Interview mit Prof. Jürgen Rockstroh, Bonn
Therapie wie bei HCV-Monoinfizierten
Empfohlen wird bei Koinfizierten mit Genotyp 1 die Sofosbuvir-basierte Tripletherapie über 12 Wochen. Gibt es dafür überhaupt Daten?
Prof. Rockstroh: Hierzu gibt es eine kleine Pilotstudie aus Puerto Rico mit 23 Patienten, meist mit Genotyp 1, aber auch mit anderen Genotypen. Die SVR-Rate lag hier bei 91%. In der PHOTON-Studie, in der Koinfizierte 24 Wochen lang Interferon-frei mit Sofosbuvir/Ribavirin behandelt wurden, betrug die SVR-Rate bei GT1 76%. Dies entspricht auch den Erfahrungen bei Monoinfizierten. Alle Studien mit den neuen DAAs zeigen ein vergleichbares Ansprechen von Mono- und Koinfizierten. Daher empfehle auch ich, Koinfizierte mit Genotyp 1 wegen der höheren Heilungschancen mit Interferon zu behandeln – sofern keine Kontraindikation besteht. Eine Therapie ohne Ribavirin ist bei Genotyp 2 bei einer SVR-Rate von 88% vertretbar.
Brauchen wir dann überhaupt noch Studien an Koinfizierten?
Prof. Rockstroh: Eigentlich nicht, wenn die HIV-Infektion kein Ausschlusskriterium mehr für die Teilnahme an einer Hepatitis C-Studie darstellen würde. Wichtig ist aber hervorzuheben, dass immer auf mögliche Interaktionen zwischen HIV- und HCV-Medikamenten zu achten ist. Wünschenswert sind außerdem Behandlungsdaten bei schwieriger zu behandelnden Patienten, also Patienten mit Zirrhose und früheren Nonresponder.
Was tun bei akuter Hepatitis C?
Prof. Rockstroh: Die neuen DAAs sind nicht zur Behandlung der akuten Hepatitis C zugelassen. Daher kann man diese auch nicht aktiv empfehlen. In Deutschland läuft bei der akuten Hepatitis C gerade die CHAT-Studie, in der eine Telaprevir-basierte Tripletherapie mit der dualen Behandlung verglichen wird. Zudem sind zwei Studienprotokolle mit neueren DAAs derzeit im Review. Hier sehe ich einen Weg zu „Treatment for Prevention“. Möglicherweise gelingt es uns, durch die frühe Behandlung die HCV-Epidemie einzudämmen.
Ab wann gilt die HCV-Infektion als chronisch, so dass man Sofosbuvir einsetzen kann?
Prof. Rockstroh: Die Hepatitis ist chronisch, wenn sie mehr als sechs Monate besteht. Nicht definiert ist allerdings die Nachweismethode. Es müssen nicht immer eine positive HCV-PCR oder positive HCV-Antikörper sein. Erstmalig erhöhte Leberwerte können auch als Zeichen des Beginns der Hepatitis gewertet werden.
Wann wird es europäische Empfehlungen geben?
Prof. Rockstroh: Daran wird schon gearbeitet und die Empfehlungen werden voraussichtlich im April publiziert. In unseren Empfehlungen werden wir übrigens auch weitere klinisch wichtige Aspekte thematisieren, z.B. die Frage, bei wem warten, bei wem starten?