HIV und STI bis Mitte 2008
In den letzten drei Halbjahren haben sich die Zahl der gesicherten HIV-Erstdiagnosen und deren Verteilung auf Betroffenengruppen nicht wesentlich verändert. Dies spricht für eine - zumindest vorläufige - Stabilisierung des Infektionsgeschehens.
Parallel zur Stabilisierung der gesicherten HIV-Erstdiagnosen hat sich die Alterszusammensetzung bei den neu diagnostizierten Infektionen in den letzten vier bis fünf Jahren in den Gruppen MSM und HPL kontinuierlich in Richtung Ältere verschoben (Abb. 1). Bei iv-Drogengebrauchern und Heterosexuellen sind Änderungen der Alterszusammensetzung demgegenüber diskreter.
Abb. 1: Altersgruppenverteilung bei HIV-Erstdiagnosen in den letzten 5 Jahren
Abb. 2: HIV-Erstdiagnoseinzidenz (MSM) bezogen auf Altersgruppen bei Männern
ÜBER 40JÄHRIGE HÄUFIGER BETROFFEN?
Bei MSM ist der Anteil der Neudiagnosen in den Altersgruppen der unter 30-jährigen Männer konstant geblieben. Der Anteil der 30-39-jährigen Männer, der mit knapp 50% vor fünf Jahren noch eindeutig dominierte, hat zugunsten des Anteils der über 39-jährigen auf knapp über 30% abgenommen.
Diese Verschiebung der Altersgruppen bei MSM wird vor allem durch demographischen Wandel erklärt (geburtenstarke Jahrgänge werden älter). Wird die Erstdiagnoserate auf die Größe der entsprechenden Alterskohorten bezogen finden sich bei MSM vergleichbare Anstiege in allen Altersgruppen (Abb. 2).
TRENDS BEI MIGRANTEN
Bei Menschen aus HPL (Hochprävalenzländern) hat in den letzten vier Jahren der Anteil der unter 30-Jährigen zugunsten der über 29-Jährigen von knapp 50% auf ca. 30% abgenommen.
Veränderungen der Altersverteilung bei den HIV-Neudiagnosen bei Personen aus Hochprävalenzregionen könnten durch folgende Faktoren bedingt sein:
- Veränderungen beim Zuzug von Migranten aus Hochprävalenzländern. Wenn weniger Menschen aus Hochprävalenzländern nach Deutschland kommen, wird ein steigender Anteil von Infektionen bei den dauerhaft in Deutschland verweilenden Personen diagnostiziert. Dadurch würde der Altersdurchschnitt ansteigen.
- Veränderungen des Infektionsgeschehens in den Herkunftsländern. Wenn die Zahl der Neuinfektionen insbesondere bei jungen Menschen zurückgeht, steigt der Anteil der Diagnosen bei den schon länger infizierten Personen.
- Veränderungen im Testverhalten bzw. Testangebot. Wenn jüngere Migranten weniger häufig getestet werden bzw. sich testen lassen, steigt der Altersdurchschnitt bei den Erstdiagnosen.
Eine Analyse des Verlaufs der mittleren CD4-Zellzahl bei HIV-Diagnose bei den über 30-jährigen Personen aus HPL liefert keine Anhaltspunkte für wesentliche Veränderungen über den Zeitraum 2001-2007. Allerdings wird bei HIV-Meldungen im Rahmen von Asylbewerbertestungen sehr selten eine CD4-Zellzahl übermittelt. Der Anteil der Meldungen von Personen aus Hochprävalenzregionen, bei denen angegeben wird, dass sie im Rahmen von Asylverfahren getestet werden, geht von 2002 bis 2008 erkennbar zurück. Da diese Angabe aber nur festgehalten und nicht aktiv erfragt wird, ist eine Abnahme der Häufigkeit dieser Angabe wenig belastbar. Als Erklärungen kommen daher sowohl Änderungen bei der Testung von Asylbewerbern, Veränderungen beim Zuzug oder Veränderungen beim Neuinfektionsgeschehen in den Herkunftsregionen in Frage. Wahrscheinlich spielen alle drei Faktoren eine Rolle. Eine Gewichtung der drei Faktoren ist mangels weiterer Daten derzeit nicht möglich.