Gesine Meyer und Jörg Bojunga, Frankfurt- Gegengeschlechtliche Hormontherapie bei Transsexualität
Ziele der Hormontherapie sind eine möglichst weitgehende Suppression der unerwünschten sekundären Geschlechtsmerkmale des biologischen Geschlechtes und eine Ausbildung der Geschlechtsmerkmale des gewünschten, „psychischen“ Geschlechtes. Unter professioneller Betreuung weist sie ein akzeptables Risikoprofil auf.1
Voraussetzungen
Unabdingbare Voraussetzung zur Einleitung einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie ist das Vorliegen einer positiven schriftlichen Stellungnahme des behandelnden Psychiaters bzw. Psychotherapeuten. Eine psychotherapeutische Begleitung über mindestens 6-12 Monate, ein sogenannter Alltagstest („Real-life-Experience“) im gewünschten Geschlecht von mindestens 3-6 Monaten Dauer und eine realistische Einschätzung der somatischen Auswirkungen und der sozialen Folgen der gegengeschlechtlichen Hormontherapie werden für eine solche positive Indikation gefordert [Transsexuellengesetz]. Bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen wird die geschlechtsumwandelnde somatische Behandlung von den Krankenkassen finanziert.
Diagnostik vor Therapie
Da die Diagnose Transsexualität eine Geschlechtsidentitätsstörung auf dem Boden einer echten Intersexualität explizit ausschließt, wird vor Beginn der Therapie zum Ausschluss chromosomaler Aberrationen eine humangenetische zytogenetische Untersuchung (Karyogramm) gefordert. Inapparente strukturelle und numerische Aberrationen sind bei Transsexuellen wie in der Allgemeinbevölkerung Zufallsbefunde und stellen die Diagnose Transsexualität nicht in Frage.
Eine Bestimmung des aktuellen Hormonstatus sollte vor Beginn einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie erfolgen, um etwaige Störungen zu erfassen. Leichtgradige Abweichungen, wie z.B. eine leichte Erhöhung der Androgene, wie sie im Rahmen eines polyzystischen Ovarsyndroms vorkommen kann, oder ein kompensierter Hypogonadismus, sind nicht als ursächlich für die Geschlechtsidentitätsstörung anzusehen und stellen die Diagnose Transsexualität ebenfalls nicht in Frage.
Zur Erfassung möglicher – wenngleich selten absoluter – Kontraindikationen gegen eine gegengeschlechtliche Hormontherapie und zum Screening auf eventuell vorhandene Risikofaktoren unter einer hochdosierten Hormontherapie ist ein umfassendes prätherapeutisches Risikoscreening mit ausführlicher Eigen- und Fremdanamnese, körperlicher Untersuchung inklusive gynäkologischer bzw. urologischer Vorsorge und Bestimmung relevanter Blutwerte notwendig (Tab. 1). Dieses Screening dient auch zur Anpassung der geplanten Therapie an das individuelle Risikoprofil des Patienten.
Empfehlungen zum prätherapeutischen Screening [nach: 2,4] | |
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Eigenanamnese |
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Familienanamnese |
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Körperliche Untersuchung |
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Labor |
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Tab. 1
Kontraindikationen
Im Rahmen der prätherapeutischen Untersuchungen festgestellte Komorbiditäten (z.B. arterielle Hypertonie, Diabetes
mellitus, Epilepsie) müssen einer adäquaten Behandlung zugeführt werden und stellen bei guter Einstellung keine absolute
Kontraindikation gegen die Einleitung einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie dar.
Absolute Kontraindikationen gegen eine gegengeschlechtliche Hormontherapie [nach: 2,4] |
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Tab. 2
Absolute Kontraindikationen sind selten (Tab. 2). Prinzipiell ist eine Behandlung mit gegengeschlechtlichen Hormonen für transsexuelle Patienten so essentiell, dass im Einzelfall und in möglichst breitem Konsens mit allen Behandlern sowie nach ausführlicher Risikoaufklärung des Betroffenen der Hormonbehandlung auch bei Vorliegen von Kontraindikationen Priorität eingeräumt werden kann. Typisches Beispiel hierfür ist eine Beinvenenthrombose bei Immobilisierung in der Vorgeschichte mit negativem Thromobophiliescreening. Hier liegt zwar eine sogenannte absolute Kontraindikation vor, in der Nutzen-Schaden-Abwägung kann eine gegengeschlechtliche Hormontherapie mit Östrogenen ggf. dennoch durchgeführt werden, wenn die Patientin entsprechend aufgeklärt wurde und in Risikosituationen wie z.B. Langstreckenflügen eine prophylaktische Antikoagulation sichergestellt ist.
