Adriane Skaletz-Rorowski, Norbert H.
Brockmeyer, Judith Coenenberg
Kompetenznetz
HIV/AIDS: der Weg in die Zukunft
Obwohl es keine bundesstaatliche Förderung für das Kompetenznetz HIV/AIDS (KompNet) und seine Patientendatenbank und Biomaterialbank mehr gibt, und somit die Vergütung für die Dokumentation von Kohorten-Daten und Biomaterialien im Rahmen der Erwachsenen-Kohorte im Juni 2010 eingestellt werden musste, geht die Forschung weiter. Die über sieben Jahre lang erfassten Daten und gesammelten Biomaterialproben können weiterhin für wissenschaftliche Studien genutzt werden, bereits angelaufene Projekte abgeschlossen sowie neue Datenbankabfragen entwickelt und eingereicht werden und zwar bis Juni 2016.
Hiervon unberührt ist die fortgesetzte Dokumentation im Rahmen der Kinder- und Schwangeren-Kohorte des KompNets HIV/ AIDS. Mittels eines großzügigen Industrie-Sponsorings durch die Firmen Abbott und BMS kann die Dokumentation, auch in Zukunft, durchgeführt werden.
Beschlussfassung der Mitgliederversammlung
Die Mitgliederversammlung des Kompetenznetzes HIV/AIDS hat im März 2011 beschlossen, dass Daten und Biomaterialproben der Erwachsenen-Kohorte, insofern der einzelne Patient dies nicht anders wünscht, entsprechend der Regelungen der Patienten-Einverständniserklärung bis Juni 2016 für die Forschung nutzbar sind. Diese Entscheidung räumt allen Mitgliedern und interessierten Wissenschaftlern rund weitere fünf Jahre Zeit ein, um aktiv mit dem Daten- und Biomaterialpool zu arbeiten.
Abb. 1 Die Anfänge des Netzes: Zur Begutachtung trafen sich 2004 die Mitglieder des Kompetenznetzes in Bochum
Sollte die Finanzierung und damit die Dokumentation im Rahmen der Erwachsenen-Kohorte mittelfristig jedoch nicht wieder erreicht werden, sind alle Daten und Biomaterialproben fachgerecht nach GCP (Good Clinical Practice) von der Ruhr-Universität Bochum zu vernichten. Trotz dieser Perspektive ist es bis 2016 also möglich, neue Projekte zu initiieren bzw. bereits angelaufene Forschungsprojekte fortzuführen und projektgemäß zu beenden, wie z.B. Studien zu verschiedenen Aspekten der HIV/HCV-Koinfektion.
Beschlossen wurde auch, dass die Biomaterialproben zentral an der Ruhr-Universität Bochum gelagert werden. Die Ruhr-Universität stellt als treuhänderische Verwalterin die erforderliche Infrastruktur bereit und übernimmt die Finanzierung für die Lagerung der Proben – ein nicht unerheblicher Beitrag, ohne den die wissenschaftliche Arbeit des Netzes kaum zu gestalten wäre.
Das Ende der BMBF-Förderung bedeutete leider auch, dass die DAH mit einem bis dahin eigens vom KompNet HIV/AIDS finanzierten Projekt seit Mai 2011 im Kompetenznetz nicht mehr vertreten ist. Der Patientenbeirat wird seine Tätigkeit im KompNet HIV/AIDS ehrenamtlich fortführen und auch die KompNet-Geschäftsstelle arbeitet weiter.
Zukunft der Patientenkohorte und Biomaterialbank
Die in den letzten Jahren gut etablierte Netzwerkstruktur wird auch in Zukunft auf nationaler und internationaler Ebene, z.B. im MITOC- oder COHERE-Kohortenverbund, genutzt, um netzwerkübergreifende Untersuchungen zu koordinieren und den Wissenstransfer in die Praxis zu fördern.
