olli, der auf Anraten anderer seine HIV-Infektion zunächst für sich behielt, geht mit dieser Kampagne einen großen Schritt. Er sagt der ganzen Welt: „Ich bin positiv.“
Die Geschichten der Protagonistinnen und Protagonisten werden in verschiedenen Formaten und Kanälen erzählt und sind ein wichtiger Teil der Aktivitäten zum Welt-Aids-Tag in Deutschland – auch bei vielen Aktionen vor Ort.
Leben mit HIV heute
HIV ist heute gut behandelbar, wenn auch noch nicht heilbar. Hoch effektive Medikamente verhindern die Vermehrung des Virus im Körper. HIV-positive Menschen bleiben bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung gesund und erkranken nicht mehr an Aids. HIV ist unter Therapie auch nicht mehr übertragbar.
Fast alle erleben Diskriminierung
Im Jahr 2020 gaben bei einer Online-Befragung der Studie „positive stimmen 2.0“ 90 Prozent der Befragten an, sie würden gut mit ihrer HIV-Infektion leben. Drei Viertel fühlten sich gesundheitlich nicht oder nur wenig eingeschränkt. 95 Prozent berichteten jedoch von mindestens einer diskriminierenden Erfahrung in den letzten zwölf Monaten aufgrund von HIV. 52 Prozent gaben an, durch Vorurteile in ihrem Leben beeinträchtigt zu sein.
Benachteiligung und Zurückweisung kommen in allen Lebensbereichen vor: Menschen mit HIV werden im Job unterschätzt, beim Dating zurückgewiesen und im Gesundheitswesen mit überflüssigen Vorsichtsmaßnahmen traktiert. Sie hören Schuldzuweisungen im familiären Umfeld und ernten Ablehnung, wenn sie ihre Kinder in die Kita bringen.
Eine Umfrage der Deutschen Aidshilfe im Jahr 2020 offenbarte Wissenslücken und Berührungsängste. Knapp ein Viertel der Befragten wollte mit HIV-positiven Menschen lieber nicht Geschirr oder Sportgeräte teilen, ein Fünftel fürchtete sich, dieselbe Toilette zu benutzen. Nur die Hälfte der befragten Menschen würde eine HIV-positive Person küssen, die ihnen sympathisch ist. Dabei ist HIV in keiner dieser Situationen übertragbar, unter Therapie auch beim Sex nicht.