Suizide führen nach wie vor in der die Mortalitätsstatistik transsexueller Menschen.2 Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund und naturgemäß der Möglichkeit einer unkontrollierten Selbstmedikation mit Hormonen bei Vorenthalten einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie ist eine ausgewogene und mit dem Betroffenen ausführlich besprochene Lösung anzustreben.
Frau-zu-Mann
Die androgene Therapie erfolgt zumeist durch intramuskuläre Gaben von Testosteron, die zunächst mit einer reduzierten Dosis begonnen und bei guter Verträglichkeit dann in regelmäßigen Abständen fortgeführt wird. Depotpräparate (Testosteronundecanoat) ermöglichen längerfristig eine Applikation in Abständen von etwa 3 Monaten mit stabilen Hormonkonzentrationen und geringeren Schwankungen des Befindens. Alternativ ist eine transdermale Applikation in Form von Testosterongel möglich, das täglich aufgetragen werden muss. Orale Formulierungen unterliegen in hohem Maße dem First-Pass-Effekt in der Leber, führen somit zu nicht ausreichenden Konzentrationen und sollten nicht angewendet werden. Da nach längerer Androgentherapie eine irreversible Suppression der ovariellen Funktion auftritt erfolgt die Substitution mit Testosteron lebenslang, kann aber im Alter gegebenenfalls in der Dosis reduziert werden.
Zeitlicher Verlauf und Grenzen
Effekte und zeitlicher Verlauf einer virilisierenden Hormontherapie[nach: 3] | ||
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ungefährer Beginn |
ungefährer Zeitpunkt des maximalen Effektes |
Aussetzen der Regelblutung | 2-6 Monate | |
Tiefe Stimme | 3-12 Monate | 1-2 Jahre |
Vermännlichung des Körperbaus, Zunahme der Muskelmasse | 6-12 Monate | 2-5 Jahre (trainingsabhängig) |
Bartwuchs, Körperbehaarung | 3-6 Monate | 3-5 Jahre |
Klitoriswachstum | 3-6 Monate | 1-2 Jahre |
Tab. 3
Die Virilisierung setzt nach einigen Wochen bis Monaten nach Beginn der Testosterontherapie ein. Bis zum maximal erreichbaren Effekt vergehen aber in der Regel mehrere Jahre (Tab. 3). Die eingetretenen Veränderungen sind überwiegend irreversibel.
Die Aufklärung der Patienten sollte auch eine Klärung der Grenzen einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie mit
Testosteron beinhalten. Auch wenn die Aktivität des Mammaparenchyms abnimmt und das Gewebe atrophieren kann, kommt es
allenfalls zu einer geringen Abnahme der Brustgröße. Die häufig als störend empfundene Regelblutung setzt meist durch
die Testosteron-induzierte Suppression der Gonadotropine rasch aus, insbesondere bei intramuskulärer Testosterongabe.
Ist ein unmittelbares Aussetzen der Regelblutung für den Betroffenen von besonderer Wichtigkeit oder persistiert die
Regelblutung – was z.B. bei transdermaler Testosterongabe häufiger auftritt – kann eine vorübergehende Therapie mit
Gestagenen erwogen werden, z.B. in Form von Chlormadinon 2 mg/d.
Nebenwirkungen und Risiken
Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens unerwünschter Wirkungen der Medikation hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der Medikamentendosis, der Art der Medikation, dem Alter, vorbestehenden Erkrankungen, erblichen Faktoren und Lebensstilfaktoren. Die Patienten sollten umfassend über mögliche Risiken aufgeklärt und motiviert werden, durch Lebensstiländerungen ihr persönliches Risikoprofil zu senken.
