17. INTERNATIONALER HIV RESISTENZWORKSHOP IN SITGES
Resistenz gegen neue Substanzklassen: Neue Erkenntnisse
Der 17. Internationale HIV Resistenzworkshop fand dieses Jahr vom 11. bis 13. Juni in Sitges statt. Die insgesamt 178 Beiträge befassten sich nicht nur mit HIV, sondern auch mit der Resistenz gegen antivirale Medikamente bei Hepatitis B und Hepatitis C.
Der erste Kongresstag begann mit der Vorstellung neuer Substanzen, die teilweise noch sehr früh in der Entwicklung stehen, z.B. dem NRTI Azido-Guanosin und dem NNRTI IDX899 (#1-5). Diese Neuentwicklungen zeigen eine sehr geringe Kreuzresistenz gegen andere Vertreter ihrer Klasse. Gleich anschließend stand das Thema Resistenz gegen Integrase-Inhibitoren, insbesondere Raltegravir, auf dem Programm.
INTEGRASEHEMMER
Die wichtigsten Resistenz-vermittelnden Pathways bei Integrasehemmern sind die Mutationen an den Positionen N155H, Q148R und seltener an Position Y143. Klonale Analysen von einzelnen Patienten, bei denen in der normalen Sequenzierung gleichzeitig N155H und Q148R gefunden wurde, zeigen, dass die Mutationen unterschiedlichen Viruspopulationen zugeordnet werden können. N155H and Q148R/H/K kamen niemals gemeinsam bei einem Virus vor. Offenbar schließen sich diese Mutationen aufgrund eines "Fitness"-Verlustes gegenseitig aus (#7 Fransen S et al.). Sind Populationen mit beiden Mutationen vorhanden, setzt sich im weiteren Verlauf die Mutationen an Position 148 durch. Der Grund für diesen Pathway ist vermutlich eine höhere Resistenzschwelle mit geringerem Fitness-Verlust bei weiteren Mutationen (#6 MD Miller et al.). Leider führt der Q148R-Pathway auch zu einer sehr starken Kreuzresistenz gegen Elvitegravir. Die Mutationen Q148R und G140A erhöhten die Resistenz gegen Elvitegravir auf das 260fache (#9 Goethals O et al.). Ein weiterer Mechanismus für eine Resistenz gegen Integrase-Inhibitoren könnten Mutationen im Bereich der LTR = long terminal repeats sein (#14 Svarovskaia ES et al.).
MATURATIONSINHIBITOREN
Eine weitere Klasse von antiretroviralen Medikamenten in der Entwicklung sind die Maturationsinhibitoren. Bei einzelnen Patienten sind diese Substanzen allerdings unwirksam, und zwar aufgrund von natürlichen Polymorphismen im gag (#29 Salzwedel K et al.; #28 Baelen K van et al.; #30 Hamy F et al.).
TROPISMUS
Ein wichtiges Thema auf der Tagung war auch die Bestimmung des Tropismus. Es wurde der neue phänotypische Test TrofileES® vorgestellt, der eine verbesserte Nachweisgrenze für minore Populationen aufweist (#88 Reeves JD). Zum Vergleich von phänotypischen und genotypischen Analysen gab es viele Posterbeiträge. Die Übereinstimmung beider Analysen war in den meisten Arbeiten für den klinischen Alltag ausreichend gut, dennoch besteht Verbesserungspotential. Eine Möglichkeit ist hier das Ultra-Deep-Sequencing. Dies erlaubt je nach gewähltem Cut-Off eine fast komplette Modellierung der phänotypischen Ergebnisse (#89 Harrigan R et al.; #90 Däumer M et al.). Doch nicht nur der qualitative Nachweis von X4-tropen Viren scheint wichtig zu sein, möglicherweise spielt auch die Menge von X4-tropen Viren beim Therapieversagen unter CCR5-Antagonisten eine entscheidende Rolle.
ETRAVIRIN UND DARUNAVIR
Abb. 1: Patienten mit virologischem Versagen (n=406 DUET 1+2 gepooled)
Die Liste der Resistenzassoziierten Mutationen für Etravirin wurde inzwischen auf 17 Stück erweitert : V90I, A98G, L100I, K101E/H/P, V106I, E138A, V179D/F/T, Y181C/I/V, G190A/S und M230L. Vor allem die Mutation Y181C scheint hier bedenklich, da diese bereits durch Nevirapin selektioniert wird. Jedoch reicht diese Mutation alleine nicht aus und es sind mehrere der oben genannten Mutationen notwendig um ein Therapieansprechen zu verhindern (#24 Vingerhoets J et al.) (Abb. 1). Zwei Arbeiten zum Cut-off von Etravirin schlugen eine untere Grenze von 3,0 FC (Fold Change in IC50) (#121 Peeters M et al.; #122 Coakley E et al.). Zur Bestimmung eines oberen Cut-off waren die Patientenzahlen zu klein. NRTI-Mutationen können möglicherweise zwei Arbeiten von Tibotec und Monogram zufolge zu einer Hypersensibilität von Etravirin führen (#22 Benhamida J et al., #23 Picchio G et al.).
Bei Darunavir kam zu den bekannten 10 RAMs V11I, V32I, L33F, I47V, I50V, I54L/M, T74P, L76V, I84V und L89V die neue Mutation T74P hinzu. Die Prävalenz dieser RAMs im klinischen Alltag scheint allerdings gering zu sein (#31 Meyer De S et al.).