Ramona Pauli, München
Krebsvorsorge

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 170.000 Männer und 180.000 Frauen neu an Krebs. Damit ist der Krebs nach den Herzkreislauferkrankungen die häufigste Todesursache. Die gesetzlichen Krankenkassen bieten Vorsorgeuntersuchungen für bestimmte Krebsarten an. Die Teilnahme an diesen Programmen lässt allerdings zu wünschen übrig.

Speziell für Frauen ab dem Alter von 20 Jahren:

Früherkennung von Krebserkrankungen der Geschlechtsorgane (jährlich)

  • gezielte Anamnese
  • Inspektion des Muttermundes
  • Entnahme von Untersuchungsmaterial vom Muttermund und aus dem Gebärmutterhals und zytologische Untersuchung (Pap-Test)
  • gynäkologische Tastuntersuchung
  • Beratung über das Ergebnis

zusätzlich ab dem Alter von 30 Jahren:

Früherkennung von Krebserkrankungen der Brust (jährlich)

  • gezielte Anamnese
  • Inspektion und Abtasten der Brust und der regionären Lymphknoten einschließlich der Anleitung zur Selbstuntersuchung
zusätzlich ab dem Alter von 50 Jahren:

Früherkennung von Krebserkrankungen der Brust (alle zwei Jahre)

  • Mammographie-Screening im Abstand von zwei Jahren bis zum Ende des 70. Lebensjahres
  • (Information und schriftliche Einladung aller Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren in zertifizierte so genannte Screening-Einheiten: KrebsvorsorgeDort erfolgt die Röntgenuntersuchung der Brust beiderseits durch Mammographie sowie die
    Veranlassung einer ggf. notwendigen Abklärungsdiagnostik)
Speziell für Männer ab dem Alter von 45 Jahren:

Früherkennung von Krebserkrankungen der Geschlechtsorgane (jährlich)

  • gezielte Anamnese
  • Inspektion und Abtasten der äußeren Geschlechtsorgane
  • Tastuntersuchung der Prostata
  • Tastuntersuchung der regionären Lymphknoten
  • Beratung über das Ergebnis
Für Männer und Frauen ab dem Alter von 35 Jahren:

Früherkennung von Krebserkrankungen der Haut (alle zwei Jahre)

  • gezielte Anamnese
  • visuelle, standardisierte Ganzkörperinspektion der gesamten Haut einschließlich des behaarten Kopfes und aller Körperhautfalten
  • Befundmitteilung mit diesbezüglicher Beratung

    (im Falle eines verdächtigen Befundes erfolgt die weitere Abklärung bei einem Facharzt/einer Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten (Dermatologe/Dermatologin)

ab dem Alter von 50 Jahren:

Früherkennung von Krebserkrankungen des End- und des übrigen Dickdarms (jährlich)

  • gezielte Beratung
  • Tastuntersuchung des Enddarms
  • Test (Guajak-Test, FOBT) auf verborgenes Blut im Stuhl (jährlich bis zum Alter von 54 Jahren)
ab dem Alter von 55 Jahren:
  • gezielte Beratung
  • zwei Koloskopien (Darmspiegelungen) im Abstand von 10 Jahren oder
  • Test (Guajak-Test, FOBT) auf verborgenes Blut im Stuhl alle zwei Jahre.

Die Krebserkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland nehmen mit ca. 210.000 Todesfällen jährlich nach den Herz-Kreislaufkrankheiten den zweiten Platz in der Rangfolge der Todesursachen ein. Die Zahl der jährlich neu auftretenden Krebserkrankungen ist insbesondere infolge des Überalterungsprozesses der deutschen Bevölkerung weiter im Steigen begriffen.