Etwa bei einem Drittel der Patienten tritt insbesondere zu Beginn der Behandlung eine Akne auf, die in einigen Fällen auch nach Jahren persistiert. Eine androgenetische Alopezie tritt in der Regel erst nach Jahren auf und ist in ihrer Ausprägung genetisch determiniert. Die meisten Patienten nehmen einige Kilogramm an Gewicht zu, wobei ein Teil dieser Gewichtszunahme auf eine zunehmende Muskelmasse zurückgeführt werden kann. Zu Beginn der Testosterontherapie kommt es zu einer Libidosteigerung, gleichzeitig mit der einsetzenden Klitorishypertrophie. Dies kann als schmerzhaft empfunden werden. Auch sind emotionale Veränderungen, wie z.B. gesteigerte Aggressivität, möglich und sollten im Vorfeld mit dem Betroffenen besprochen werden.
Weitere relevante unerwünschte Wirkungen, auf die die Patienten regelmäßig untersucht werden sollten, sind eine Polyzythämie – insbesondere bei Gabe zu hoher Testosterondosen – ein Anstieg der Transaminasen sowie ein Anstieg der Blutfettwerte. Inwieweit die Gabe von Androgenen das kardiovaskuläre Risiko erhöht, ist letztlich nicht ganz geklärt. Sämtliche bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren sollten so weit möglich optimiert werden.
Für ein erhöhtes Risiko gynäkologischer Malignome unter Therapie mit Testosteron gibt es keine gesicherten Hinweise. Solange Uterus und Ovarien vorhanden sind, sind regelmäßige gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen nach den geltenden Leitlinien weiterhin unbedingt zu empfehlen.
Fertilität
Fragen der Fertilität sind nur für einen kleinen Teil der Patienten relevant, sollten aber im Aufklärungsgespräch unbedingt angesprochen werden. Die Gabe von Androgenen führt nach Wochen bis Monaten zu einer in aller Regel irreversiblen Suppression der ovariellen Funktion. Die gegengeschlechtliche Hormontherapie führt somit zu einer irreversiblen Infertilität. Eine Konservierung von Eizellen oder ovariellem Gewebe vor Beginn einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie ist in Deutschland nicht zulässig.
Mann-zu-Frau
Die Behandlung bei Mann-zu-Frau Transsexualität erfolgt durch die Gabe von Estradiol oral oder transdermal in Form von Pflaster- oder Gelapplikationen. Aufgrund des deutlich geringeren Nebenwirkungsprofils insbesondere in Hinblick auf thrombembolische Komplikationen sowie aufgrund der besseren Steuerbarkeit der Therapie durch die Möglichkeit von Konzentrationsbestimmungen wird heute eine Substitution mit 17ß-Estradiol durchgeführt. Die orale Therapie mit Ethinylestradiol, wie es zumeist in kombinierten oralen Kontrazeptiva enthalten ist, ist in diesem Kontext obsolet. Übliche Dosierungen sind 2-6 mg 17ß-Estradiolvalerat p.o/die oder 3-6 mg Estradiolgel/die bzw. 100 µg/24h zweimal wöchentlich als Pflaster. Das thrombembolische Risiko ist bei oraler Substitution etwas höher, so dass bei zusätzlichen Risikofaktoren einer transdermalen Applikationsform der Vorrang gegeben werden sollte.
In der Regel erfolgt die Behandlung anfänglich in Kombination mit einem Antiandrogen, zumeist Cyproteronacetat, in einer Dosierung von 25-100 mg täglich p.o. Mit zunehmender Suppression der endogenen Androgenproduktion durch die Estradiolsubstitution kann dieses Medikament im Verlauf meist dosis-reduziert und oft sogar ganz abgesetzt werden.
Nach Orchidektomie ist eine weitere antiandrogene Therapie naturgemäß nicht notwendig. Die Estradiolsubstitution erfolgt lebenslang und kann im Alter etwas dosisreduziert werden.
