Atripla® - Symbol für Normalität
Ende 2007 hat die europäische Arzneimittelbehörde EMEA die erste fixe Dreifachkombination bestehend aus den Substanzen Efavirenz, Emtricitabin und Tenofovir (Atripla®) zugelassen. Damit kann die HIV-Infektion erstmals mit 1x1 Tablette täglich behandelt werden.
Weitere Verbesserung
Die HIV-Therapie erfordert eine hohe Adhärenz. Erfreulicherweise hat es in den letzten Jahren hier Verbesserungen gegeben. HIV&more sprach mit Engelbert Zankl, der die Therapie-Hotline der Münchner Aids-Hilfe seit über acht Jahren betreut, über die jüngsten Entwicklungen.
Die erste HIV-Therapie als 1x 1 Tablette täglich ist zugelassen. Ist das ein Meilenstein?
Zankl: Ein Meilenstein war für mich die einmal tägliche Therapie. Nur einmal am Tag an die Tabletten denken zu müssen, das war ein Durchbruch. Dass man jetzt statt zweimal eine Tablette täglich nur einmal eine Tablette nehmen muss, das ist eine zusätzliche Verbesserung, die ich begrüße.
Als die HAART eingeführt wurde, sahen die Therapie-Regime noch anders aus
Zankl: Als ich vor 12 Jahren mit der Therapie angefangen habe, musste ich 12 Tabletten zu vier verschiedenen Zeitpunkten nehmen. Ich hätte mir damals gewünscht, nicht nach dem Wecker leben zu müssen. Wir Betroffenen haben daran geglaubt, dass Verbesserungen kommen werden. Doch dass die Entwicklung so schnell geht und wir 2008 eine ganze Therapie in einmal einer Pille haben, das haben wir nicht erwartet.
Was wünschen Sie sich noch für die Zukunft?
Zankl: Ganz oben auf meiner Wunschliste steht die Heilung. Ich glaube zwar nicht, dass dieses Ziel in nächster Zeit erreichbar ist, aber wünschen kann man es sich ja. Ferner brauchen wir Verbesserungen bei der Verträglichkeit (auch Atripla® kann Nebenwirkungen machen) sowie Vereinfachungen der anderen Therapieregime, insbesondere bei den späteren Therapieoptionen.
HIV und Aids haben ihren Schrecken verloren. Könnte die einmal tägliche Pille einen ungünstigen Einfluss auf die Prävention haben?
Zankl: Jede noch so einfache Therapie, zeigt doch, dass ich eine Erkrankung habe, und jede noch so einfache Therapie kann Nebenwirkungen haben. Die Menschen, die eine Therapie nehmen, werden HIV daher sicher nicht verharmlosen. Generell aber muss man sagen, dass der erfreuliche Fortschritt in der HIV-Therapie die Prävention schwieriger macht. Das bedeutet nicht, dass wir jetzt aufgeben sollten, sondern wir müssen vielmehr unsere Anstrengungen verstärken.
Engelbert Zankl · Münchner Aids-Hilfe e.V.
Lindwurmstr. 71 · 80337 München
Mit Atripla® steht erstmals in der HIV-Therapie eine Fixkombination zur Verfügung, bei der nur eine einzige Tablette pro Tag eingenommen werden muss. Streng wissenschaftlich orientierte Ärzte sehen in dem Fortschritt von 2x 1 Tablette täglich auf 1x 1 Tablette täglich keinen Durchbruch, dennoch ist die symbolhafte Bedeutung von Atripla® ein Meilenstein, denn Atripla ist ein Symbol für den Erfolg der medizinischen und pharmazeutischen Forschung.
THERAPIE IMMER BESSER
Innerhalb von wenigen Jahren nach der Erstbeschreibung einer neuen tödlichen Erkrankung wurde die Ursache erkannt, ein diagnostischer Test entwickelt und die Grundlagen für die Therapie gelegt. 1986 wurde das erste HIV-Medikament zugelassen, 1997 die Triple-Therapie etabliert und 10 Jahre später die Medikation auf 1x 1 Tablette täglich vereinfacht. Dies rückt die HIV-Infektion in die Nähe "normaler" Erkrankungen wie Diabetes und ist damit ein weiterer Schritt gegen die Stigmatisierung der HIV-Infektion.
ZULASSUNG IN EUROPA
Anders als in den USA, wo Atripla® zur Firstline-Therapie zugelassen ist, hat die EMEA den Einsatz in Europa auf "HIV-infizierte Erwachsene mit einer Virussuppression der HIV-1 RNA-Werte von <50 Kopien/ml bei ihrer derzeit angewendeten antiretroviralen Kombinationstherapie für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten" eingeschränkt. Ferner darf während einer früheren antiretroviralen Therapie kein virologisches Versagen aufgetreten sein, und "es muss vor Beginn der ersten antiretroviralen Behandlung sicher sein", dass keine Virusstämme mit relevanter Resistenz gegenüber einem der drei Bestandteile von Atripla® vorliegen. Hintergrund dieser Zulassung sind die strengeren Richtlinien der EMEA, die Studien mit Bestandteilen eines Medikamentes nicht für die Zulassung einer Fixkombination aus diesen Bestandteilen anerkennt. Ob dies sinnvoll ist, kann man als klinisch tätiger Arzt nur schwer beurteilen. Für den erfahrenen HIV-Behandler dürfte jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass eine erfolgreiche Therapie aus Efavirenz plus Tenofovir/Emtricitabin auch nach Umsetzen auf die Fixkombination dieser Bestandteile bei gleicher Adhärenz gut funktionieren wird.
PRAKTISCHE TIPPS
Atripla® sollte wie Efavirenz abends und nüchtern eingenommen werden. Die Tablette soll aufgrund der galenischen Formulierung nicht geteilt werden.
Beim Absetzen von Atripla® ist laut Fachinformation die lange Halbwertszeit von Efavirenz ebenso zu bedenken wie die lange intrazelluläre Halbwertszeit von Tenofovir und Emtricitabin. Aufgrund von großen Unterschieden von Patient zu Patient bei diesen Parametern und Bedenken hinsichtlich einer Resistenzentwicklung sind die aktuellen Leitlinien für die HIV-Therapie zu Rate zu ziehen, ebenso ist auch der Grund des Therapieabbruchs zu berücksichtigen. Soweit der Zulassungstext. Die Leitlinien empfehlen in diesem Zusammenhang entweder den NRTI-Backbone allein fortzuführen oder vor dem Absetzen auf einen geboosterten Proteasehemmer umzusetzen. Zur optimalen Dauer dieses "Absetzprozesses" gibt es keine Empfehlungen. RV