Robert Koch InstituteNeue HIV-Medikamente in der ClinSurv-Kohorte

Im Vergleich zu den bisher zur Verfügung stehenden antiretroviralen Medikamenten ist die Verwendung der neuen und der sog. „second generation“ Wirkstoffe (Raltegravir, Maraviroc und Etravirin) in der ClinSurv-Kohorte zwischen Januar 2007 und Dezember 2008 (noch) sehr gering. Doch zeigte sich, dass die Anwendung dieser Substanzen gerade bei den bereits seit langer Zeit antiretroviral vorbehandelten „Salvage“-Patienten erfolgversprechend zu sein scheint.

In der HIV-Therapie stehen seit einiger Zeit  neue vielversprechende antiretrovirale Medikamente zur Verfügung. Es handelt sich dabei um Raltegravir, den ersten Vertreter der Klasse der Integrasehemmer, den sog. „second-generation“-NNRTI (Nicht-Nukleosidaler Reverse-Transkriptaseinhibitor) Etravirin und den CCR5-Korezeptorantagonisten Maraviroc. Diese Medikamente sind seit Beginn des Jahres 2007 zunächst im Rahmen des Early Access Programms (EAP) und später im Zuge der regulären Zulassung auf dem deutschen Markt verfügbar. Die ClinSurv-Kohorte am Robert Koch-Institut besteht seit 1999 und ist eine prospektive multizentrische Beobachtungsstudie, an der sich bundesweit 13 HIV-Kliniken beteiligen. Zwischen 1999 und 31.12.2008 wurden insgesamt 14.382 HIV-positive Patienten in die Kohorte eingeschleust. Neben den demographischen Daten der Patienten werden halbjährlich die immunologischen und virologischen Parameter sowie Daten zur antiretroviralen Therapie (ART), HIV-assoziierte und AIDS-definierende Erkrankungen erfasst. ART-Regime mit den neuen Substanzen werden berücksichtigt, sobald diese erstmalig nach dem EAP-Stichtag verabreicht wurden.

Abb.: Anteil verwendeter Ressourcen innerhalb der unterschiedlichen Medikamentenklassen NRTI, NNRTI und PI bei Einsatzbeginn von Raltegravir (RAL), Maraviroc (MVC) und Etravirin (ETR)  Quelle: RKI
Abb.: Anteil verwendeter Ressourcen innerhalb der unterschiedlichen Medikamentenklassen NRTI, NNRTI und PI bei Einsatzbeginn von Raltegravir (RAL), Maraviroc (MVC) und Etravirin (ETR)
Quelle: RKI

Anteil neuer Substanzen: 2,3%

In dem hier analysierten Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 386 Patienten mit den neuen antiretroviralen Medikamenten behandelt. Der weitaus größte Teil (n=292) der Patienten erhielt ein Raltegravir-haltiges Regime. Maraviroc und Etravirin wurden in geringerem Umfang eingesetzt (Maraviroc n= 86, Etravirin n= 99). Im Zeitraum zwischen Januar 2007 und Dezember 2008 verfügt das ClinSurv-Gesamtkollektiv über einen Beobachtungszeitraum von insgesamt 10.925 Patientenjahren. Auf die neuen Substanzen fallen in dieser Zeit vergleichsweise nur 2,3 % dieser beobachteten Patientenjahre (252/10.925). Die Patienten wurden im Mittel acht Monate mit einer der neuen Substanzen behandelt.

Hauptsächlich  Salvage-Therapie

Insgesamt 88 der 386 Patienten (23%) setzten eines dieser neuen Medikamente ein, obwohl ihre Viruslast erfolgreich unterhalb der Nachweisgrenze von 50 Kopien/ml lag. Fünf Patienten wurden in der Firstline-Therapie damit behandelt, obwohl diese Substanzen weitgehend für vorbehandelte Patienten zugelassen sind. Bei den verbleibenden Patienten, die in dem Zeitraum mit neuen Substanzen behandelt wurden, lag die mediane Viruslast bei Therapiebeginn bei 5.316 Kopien/ml und die mediane CD4-Zellzahl bei 323 Zellen/µl. Der größte Teil der Patienten war bereits mit einer ganzen Reihe antiretroviraler Medikamente vorbehandelt. Der mediane kumulierte Substanzeinsatz vor Therapiewechsel lag für Raltegravir bei 9, für Maraviroc bei 8 und für Etravirin bei 11 Einzelsubstanzen.