Für einen Nutzen durch eine zusätzliche Substitution mit Progesteron gibt es keine gesicherten Daten. Da jedoch ein möglicher Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Mammakarzinomen besteht, wird eine zusätzliche Gabe von Progesteron nicht empfohlen.3,4
Zeitlicher Verlauf und Grenzen
Effekte und zeitlicher Verlauf einer feminisierenden Hormontherapie[nach: 3] | ||
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| ungefährer Beginn | ungefährer Zeitpunkt des maximalen Effektes |
Brustwachstum | 3-6 Monate | 2-3 Jahre |
Verweiblichung des Körpers mit Umverteilung des Fettgewebes | 3-6 Monate | 2-5 Jahre |
Weicherwerden der Haut | 3-6 Monate |
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Rückgang der Körper- und Gesichtsbehaarung | 6-12 Monate | >3 Jahre |
Abnahme der Hodengröße | 3-6 Monate | 2-3 Jahre |
Abnahme von sexuellem Verlangen und Erektionen | 1-3 Monate | 1-2 Jahre |
Tab. 4
Die Feminisierung setzt nach einigen Wochen bis Monaten ein, bis zum maximal erreichbaren Effekt vergehen aber meist mehrere Jahre (Tab. 4). Die eintretenden Veränderungen sind überwiegend irreversibel.
Eine Aufklärung der Patientinnen über die Grenzen einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie ist notwendig. Größe und Form des männlichen Larynx sind nicht beeinflussbar, so dass die Hormongabe keinen Einfluss auf die Stimme haben kann. Bartwuchs und sekundäre Körperbehaarung nehmen ab, sind aber selten vollständig rückläufig, so dass zumeist eine Epilationstherapie notwendig wird. Die Hautbeschaffenheit ändert sich durch verminderte Aktivität der androgensensitiven Talgdrüsen. Nach Beginn der Östrogentherapie kommt es rasch zu einer Abnahme der Libido, morgendliche Erektionen treten seltener auf. Die Empfindlichkeit der Brustwarzen kann schmerzhaft gesteigert sein.
Nebenwirkungen und Risiken
Auch bei der feminisierenden Hormontherapie hängt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens unerwünschter Wirkungen der Medikation von verschiedenen Faktoren wie der Medikamentendosis, der Art der Medikation, dem Alter, vorbestehenden Erkrankungen, erblichen Faktoren und Lebensstilfaktoren ab. Die Patientinnen sollten umfassend über mögliche Risiken aufgeklärt und motiviert werden, durch Lebensstiländerungen ihr persönliches Risikoprofil zu senken.
Ein relevantes Risiko unter der Behandlung mit Estradiol besteht in der Entstehung thrombembolischer Erkrankungen, insbesondere wenn weitere Risikofaktoren (Übergewicht, Rauchen, Thrombophilien) vorliegen. Da das Risiko für venöse Thrombosen bei Patientinnen über 40 Jahren unter Einnahme von Ethinylestradiol gegenüber der Gabe von transdermalem 17ß-Estradiol 20fach erhöht ist1, sollten insbesondere Patientinnen mit bestehenden Risikofaktoren auf eine trandermale Therapie eingestellt und Ethinylestradiol ganz gemieden werden. Ein Screening auf Thrombophilien wird bei positiver Eigen- oder Familienanamnese empfohlen. Mindestens vier Wochen vor geplanten Operationen, insbesondere auch vor geschlechtsangleichenden Eingriffen, muss die Hormontherapie zur Senkung des Thrombembolierisikos pausiert werden und sollte erst bei vollständiger Mobilisation wieder begonnen werden.
Nicht selten tritt unter der Östrogentherapie eine Gewichtszunahme auf. Weitere relevante unerwünschte Wirkungen, auf die die Patientinnen regelmäßig hin untersucht werden sollten, sind ein Anstieg der Transaminasen und der Triglyceride. Inwieweit die Hormontherapie das kardiovaskuläre Risiko erhöht, ist letztlich nicht ganz geklärt. Sämtliche zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren sollten so weit als möglich optimiert werden.
Insbesondere bei hoher Estradioldosis kommt es häufiger zu leichten bis mäßigen Anstiegen der Prolaktinkonzentrationen, die toleriert werden können. Bei starken Erhöhungen muss die Estradioldosis angepasst werden und ggf. auch eine Bildgebung der Hypophyse zum Ausschluss eines Prolaktinoms erfolgen. Für ein erhöhtes Mammakarzinomrisiko unter Einnahme von Estradiol gibt es keine Hinweise. Mit Entwicklung der weiblichen Brust sollten regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen analog zu den geltenden Leitlinien der Mammakarzinomvorsorge erfolgen.