Derzeit ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern der Prostatakrebs, bei Frauen der Brustkrebs, gefolgt vom Darmkrebs bei beiden Geschlechtern. Das Überleben hängt vielfach vom Zeitpunkt der Entdeckung einer Krebserkrankung ab. Je früher Krebs erkannt und die oder der Betroffene einer qualifizierten Behandlung zugeführt wird, desto größer ist die Aussicht auf einen Heilerfolg. Derzeit nehmen allerdings weniger als die Hälfte der anspruchsberechtigten Frauen und nur rund 20% Prozent der anspruchsberechtigten Männer eine Krebsfrüherkennungsuntersuchung in Anspruch.

Angebot der Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bei der Vorsorge nur die Kosten für die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und dessen Leistungskatalog niedergelegten Untersuchungen. Bei der Vorsorgeuntersuchung halten sich die meisten Krankenkassen zudem strikt an die empfohlenen Altersgrenzen.

Nach der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie in der derzeit gültigen Fassung ist für das Krebsfrüherkennungsprogramm der gesetzlichen Krankenversicherung im Einzelnen Folgendes vorgesehen (siehe Kasten).

PSA-Test

Nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Krebsfrüherkennung war die Bestimmung des Prostata-Spezifischen Antigens (PSA-Test) im Blut als Screening-Untersuchung zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Krebsfrüherkennungs-Programms der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Frage der Einführung eines Screenings auf Prostata-Spezifisches Antigen wurde im Jahr 2003 in dem für die Weiterentwicklung des Krebsfrüherkennungsprogramms zuständigen Arbeitsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses unter Hinzuziehung von Experten intensiv beraten. Danach sowie aufgrund der Zwischenergebnisse von zwei großen randomisierten internationalen Studien ist derzeit die Eignung der PSA-Bestimmung als Screening-Untersuchung für das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht gegeben.

Wichtigstes Ziel der breiten Anwendung des PSA-Tests ist es, die Prostatakrebssterblichkeit zu senken. Für diesen Nutzen liegt jedoch nach wie vor kein eindeutiger wissenschaftlicher Nachweis vor. Die jüngste Veröffentlichung der Zwischenergebnisse aus zwei großen randomisierten Studien aus Europa und den USA unterstreichen diese Problematik: Während in der amerikanischen Studie die Sterblichkeit in der Gruppe, die den PSA-Test erhielt, während der ersten sieben Jahre sogar höher war, konnte die europäische Studie eine Abnahme der Sterblichkeit in dieser Gruppe um 20% in einem Zeitraum von 9 Jahren verzeichnen. In der soeben publizierten „Göteborgstudie“ war die Sterblichkeit der Männer, bei denen regelmäßig PSA bestimmt wurde, in der 14jährigen Beobachtungszeit nur halb so hoch wie in der Kontrollgruppe ohne PSA-Test (Hugosson J et al., 2010).

Der Preis für die Minderung des Sterberisikos ist allerdings hoch und wurde mit einer hohen Zahl an invasiven Eingriffen bezahlt, die in vielen Fällen unnötig waren (sog. Überdiagnose beziehungsweise  Übertherapie).

INFORMATION FÜR PATIENTEN

Gemeinsam mit der AOK und der Universität Bremen hat der Krebsinformationsdienst eine Online-Entscheidungshilfe
erarbeitet. Sie soll interessierten Männern die Entscheidung für oder gegen die Früherkennung durch Information erleichtern, mehr unter www.psa-entscheidungshilfe.de.


Empfehlungen der EACS um Krebsscreening bei HIV-Patienten

Übersicht: Screening-Empfehlungen sind von der Allgemeinbevölkerung abgeleitet.

Screening-Empfehlungen sind von der Allgemeinbevölkerung abgeleitet. Das Screening sollte vorzugsweise im Rahmen der nationalen Programme durchgeführt werden. Non-Hodgkin-Lymphome sind bei HIV-Patienten häufiger. Es ist jedoch unklar, ob hier ein Screening möglich ist.
Die Haut sollte regelmäßig auf Krebsarten wie Kaposi-Sarkome, Basalzellkarzinome und maligne Melanome untersucht werden.
http://www.europeanaidsclinicalsociety.org/guidelines.asp

Ausgabe 3 - 2010Back

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