Offensichtlich haben die Patienten, bei denen auf ein Etravirin-haltiges Regime umgestellt wurde, den größten Verbrauch an vorangegangenen Ressourcen. Die Hälfte dieser Patienten wurde im Vorfeld mit fast allen NRTI- und PI-Einzelsubstanzen behandelt, die zu der Zeit zur Verfügung standen. Der Umstand, dass bei 25% aller neu eingesetzten Substanzen, insbesondere beim Etravirin, in den vorangegangenen Regimes kein NNRTI verwendet wurde, darf daher nicht überbewertet werden (Abb. 1). Die bekannte Behandlungsdauer vor einem Wechsel zu neuen Medikamenten betrug im Mittel 112 Monate (Raltegravir: 115 Monate, Maraviroc: 99 Monate, Etravirin: 122 Monate). Vorzugsweise wurde, dies gilt insbesondere für Etravirin-haltige Regime, der Proteaseinhibitor Darunavir als Kombinationspartner eingesetzt.

Der Therapieerfolg mit den neuen Substanzen gestaltet sich gut. Sechs Monate nach Behandlungsbeginn mit Raltegravir, Maraviroc und Etravirin stellte sich bei 62% der Patienten (91/147), die zu Beginn des Therapiewechsels nicht unter der Nachweisgrenze lagen, ein Therapieerfolg ein. Bei den Patienten, die keinen Therapieerfolg zeigten, lag die mediane Viruslast nur geringfügig über der Nachweisgrenze (Median 171 Kopien/ml).


Ausgabe 3  - 2009Back

Meldungen

  • Harnwegsinfektion

    20. November 2024: Carbapenem in den USA für unkomplizierte Harnwegsinfekte zugelassen weiter

  • Erektile Dysfunktion

    19. November 2024: Sildenafil jetzt auch als Spray weiter

  • Influenza

    04. November 2024: MF-59 adjuvantierter Influenza-Impfstoff auch für Ältere empfohlen weiter

  • Could not find template blocks/infocenter-ad.htm
  • Mykose

    04. November 2024: C. auris-Screening bei Aufnahme weiter

  • MPOX

    04. November 2024: Tecovirimat-Resistenz in USA weiter

  • Newletter online

    Jeden Monat akutelle Informationen rund ums Thema HIV und sexuell übertragbare Erkrankungen.

    Für Ärzt_innen, Menschen mit HIV und alle Interessierten.

    Anmeldung hier

  • Tuberkulose

    30. Oktober 2024: N-Acetylcystein kein Nutzen bei Eradikation, bessert aber Lungenfunktion weiter

  • Influenza

    28. Oktober 2024: RKI meldet wöchentlich Viruslast im Abwasser weiter

  • Robert Koch-Institut

    28. Oktober 2024: Neuer STIKO-Vorsitzender: Prof. Reinhard Berner weiter

  • MPOX

    28. Oktober 2024: Erster Fall der neuen MPOX-Variante in Deutschland weiter

  • E. coli

    28. Oktober 2024: Kolibakterien bei McDonald´s weiter

  • HIV

    22. Oktober 2024: Nierentransplantation HIV zu HIV sicher weiter

  • Leberkrebs

    21. Oktober 2024: Immun-Typen können Therapieerfolg beeinflussen weiter

  • MERS

    21. Oktober 2024: Impfstoff in Phase Ib sicher und wirksam weiter

  • Impfung

    19. Oktober 2024: Paul-Ehrlich-Institut wertet Nebenwirkungen von 100 Millionen Impfungen aus weiter

  • Virologie

    16. Oktober 2024: Neues Hochsicherheitslabor für die Marburger Virologie weiter

Ältere Meldungen weiter

Diese Website bietet aktuelle Informationen zu HIV/Aids sowie zur HIV/HCV-Koinfektion. Im Mittelpunkt stehen HIV-Test, Symptome und Auswirkungen der HIV-Infektion, Behandlung der HIV-Infektion, HIV-Medikamente mit Nebenwirkungen und Komplikationen, Aids, Hepatitis B und C. Ein Verzeichnis der Ärzte mit Schwerpunkt HIV ergänzt das Angebot.