Diphtherie
30. April 2025
Das RKI meldet: Aktuelle Genomsequenzanalysen geben Hinweise auf einen deutschlandweiten Ausbruch von Diphtherie mit Corynebacterium diphtheriae vom Sequenztyp ST-574. Betroffen sind insbesondere vulnerable Bevölkerungsgruppen, darunter geflüchtete Menschen, Menschen in Wohnungslosigkeit, Menschen, die Drogen konsumieren, Ungeimpfte sowie ältere, vorerkrankte Personen. Aufgrund der neuen Erkenntnisse möchte das RKI dafür sensibilisieren, dass Diphtherie wieder vermehrt auftritt, sowohl in Form einer Hauptdiphtherie als auch als respiratorische Diphtherie.
Der Sequenztyp ST-574 wurde in Deutschland erstmals im Herbst 2022 im Rahmen eines europaweiten Ausbruchs importierter Diphtherie identifiziert, bei dem Menschen betroffen waren, die geflüchtet und neu in Deutschland ankommen waren.
Im Vergleich zu den Diphtherie-Fällen in den vergangenen Jahren ist auffällig, dass:
(i) mittlerweile auch weitere vulnerable Bevölkerungsgruppen und nicht mehr ausschließlich geflüchtete Menschen betroffen sind;
(ii) es vermehrt Fälle von respiratorischer Diphtherie gibt, die zum Teil auch schwer oder tödlich verlaufen;
(iii) die Übertragungen innerhalb Deutschlands, also autochthon erfolgt sind.
Maßnahmen
Medizinischem Personal, diagnostischen Laboren und Mitarbeitenden im öffentlichen Gesundheitsdienst werden zunächst folgende Maßnahmen empfohlen:
Es sollte bedacht werden, dass in Wunden Mischkulturen vorkommen können, also z. B. auch bei Nachweis von Erregern wie A-Streptokokken und Staphylococcus aureus zusätzlich toxigene und nicht-toxigene Stämme von Corynebacterium diphtheriae vorliegen können. Deswegen sollte in jedem Fall nach dem kulturellen Nachweis auch eine weitere Diagnostik erfolgen. So sollten Labore mittels PCR auf das Vorhandensein des Diphtherie-Toxin-Gens untersuchen.
- Bei Labormeldungen von Corynebacterium diphtheriae mit Nachweis für das Diphtherie-Toxin-Gen sollte eine weitere, kostenfreie Diagnostik am Konsiliarlabor für Diphtherie (LGL Bayern) veranlasst werden.4
- Bei ärztlichen Verdachtsdiagnosen sollte sichergestellt werden, dass – vor Beginn einer Antibiotikatherapie – sowohl tiefe Rachenabstriche als auch Hautabstriche abgenommen werden.
- Bei bestätigten Diphtherie-Fällen sollten Maßnahmen gemäß dem RKI-Ratgeber durchgeführt werden, u. a. die Identifikation von engen Kontaktpersonen.5 Bei der Planung und Umsetzung der Maßnahmen sollte die jeweilige Lebenssituation berücksichtigt werden; hierbei empfiehlt es sich, z. B., mit den Einrichtungen der Drogenhilfe, Wohnungslosenhilfe und Einrichtungen für geflüchtete Menschen eng zusammenzuarbeiten. Dabei helfen auch zwei RKI-Empfehlungen: die Hinweise zum Management von Ausbrüchen in Gemeinschaftsunterkünften6 und die Hinweise zum Infektionsschutz im Kontext Wohnungslosigkeit.7
- Der Impfstatus der betroffenen Personen und engen Kontaktpersonen sollte erhoben werden. Bei einem unbekannten oder unvollständigen Impfschutz sollten Impfungen gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) angeboten werden. Erkrankte Personen sollte nach Genesung eine Impfung erhalten. Enge Kontaktpersonen sollten eine einmalige Impfung gegen Diphtherie erhalten, sofern die jüngste Diphtherie-Auffrischungsimpfung mehr als fünf Jahre zurückliegt; bei unvollständiger oder fehlender Grundimmunisierung sollte diese vervollständigt bzw. begonnen werden.
- Bei Migrantinnen und Migranten sowie Asylsuchenden nach ihrer Ankunft in Deutschland sind die gesonderten STIKO-Empfehlungen im Konzept zur Umsetzung frühzeitiger Impfungen bei Asylsuchenden nach Ankunft in Deutschland besonders zu beachten. Die Diphtherie-Impfung gehört dabei zum priorisierten Impfangebot.8
Epidemiologisches Bulletin 18/25