Mitteilung DAGNÄ
Ein Schritt vor - Zwei Schritte zurück
Das Jahr vor dem Start des Gesundheitsfonds hat der HIV-Versorgung in Deutschland eine nie da gewesene Verunsicherung beschert. Dies resultiert aus der Fülle der Neuerungen und Änderungen, die in diesem Jahr zum ersten Mal greifen, so beispielsweise EBM 2008, HIV-Verträge und Bundesrahmenvertrag HIV.
EBM 2008 NICHT FÜR HIV-SCHWERPUNKTPRAXEN GEEIGNET
Der EBM 2008 passt für Praxen mit vielen Patienten und leichten Erkrankungen, die lediglich einmal im Quartal den Arzt aufsuchen. Für HIV-Schwerpunktpraxen mit geringerer Patientenanzahl und hohem Inanspruchnahmeverhalten ist der neue EBM sowohl für Fach- als auch für Hausärzte ungeeignet. Verschärft wird im hausärztlichen Bereich die Problematik dadurch, dass bei Zuweisung an die hausärztlich tätige Schwerpunktpraxis die Abrechnungsmöglichkeit für bestimmte Ziffern verloren geht. Dankenswerterweise hat hier allerdings der Bewertungsausschuss schnell reagiert und es den regionalen KVen überlassen, zusätzliche Möglichkeiten der Leistungsziffern zu genehmigen.
Die DAGNÄ hat den Kollegen entsprechende Musteranschreiben zur besseren Realisierung bei ihren regionalen KVen zur Verfügung gestellt. Für HIV sind bis jetzt erst aus einer KV positive Signale zur Bewilligung dieser Leistung gekommen, eine weitere KV scheint sich hier anzuschließen. Definitive schriftliche Zusagen zu diesen erweiterten Möglichkeiten für die haus-ärztlich tätigen HIV-Schwerpunkte liegen zur Zeit noch nicht vor. Es ist noch unklar, wie lange diese Ausnahmeregelungen, wenn sie denn bewilligt werden, greifen werden und ob nicht langfristig eine andere Absicherung der hausärztlich tätigen HIV-Schwerpunkte mit der KBV zu diskutieren ist.
Für die fachärztlichen Schwerpunktpraxen hat der EBM in seiner jetzigen Verfassung ebenfalls noch keine adäquate Abbildung. Im sog. fachärztlichen Schwerpunktbereich gibt es keinen ausgewiesenen Schwerpunkt für HIV oder Hepatitis oder noch allgemeiner für den Bereich Infektiologie. Allerdings wird hier wiederum zusammen mit der DAGNÄ intensiv an einer Implementierung sogenannter Betreuungsmodule für die fachärztliche Versorgung gearbeitet. Zur Zeit ist allerdings noch unklar, wann, in welcher Form und ob, diese bereits weitestgehend von der DAGNÄ-Kerngruppe entwickelten Module, hier implementiert werden können. Hierzu laufen intensive Gespräche mit dem Bund Deutscher Internisten (BDI) sowie mit der KBV.
REGIONALE HIV-VERTRÄGE TEILWEISE GEKÜRZT ODER GESTRICHEN
Die regionalen HIV-Verträge, die es in unterschiedlichster Prägung und inhaltlicher Ausgestaltung in der Bundesrepublik gibt, werden von Seiten der Kostenträger partiell zur Disposition gestellt. Die HIV-Verträge ermöglichen es den Schwerpunktpraxen und auch Ambulanzen die außergewöhnlich komplexe und anspruchsvolle Therapie mit Langzeitnebenwirkung, Interaktion, Wechselwirkungen und vielen anderen Herausforderungen auf qualitativ hoch stehendem Niveau zu versorgen. Gerade heute mit der verlängerten Überlebenszeit und dem damit assoziierten neuen Krankheitsbildern z.B. im Bereich der Onkologie und der Co-Infektionen ist eine an Qualitätskriterien orientierte HIV-Behandlung nötiger denn je. Dieses Versorgungssystem hat eine ambulante und kostengünstige Versorgung der Patienten auf hohem Niveau gewährleistet und einen hohen therapeutisch und präventiven Part sichergestellt.
Nun ist z. B. in Berlin die HIV-Vereinbarung deutlich gekürzt worden, und das auch noch rückwirkend. In der neu fusionierten KV Baden-Württemberg sind die bis dato existierenden HIV-Vereinbarungen ersatzlos vollständig zum 01.01.2008 gestrichen worden. Lediglich der ehemalige Bezirk Nord-Württemberg kann diese Sondervereinbarungen noch bis zum Ende des 1. Quartals 2008 in Anspruch nehmen. Zu den vielfältigen Aktionen der Berliner und Baden-Württembergischen Kollegen finden Sie nähere Informationen auf der DAGNÄ-Homepage www.dagnae.de unter Mitglieder/regionale HIV-Verträge.