Was die Biomaterialbank angeht, so ist es gelungen, diese in das BMBF-geförderte P2B2-Projekt einzubinden. Sie gehört somit zu den ersten sechs Biobanken in Deutschland, die sich über das Web-basierte „Projektportal im Deutschen Biobanken-Register“ vernetzen und dadurch eine bessere Nutzung der Proben für die biomedizinische Forschung ermöglichen. Hier werden ausschließlich anonymisierte Daten verarbeitet. Der Datentransfer wird durch einen Datenbankvertrag, der sowohl deutsches als auch europäisches Datenschutzrecht beinhaltet, geregelt. Die Vorgaben der Einverständniserklärung des Kompetenznetzes werden darin vollständig umgesetzt. Dieses Projekt bietet den Patienten im Kompetenznetz HIV/AIDS eine ethisch und rechtlich sichere Basis für den Umgang mit ihren Proben und Daten und eröffnet einen zusätzlichen Weg, mit den von den Patienten zur Verfügung gestellten Proben Forschung für die Patienten durchzuführen.
Prof. Wolf mit Dr. Asamitsu beim Deutsch-Japanischen HIV-Symposium 2009 in Bochum. 2011 findet das Symposium bereits zum 6. Mal statt
Ausblick
Die Arbeit im KompNet HIV/AIDS geht
weiter. Trotz finanzieller Engpässe sind in diesem Jahr bis November 2011 elf
Publikationen und zahlreiche Kongressbeiträge erarbeitet worden (www.kompetenznetz-hiv.de) – und wir sind
sicher, dass wir gemeinsam im Verbund auch in den kommenden Jahren gute
Ergebnisse erzielen.
Auch die wissenschaftliche Projektarbeit geht weiter, wovon man sich unlängst, im November, auf dem Zukunftssymposium des KompNet HIV/AIDS überzeugen konnte.
Auch weitere KompNet-Veranstaltungen sind bereits geplant, wie etwa die Fachtagung „Psychotherapie bei Menschen mit HIV/AIDS – ein überfälliges Update“, die am 14. Januar 2012 in Bochum stattfinden wird.
Öffentlichkeitsarbeit des Kompetenznetzes HIV/AIDS: Aktion auf der A40 im Rahmen von RUHR 2010, gemeinsam mit der Bochumer AIDS-Hilfe und unterstützt durch chinesische Kollegen
Nach wie vor lebt das Netzwerk durch seine Mitglieder und die Patienten, die weiterhin Interesse daran haben, die HIV-Forschung aktiv zu unterstützen. An dieser Stelle möchten wir uns im Namen der KompNet-Geschäftsstelle bei allen bedanken, die auch in Zukunft die Arbeit im Kompetenznetz HIV/AIDS mitgestalten – durch Ihr Engagement und Ihre Projektideen wird unsere Zusammenarbeit auch noch bis 2016 und darüber hinaus Früchte tragen!
In diesem Sinne werden wir alles daransetzen, um in den nächsten Jahren weiterhin die Daten der Erwachsenen-Kohorte und die Biomaterialien in Forschungsprojekten auszuwerten, die Dokumentation in der Kinder- und Schwangeren-Kohorte fortzusetzen und die patientennahe Forschung weiter voranzutreiben, zur Verbesserung der Therapie und der Lebensqualität unserer Patienten, die uns immer getragen haben.
Die Kohorte bietet weiterhin vielfältige Möglichkeiten – nutzen wir sie!
KompNet HIV/AIDS heute – auf einen Blick
- Die Datenbank der Erwachsenen-Kohorte umfasst die Daten von kumulativ 16.500 Patienten.
- Die Biomaterialbank mit 56.600 Serum- und 16.200 DNA-Proben wird an der Ruhr-Universität Bochum zentral gelagert.
- Datenbankabfragen und Biomaterialproben im Rahmen der Erwachsenen-Kohorte können zu wissenschaftlichen Zwecken bis 6/2016 genutzt werden.
- Sofern keine finanziellen Mittel zur Patienten-Dokumentation und Wiederbelebung der Netzwerkstruktur akquiriert werden, muss 2016 die Daten- und Biomaterialbank der Erwachsenen-Kohorte vernichtet werden.
- Die Dokumentation im Rahmen der Kinder- und Schwangeren-Kohorte wird fortgesetzt.