Fertilität
Unter der gegengeschlechtlichen Hormontherapie kommt es zu einer irreversiblen Hodenatrophie und Abnahme der Spermiogenese. Eine länger erfolgende Behandlung führt daher zu einer irreversiblen Infertilität. Diese Faktoren sollten vor Einleitung einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie angesprochen werden. Wenn der Wunsch nach leiblichen Kindern besteht, ist unter Umständen eine Kryokonservierung von Spermien vor Therapieeinleitung denkbar. Die Kosten hierfür werden von den Krankenkassen nicht übernommen. Da jeweils nur kleine Volumina kryokonserviert werden können, ist in aller Regel zum Erreichen einer Schwangerschaft eine intrauterine Insemination der Partnerin notwendig. Auch die Kosten dieses Verfahrens werden nicht übernommen, zudem ist eine Insemination bei gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland nicht zulässig.
Verlaufskontrollen
Verlaufskontrollen sollten unter gegengeschlechtlicher Hormontherapie in regelmäßigen Abständen erfolgen. Zu Beginn sind bis zur Dosisoptimierung meist Kontrollen in dreimonatigen Abständen sinnvoll, längerfristig sollte eine ärztliche Kontrolle alle 6-12 Monate erfolgen und auch nach Beendigung eventueller geschlechtsangleichender Operationen weiter fortgeführt werden. Im Rahmen der Verlaufskontrolle erfolgt eine Erhebung der bislang erreichten körperlichen Veränderungen sowie eventuell aufgetretener unerwünschter Wirkungen. Die Hormonwerte (LH, FSH, Estradiol, Testosteron) werden überprüft und die Substitution gegebenenfalls angepasst. Zudem sollten Abklärungen auf mögliche unerwünschte Wirkungen oder Risiken erfolgen, die eine körperliche Untersuchung und Bestimmung der entsprechenden Laborparameter beinhalten (Blutdruck, Körpergewicht, Lipidstatus, Leberwerte, Blutbild, bei feminisierender Therapie auch Prolaktin). Die Verlaufskontrolle sollte bei Transfrauen auch jährliche Untersuchungen der Mamma nach den geltenden Vorsorgeleitlinien beinhalten sowie nach Durchführung geschlechtsangleichender Operationen eine gynäkologische Verlaufskontrolle. Zumindest bis zur Durchführung einer Ovariektomie und Hysterektomie ist auch Transmännern eine regelmäßige gynäkologische Vorsorge nach den üblichen Richtlinien zu empfehlen.
Zusammenfassung
Die gegengeschlechtliche Hormontherapie stellt einen wesentlichen Teil der Behandlung transsexueller Menschen dar. Sie sollte angesichts der weitreichenden Konsequenzen nur bei Erreichen aller notwendigen Voraussetzungen im Konsens mit dem behandelnden Psychiater bzw. Psychotherapeuten und nach ausführlicher, idealerweise schriftlich dokumentierter Aufklärung des Patienten eingeleitet werden. Vor Therapiebeginn sollte ein umfangreiches Screening auf etwaige Risikofaktoren erfolgen und Komorbiditäten sollten adäquat behandelt werden. Bei sorgfältiger Beachtung dieser notwendigen Vorsichtsmaßnahmen weist die gegengeschlechtliche Hormontherapie ein akzeptables Risikoprofil auf, die Betroffenen haben eine mit der allgemeinen Bevölkerung vergleichbares Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko.
Insbesondere zeigen mehrere Studien jedoch, dass die gegengeschlechtliche Hormontherapie überwiegend positive Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen hat und zu einer sozialen und psychischen Stabilisierung beiträgt.
1 Van Kesteren PJM et al. Mortality and Morbidity in Transsexual Subjects Treated with Cross-Sex Hormones. Clin Endocrinol 1997; 47: 337-42
2 Van Trosenburg MAA; Cohen EMR, Noe M. Die hormonelle Behandlung transsexueller Patienten. J. Reproduktionsmed. Endokrinol 2004; 1(3): 171-83
3 WPATH. Standards of Care for the Health of Transsexual, Transgender, and Gender Nonconforming People. 7th Version 2011, www.wpath.org
4 Hembree WC et al., Endocrine Treatment of Transsexual Persons: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2009; 94 (9): 3132-54