Bundesweit erhält man bei entsprechender Anfrage keine Zusicherung über die langfristige Absicherung der regionalen HIV-Verträge. Die Existenz dieser Vereinbarung ist abhängig von den weiteren Verhandlungen mit den Kostenträgern, die Verträge scheinen erst mal generell zur Einführung des neuen Gesundheitsfonds zur Disposition zu stehen. Allerdings gibt es auch gegenteilige Strömungen. So wurde in Rheinland-Pfalz im 3. Quartal 2007 erstmals eine HIV-Vereinbarung zwischen der KV und den Primär- und Ersatzkassen geschlossen. Diese Vereinbarung bezieht auch die Ambulanzen verschiedener Kliniken neben den HIV-Schwerpunktpraxen mit ein.
ENTWURF DES BUNDESRAHMENVERTRAGES HIV
Dieser Entwurf schwebt seit seiner Vorstellung durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im Jahre 2005 über den Wassern und hart seiner Umsetzung. Auch hier stellt sich das Bild nicht einheitlich dar. Der Vdak hat auf dem letzten DAGNÄ-Workshop im Beisein von Staatssekretär Schröder eine Unterstützung dieses Entwurfes in Aussicht gestellt. Dies unter der Option, dass auch die Primärkassen in dieses Vertragskompendium einsteigen. Nun gibt es, vor allem auch durch die Vermittlungshilfe der Politik, Bewegungen innerhalb des Bundesverbandes der AOK. Die Primärkassen scheinen über mögliche Vertragsformen, sei es integrierte Versorgung, sei es nach Schmerztherapievereinbarung, sei es nach noch nicht näher definierten Vertragsformen, nachzudenken. Klar ist zumindest, welche vertraglichen Schienen die Primärkassen nicht verhandeln wollen. Die nächsten Verhandlungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zu diesem Thema stehen jetzt im Frühjahr 2008 vor der Tür.
§116B
Der gemeinsame Bundesausschuss hat für den §116b, SGB V, den Auftrag, die dort festgesetzten hochspezialisierten Leistungen und das hierzu gehörende Leistungsspektrum zu konkretisieren. In einigen Bereichen, wie z.B. u.a. auch bei der Onkologie ist dies bereits vollzogen. Nun befasst sich der gemeinsame Bundesausschuss mit der Diagnostik und Versorgung von Patienten von HIV und Aids. Hier ist die DAGNÄ geladen ihren Sachverstand einzubringen und die Belange der niedergelassenen Ärzte zu vertreten.
Dies bedeutet, dass auch für den Bereich HIV und Aids die Rahmen- und Randbedingungen konkretisiert werden müssen. Die DAGNÄ ist mit dem Bundesverband der niedergelassenen Hämato-Onkologen (BNHO) im Gespräch und hofft auf ähnliche Regelungen.
Brisant wird der §116b für den Bereich HIV durch die Tatsache, dass nicht alle Ambulanzen im Rahmen der regionalen HIV-Verträge integriert sind. Dort, wo dies nicht der Fall ist, kann es zu Öffnungen nach §116b kommen. Die DAGNÄ ist hierzu mit den entsprechenden Fachgesellschaften im Dialog.
Armin Goetzenich (stellv. Geschäftsführer)
DAGNÄ e.V.
Blondelstraße 9 - 52062 Aachen
Tel.: +49 (0241) 26 79 9
Fax: +49 (0241) 40 86 52
Vorstand:
Dr. med. H. Knechten, Aachen
Dr. med. J. Gölz, Berlin
Dr. med. H. Jäger, München
Email: Verein@dagnae.de
Webseite: http://www.dagnae.de
FAZIT
Zusammenfassend kann man festhalten, dass das Jahr 2008 sicherlich eine vollständige Neudefinition der Versorgung HIV-infizierter-Patienten mit sich bringen wird.
Ab 2009 mit dem Gesundheitsfonds und weiter präzisierend im Jahr 2011 wird sich die Versorgung HIV-Infizierter ganz anders darstellen. Die DAGNÄ hofft, dass sie sich zusammen mit ihren Kerngruppen und Mitgliedern hier bestens vorbereitet und die Belange zur adäquaten qualitativ hochwertigen Versorgung HIV-Infizierte realisieren wird.