Aktualisierte ART- und Schwangerschaftsleitlinie
DAIG: Neue Therapieleitlinien verabschiedet

Die DAIG-Mitglieder haben Ende Juni 2014 auf dem KIT in Köln die von der dazu beauftragten Arbeitsgruppe aktualisierten Empfehlungen zur antiretroviralen Therapie Erwachsener als Leitlinie der Deutschen AIDS-Gesellschaft verabschiedet. Die Arbeitsgruppe wurde vom Leitlinienbeauftragten der DAIG, Hans-Jürgen Stellbrink, koordiniert.

Therapiebeginn

Hans-Jürgen Stellbrink erläutert auf der DAIGMV die aktualisierten ART-Leitlinien
Hans-Jürgen Stellbrink erläutert auf der DAIGMV die aktualisierten ART-Leitlinien
©Foto: Annette Haberl

Für die Initialtherapie asymptomatischer Patientinnen und Patienten wird weiterhin ein Therapiebeginn bei spätestens 350 CD4-Zellen empfohlen. Bei CD4-Werten zwischen 350 und 500 soll eine ART erfolgen, wenn Zusatzkriterien gegeben sind. Solche Zusatzkriterien sind: hohe Plasmavirämie (>100.000 RNA-Kopien/ml), chronische Hepatitis B oder C, höheres Lebensalter (>50 Jahre), rascher Abfall der CD4-Zellen und Reduktion der Infektiosität. Aber auch ohne das Vorliegen von Zusatzkriterien kann eine ART bereits bei 350 bis 500 CD4-Zellen erfolgen. Oberhalb von 500 CD4-Zellen lässt sich derzeit keine eindeutige Therapieindikation festmachen; eine ART ist hier jedoch beim Vorliegen von Zusatzkriterien vertretbar.

Therapieregime

Für die Initialtherapie der HIV-Infektion wird empfohlen, eine Nuleosid-/Nukleotidkombination mit einem nicht-nukleosidaler Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI), einem geboosterten Proteasehemmer (PI/r) oder einem Integraseinhibitor (INI) zu kombinieren. Bevorzugte Kombinationen für den Nuc-Backbone sind Tenofovir/Emtricitabin und Abacavir/Lamivudin. Bevorzugte NNRTI‘s: Efavirenz, Nevirapin und Rilpivirin. Bei den PI´s werden Atazanavir/r, Darunavir/r und Lopinavir/r empfohlen. Aus der Gruppe der Integraseinhibitoren können Dolutegravir, Raltegravir und Elvitegravir/c (+TDF/FTC) in der Initialtherapie eingesetzt werden. Alternativen zu den bevorzugt empfohlenen Substanzen sowie weiterführende Kommentare zu Kombinationen und Einzelsubstanzen finden sich im Volltext der Leitlinie unter www.daignet.de.




Leitlinie zur HIV-Therapie in der Schwangerschaft

Neben der ART-Leitlinie wurde auf der DAIG-Mitgliederversammlung in Köln auch die überarbeitete Leitlinie zur HIV-Therapie in der Schwangerschaft und bei HIV-exponierten Neugeborenen verabschiedet. Die Arbeitsgruppe der Schwangerschaftsleitlinie wurde von der Sprecherin der DAIG-Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe, Andrea Gingelmaier, koordiniert.

Therapiebeginn

Für HIV-positive Schwangere ohne eigene Behandlungsindikation wird ein Beginn der antiretroviralen Transmissionsprophylaxe zwischen der Schwangerschaftswoche 13+0 und 24+0 empfohlen. Eine Schwangere mit eigener Behandlungsindikation, aber noch ohne Therapie sollte, wenn möglich, erst mit Beginn der 14. Schwangerschaftswoche anbehandelt werden. Frauen, die unter einer laufenden HIV-Therapie schwanger werden, sollten jedoch nach Möglichkeit keine Therapiepause in der Frühschwangerschaft einlegen. Eine Therapiemodifikation aufgrund der Schwangerschaft kann im Einzelfall sinnvoll sein. Liegt die mütterliche Viruslast vor der Geburt des Kindes unter der Nachweisgrenze von 50 Kopien/ml ist eine vaginale Geburt der empfohlene Entbindungsmodus. Bei vollständig supprimierter mütterlicher Viruslast entfällt die intrapartale i.v.-Gabe von Zidovudin. Die risikoadaptierte Post-Expositionsprophylaxe für das HIV-exponierte Neugeborene wird beibehalten.

Therapieregime

Sowohl für die Initialtherapie HIV-positiver Schwangerer als auch für die antiretrovirale Transmissionsprophylaxe werden bevorzugt Kombinationen aus zwei NRTI mit einem PI/r oder NNRTI empfohlen. Die meisten Erfahrungen in der Schwangerschaft bestehen im PI-Bereich für Lopinavir/r und Atazanavir/r, bei den NNRTI´s für Nevirapin. Efavirenz sollte zumindest im ersten Trimenon wegen einzelner Fallberichte über zerebrale Fehlbildungen intrauterin exponierter Kinder nicht eingesetzt werden.

Um mehr Daten zur Effektivität und Sicherheit antiretroviraler Substanzen in der Schwangerschaft zu erhalten, sollte der Verlauf aller Schwangerschaften und das Outcome der exponierten Kinder im Schwangerschaftsregister der Deutschen AIDS Gesellschaft dokumentiert werden. Die Kinder können darüber hinaus in die Kinderkohorte der Pädiatrischen Arbeitsgemeinschaft AIDS (PAAD) eingeschlossen werden. Nähere Informationen zur Teilnahme unter www.daignet.de

Annette Haberl, Frankfurt

Ausgabe 3 - 2014Back

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