Interview Mit Rechtsanwalt Jacob Hösl, Köln
Medikamente im Ausland bestellen? Lieber nicht
Kann
man HIV-Medikamente zur PrEP bei ausländischen Billiganbietern
online bestellen?
Ausnahmen vom Einfuhrverbot für Medikamente
Ausnahmen vom Verbringungsverbot
Vom Verbringungsverbot nach §73 Abs. 1 AMG gibt es zahlreiche Ausnahmen, von denen
nachfolgend die wichtigsten genannt sind:
Ausnahmen gemäß §73 Abs. 2 AMG
Ausnahmen gemäß §73 Abs. 2 AMG bestehen insbesondere
für Arzneimittel, die durch Deutschland unter zollamtlicher Überwachung durchgeführt werden (Versandverfahren) oder in ein Zolllagerverfahren oder eine Freizone des Kontrolltyps II überführt werden oder in eine Freizone des Kontrolltyps I oder in ein Freilager verbracht werden;
für Arzneimittel, die bei der Einreise nach Deutschland in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge eingebracht werden. Als üblicher persönlicher Bedarf ist nach Auslegung der Obersten Landesgesundheitsbehörden in der Regel ein Bedarf von maximal drei Monaten, unter Berücksichtigung der Dosierungsempfehlungen, anzusehen;
für Arzneimittel, die zum Gebrauch oder Verbrauch auf Seeschiffen bestimmt sind und an Bord der Schiffe verbraucht werden;
für Arzneimittel, die in Verkehrsmitteln mitgeführt werden und ausschließlich zum Gebrauch oder Verbrauch der durch diese Verkehrsmittel beförderten Personen bestimmt sind;
für Arzneimittel, die durch Bundes- oder Landesbehörden im zwischenstaatlichen Verkehr bezogen werden.
Quelle www.zoll.de
RA Hösl: Im Internet wird hier nicht das Original Truvada® angeboten, sondern generische Medikamente mit den gleichen Inhaltsstoffen. Diese Generika sind in Deutschland nicht zugelassen. Die Einfuhr von nicht zugelassenen Arzneimitteln nach Deutschland ist nur mit Genehmigung möglich. Zunächst braucht der Hersteller eine Genehmigung für Einfuhr und Vertrieb. Da es sich bei Truvada® um ein patentgeschütztes Medikament handelt, gibt es keine solche Genehmigung. Zum anderen ist das Medikament Rezeptpflichtig. Zur Einfuhr für den persönlichen Gebrauch braucht man ein entsprechendes Rezept aus dem Land, aus dem das Medikament eingeführt wird.
Was passiert, wenn man Truvada® online im Ausland bestellt und dann am Zoll abholt. Wird man da gleich verhaftet?
RA Hösl: (lacht) Nein, so schnell geht das nicht, obwohl es verboten und unter Umständen auch strafbar ist. In der Regel wird die Sendung angehalten und beschlagnahmt. Dann folgt ein Brief vom Zoll oder der zuständigen Staatsanwaltschaft, in dem der Verdacht geäußert wird, dass man illegale Arzneimittel eingeführt hat und dann kann man sich dazu äußern. Häufig ist eine Einstellung des Verfahrens möglich, aber das Medikament ist auf jeden Fall weg.
Im
Internet versprechen manche ausländischen Online-Anbieter, dass sie
beim Versand „Bescheinigungen“ bei-
legen, die die Einfuhr
legalisieren.
RA Hösl: Es kann sein, dass im Ausland ärztliche Verordnungen für online-Kunden ausgestellt werden. Dies macht die Einfuhr aber nicht legal.
In manchen Ländern, z.B. England, scheint die Einfuhr von generischen Medikamenten nicht so erschwert wie in Deutschland. Kann man sich die Medikamente von einem Freund, der dort wohnt, schicken lassen?
RA Hösl: Man kann sich seine eigenen Medikamente, die man z.B. bei einem Freund vergessen hat, nachschicken lassen. Das ist legal sofern dies auch den Tatsachen entspricht und eine ärztliche Verordnung beiliegt.
Dann bleibt noch die Reise nach Indien, wenn man eine bezahlbare PrEP bekommen möchte?
RA Hösl: (lacht) Ja, das ist eine Option, denn man darf Medikamente für den persönlichen Gebrauch bei der Einreise nach Deutschland mit sich führen. Allerdings Vorsicht: Mehr als ein dreimonatiger Bedarf ist nicht erlaubt!