HIV
& Schwangerschaft
Schlangenbad bringt Experten zusammen
Am 25. und 26. Januar 2013 richtete das HIV-Center des Klinikums der JW Goethe Universität Frankfurt am Main die 13. Fachtagung HIV und Schwangerschaft aus. Die Veranstaltung, die traditionell immer am letzten Januarwochenende in Schlangenbad stattfindet, war auch in diesem Jahr wieder von ihrem interdisziplinären Charakter geprägt. HIV-Behandler, Frauenärzte, Pädiater, Virologen, Pharmakologen sowie Vertreter psychosozialer Disziplinen und der Communities kamen in Schlangenbad zusammen, um gemeinsam Themen von der Kinderwunschberatung bis hin zur Betreuung von Adoleszenten mit HIV zu bearbeiten.
Zum Einstieg in die Veranstaltung zeigte Ulrich Marcus vom Robert Koch-Institut (RKI) auch in diesem Jahr wieder die aktuellen Zahlen zur Mutter-Kind-Übertragung von HIV in Deutschland. Insgesamt zehn Fälle vertikaler Transmission wurden 2012 an das RKI gemeldet, wobei das Geburtsjahr von fünf Kindern vor dem Jahr 2012 lag. In fünf der zehn gemeldeten Fälle kann eine unzureichende bzw. keine Prophylaxe trotz bekannter HIV-Infektion der Mutter als Ursache der vertikalen Transmission angenommen werden. In den übrigen Fällen war bei der Schwangeren offensichtlich kein HIV-Test durchgeführt worden. Vor diesem Hintergrund wurde noch einmal die Bedeutung der Testung im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge deutlich. Nach Schätzungen des RKI werden heute in Deutschland etwa 95% aller Schwangeren auf HIV getestet.
PMTCT: Unterschiedliche Leitlinien in Europa
Lebhafte Diskussionen zeichnen die Veranstaltung aus: U. Marcus vom RKI und K. Aebi-Popp aus Dublin
Karoline Aebi-Popp aus Dublin verglich in ihrem Beitrag die unterschiedlichen nationalen Guidelines zum Management HIV-positiver Schwangerer in Europa. Obwohl alle diese Leitlinien auf derselben Evidenz basieren, kommen sie durchaus zu unterschiedlichen Empfehlungen. So variiert beispielsweise der Zeitpunkt für den Beginn der antiretroviralen Prophylaxe in der Schwangerschaft. Hierzu gibt es allerdings auch keine Daten aus randomisierten Studien, sondern lediglich aus retrospektiven Kohortenanalysen. Das Problem fehlender Daten aus klinischen Studien zieht sich wie ein roter Faden durch die Thematik der PMTCT. Vor diesem Hintergrund betonte Aebi-Popp die Notwendigkeit von europäischen Netzwerken, die es ermöglichen, nationale Daten gemeinsam auszuwerten.
TBC in der Schwangerschaft: Steigende Zahlen
Beate Kampmann aus London zeigte in Schlangenbad neueste Daten zur Tuberkulose bei HIV-positiven Schwangeren. Während die TBC früher hauptsächlich eine Erkrankung des älteren Menschen war, ist heute vor allem die Gruppe der unter 30-Jährigen betroffen. Bei Frauen im gebärfähigen Alter steht die Tuberkulose bei den Todesursachen weltweit an dritter Stelle. Die Diagnose der TBC gestaltet sich in der Schwangerschaft schwierig, da die betroffenen Frauen häufig asymptomatisch sind bzw. nur unspezifische Symptome zeigen. Dies führt oft zu einer verzögerten Diagnosestellung, zumal Röntgenuntersuchungen in der Schwangerschaft nur zurückhaltend angesetzt werden. In England wird deshalb inzwischen als TBC-Screening für alle HIV-positiven Schwangeren eine Sputumuntersuchung empfohlen. Unabhängig von unterschiedlichen Empfehlungen zum Screening sei es, so Kampmann, angesichts steigender Zahlen von Tuberkulose bei HIV-positiven Schwangeren wichtig, an die Möglichkeit einer solchen Infektion zu denken und im Verdachtsfall schnell eine adäquate Diagnostik durchzuführen.
HIV und Stillen
Schwerpunkt Tuberkulose: Beate Kampmann aus London
Mit großem Interesse wurde ein von der Frankfurter Arbeitsgruppe DreiFACH+, vorgetragener Fall einer HIV-positiven Mutter diskutiert, die ihr Kind unter antiretroviraler Therapie fünf Monate gestillt hatte. Dies ist der erste Fall seiner Art, über den in Deutschland berichtet werden konnte. Im Kontext wurden medizinische, ethische und juristische Aspekte der modernen PMTCT erörtert. So ging es auch um Fragen zum Management von Adhärenzproblemen bei HIV-positiven Schwangeren und die Beratung diskordanter Paare hinsichtlich ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Jacob Hösl, auf Rechtsfragen zu HIV spezialisierter Anwalt, beteiligte sich an der Podiumsdiskussion, bei der Barbara Bertisch auch die aktuelle Veränderung der Schweizer Rechtslage bei HIV-Strafverfahren erörterte.
Internationales Forum
Podiumsdiskussion mit G. Knecht, R. Linde, B. Bertisch, Jacob Hösl, A. Reitter und A. Haberl (v.l.n.r.)
Die Fachtagung HIV und Schwangerschaft hat sich in den letzten Jahren von einem nationalen Meeting zu einer international beachteten Veranstaltung entwickelt. Dies spiegeln auch die zahlreichen Referenten aus europäischen Zentren wider, die jedes Jahr gerne nach Schlangenbad kommen und neben dem hohen wissenschaftlichen Niveau auch immer die besondere Atmosphäre der Veranstaltung hervorheben.
Schlangenbad 2013: Gruppenbild im Schnee
Die nächste interdisziplinäre Fachtagung HIV und Schwangerschaft findet am 31.Januar und 1. Februar 2014 statt.
Schirmherrschaft: DAIG, DAIG-Sektion AAWS, DAGNÄ, Kompetenznetz HIV/AIDS
Weitere Informationen zur Veranstaltung: E-Mail: annette.haberl@hivcenter.de