Transplantation bei HIV-Infektion

Viele der HIV-Infizierten mit Hepatitis-Koinfektion bzw. einer dialysepflichtigen HIV-assoziierten Nephropathie werden in absehbarer Zeit ein neues Organ brauchen. Doch die Transplantation bei HIV-Infizierten steckt noch in den Kinderschuhen. Auf einem Symposium in Hamburg präsentierten renommierte deutsche und amerikanische HIV-Experten und Transplanteure die bisherigen Daten und tauschten Erfahrungen aus.

Bislang sind nur wenige Zentren in Deutschland überhaupt bereit, Organtransplantationen bei HIV-Infizierten durchzuführen. 39% von 87 deutschen Zentren lehnten 2002 eine Lebertransplantation bei HIV-Infizierten rundweg ab. Lediglich 26 HIV-Patienten haben hierzulande eine neue Leber erhalten im Vergleich zu mehr als 150 in Spanien und über 20 allein an der University of California (Abb. 1). Hintergrund der Ablehnung ist vermutlich nicht nur die Angst der Chirurgen vor der Infektion, sondern auch die Sorge, dass sich die Erfolgsquote des Zentrums verschlechtern könnte. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass jetzt in Hamburg ein neues interdisziplinäres Zentrum für Lebertransplantationen bei HIV-Infizierten aufgebaut werden soll, das nicht nur von den entsprechenden Fachbereichen des Universitätsklinikums Eppendorf, sondern auch vom Hamburger Senator Dietrich Wersich unterstützt wird.

Abb. 1: Zahl der Lebertransplantationen bei HIV-Infizierten in Deutschland
Abb. 1: Zahl der Lebertransplantationen bei HIV-Infizierten in Deutschland
J. Rockstroh, Bonn

Abb. 2: Überleben nach Lebertransplantation. HIV/HCV-Koinfizierte haben eine schlechtere Prognose
Abb. 2: Überleben nach Lebertransplantation. HIV/HCV-Koinfizierte haben eine schlechtere Prognose
Mindikoglu A et al., 2008

GUTE UND SCHLECHTE NACHRICHTEN

Den bisherigen Erfahrungen in Deutschland und den USA zufolge gibt es gute und schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht ist, dass man bei der Transplantation wegen Hepatitis B bei HIV-positiven und -negativen gleich gute Ergebnisse erzielt. Die Prophylaxe mit HB-Immunglobulin kann zwar die Reinfektion der Leber nicht bei jedem Patienten verhindern, unterdrückt aber die HBV-Replikation bei den Reinfizierten so stark, dass HBV-DNA nur noch mit hochsensitiven Tests nachweisbar ist. Anders sieht es bei der chronischen Hepatitis C aus. Die Überlebensraten von Transplantat und Patienten sind hier bei HIV-Infizierten schlechter (Abb. 2), was in erster Linie auf den aggressiveren Verlauf der HCV-Reinfektion der neuen Leber zurückzuführen ist. Wann und wie man die Reinfektion am besten therapiert, ist noch unklar.

Bei der Nierentransplantation ist die Komplikationsrate ebenfalls erhöht. Insbesondere das Risiko einer schweren Abstoßungsreaktion ist bei HIV-Infizierten dreimal höher.

INTERAKTION

Patienten zur Transplantation sollten keine nachweisbare Viruslast und einen ausreichenden Immunstatus aufweisen (CD4 >200/µl bei Nieren- und >100/µl bei Lebertransplantation). Nach der Transplantation wird die HAART etwa vier Wochen lang pausiert, bis die Immunsuppressiva stabil eingestellt sind. Eingesetzt werden hier neben Steroiden insbesondere Cyclosporin A, Tacrolimus, Sirolimus und Mycophenolat Mofetil (MMF). Einige dieser Immunsuppressiva haben laut Peter Stock, San Francisco, einen direkten antiviralen Effekt, was auch die Elimination von HCV möglicherweise fördert. Beim erneuten Einleiten der HAART muss man auf Interaktionen achten, d.h. beim Einsatz von Proteasehemmern muss die Dosis mancher Immunsuppressiva deutlich reduziert und bei NNRTI eventuell etwas erhöht werden. Opportunistische Infektionen unter HAART und immunsuppressiver Therapie scheinen kein Problem darzustellen. In Einzelfällen wurden jedoch Virus-assoziierte Komplikationen beobachtet, z.B. kutane Kaposi-Sarkome (HHV8) oder Zervix-Neoplasien (HPV). Selbst beim Einsatz von Thymoglobulin zur Therapie von Abstoßungsreaktionen, das einen ausgeprägten Abfall der Lymphozyten zur Folge hat, wurden unter entsprechender Prophylaxe keine opportunistischen Infektionen beobachtet.    RPV

Ausgabe 4 - 2008Back

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