Croi 2015 Seattle, Washington, 23.-26.Februar 2015
PrEP here, PrEP there, PrEP everywhere
Abb. 1 Maturasehemmer BMS-955176. Medianer Abfall der Viruslast
Die Pipeline an neuen HIV-Medikamenten ist keineswegs prall gefüllt, aber es gibt doch einige vielversprechende neue Entwicklungen. Der Maturasehemmer BMS-955176 ist der zweite Vertreter dieser Substanzklasse. Angriffspunkt ist das Gag-Protein, das für den letzten Schritt der Virusreifung verantwortlich ist. Anders als sein Vorgänger Bevirimab deckt die neue BMS-Stubstanz ein breiteres Spektrum von Gag-Polymorphismen ab, ist potenter und scheint vor allem auch verträglicher zu sein. In einer ersten Dosisfindungsstudie führte BMS-955176 über 10 Tage zu einem kontinuierlichen Abfall der Viruslast um bis zu -1,7 log, der noch eine Woche nach Absetzen anhielt (Abb. 1) (Hwang C et al., #114LB). Weiter in der Entwicklung fortgeschritten ist BMS-663068 (Fostemsavir), der erste Attachment Inhibitor, der die Bindung von HIV-gp120 bei CCR5-, CXCR4-tropen und dual tropen Viren hemmt. In einer noch laufenden Phase-2-Studie wurde der Bindungshemmer an vorbehandelten Patienten gegen Atazanavir/r geprüft, jeweils in Kombination mit Raltegravir plus Tenofovir. Der virologische Erfolg nach 48 Wochen war vergleichbar und die Verträglichkeit war sehr gut. Eine Phase-3-Studie an stark vorbehandelten Patienten ist bereits angelaufen (Thompso M et al., #454; Landry IS et al., #523).
Die Kombination Cabotegravir (Integrasehemmer ViiV) 10-60 mg plus Rilpivirin 25 mg oral wurde in der LATTE-Studie untersucht. Nach 96 Wochen hatten in der ITT-Analyse unter der genannten Kombination 76% der therapienaiven Patienten eine Viruslast <50 Kopien/ml im Vergleich zu 63% im Vergleichsarm unter TDF/FTC/Efavirenz. Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen waren unter Cabotegravir deutlich seltener (Margolis DA et al., #554LB). Der Integrasehemmer wird weiter zur oralen wie auch zur intramuskulären Anwendung entwickelt.
TAF vor der Tür
Abb. 2 TAF vs. TDF in Fixkombination mit Emtricitabin/Elvitegravir/c. Virologische Wirksamkeit zu Woche 48
Abb. 3 TAF vs. TDF in Fixkombination mit Emtricitabin/Elvitegravir/c. Veränderung der Proteine im Urin zu Woche 48
Quasi kurz vor der Zulassung steht der Tenofovir-Nachfolger TAF (Tenofovir Alafenamid), der zunächst in Fixkombination mit Elvitegravir bzw. Rilpivirin auf den Markt kommen wird. TAF führt im Vergleich zu Tenofovir zu geringeren Blutspiegeln, aber höheren Zellkonzentrationen. Die virologische und immunologische Wirksamkeit von TAF- und TDF-haltigen STRs ist vergleichbar, das zeigen mehrere Untersuchungen (Abb. 2) (Wohl D et al., #113LB). Der Vorteil von TAF scheint in der geringeren Knochen- und Nierentoxizität zu liegen. TAF vs TDF in Fixkombination mit FTC/EVG/c führte zu Woche 48 zu einem geringeren Abfall der eGFR (-6,6% vs -11,2%) und der Knochendichte (Hüfte -0,66 vs -2,95) (Abb. 3). Der Effekt auf die Knochendichte war individuell unterschiedlich, wobei allerdings stets mehr Patienten unter TDF einen Abfall von mindestens 3% hatten. Bei den Lipiden führte TAF dagegen zu einem etwas stärkeren Anstieg von Gesamtcholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin sowie der Triglyceride als TDF (Sax P et al., #143LB).
Im Fokus: Niere und Fett
Die
D:A:D-Studie hat schon einiges ans Licht gebracht. Diesmal wurden
Daten von 23.500 Patienten in den Jahren 2004-2012 im Hinblick auf
die Nierenfunktion ausgewertet. 0,9% der Patienten entwickelten eine
chronische Nierenerkrankung definiert als Abfall der eGFR <60
ml/Min von einem Normalwert von >90 ml/Min. Das Risiko eines
Nierenschadens wurde erhöht durch Alter, Aids, niedrige CD4-Zahl,
Hypertonie (2fach), Diabetes sowie KHK (dreifach) und durch
Tenofovir, Atazanavir/r und Lopinavir/r. Tenofovir erhöhte das
Risiko um 12% pro Jahr, ATV/r um 27% und LPV/r um 16%. Nach 5 Jahren
war das Risiko unter Tenofovir um 75% erhöht, unter LPV/r um 111%
(d.h. etwa 2fach) und unter ATV/r um 227% (etwa 3fach) (Mocroft A et
al., # 142).
Abb. 4 ACTG 5260s. Zunahme des viszeralen Bauchfettes zu Woche 96
Fettakkumulationen werden nicht, wie früher vermutet wurde, nur von Proteasehemmern ausgelöst. In ACTG A5260s, einer Substudie von ACTG 5257 wurden rund 1.800 therapienaive Patienten mit Raltegravir oder Darunavir/r oder Atazanavir/r jeweils in Kombination mit TDF/FTC behandelt. Nach 96 Wochen kam es in allen Gruppen gleichermaßen zur Zunahme des Fetts an den Extremitäten um 15%, am Oberkörper um 22% und im Bauch um 31% (Abb. 4). Wichtigster Prädiktor für die Fettzunahme war eine hohe Viruslast bei Therapiebeginn von über 100.000 Kopien/ml (McComsey GA et al., #140).
Statine sind wichtig
Statine vermindern das kardiovaskuläre Risiko. Dies ist bei HIV-Negativen schon mehrfach bestätigt worden. Für HIV-Positive gibt es dazu keine randomisierten Endpunktstudien. Aber es gibt indirekte Hinweise in Form von zwei neuen Studien. In einer Untersuchung wurden 40 Patienten ein Jahr lang entweder mit 40 mg Atorvastatin oder Placebo behandelt. Das LDL-Cholesterin fiel um -38 mg/dl. Das Volumen der gefährlichen Lipidplaques ging 19% zurück während es in der Placebogruppe um 20% anstieg (Lo J et al., #134). In einer zweiten Untersuchung erhielten 147 Patienten 10 mg Rosuvastatin oder Placebo. Die Intima-Media-Dicke, die als Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse gilt, blieb in der Statin-Gruppe über 96 Wochen stabil, während in der Placebo-Gruppe eine Progression dokumentiert wurde (Longenecker CT et al., #137). Die Verträglichkeit der Lipidsenker war gut, gravierende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
Krebsstatistik
Ebola-Epidemie: MSF klagt an
In einer speziellen Session zu Ebola klagte Gilles van Cutsem von Medecins Sans Frontiere (MSF) die Weltgemeinschaft und insbesondere die WHO an, viel zu langsam auf die Epidemie reagiert zu haben. Erst Monate nach den Alarmrufen der Organisation wären die Hilfsaktionen in Gang gekommen. MSF hat im März 2014 MSF Alarm geschlagen. Die WHO hat Ebola jedoch erst im August als „Public Health Emergency“ eingestuft und erst im Oktober seien zivile und militärische Hilfsmaßnahmen spürbar gewesen. „Zu langsam und zu wenig, das hat vielen Tausend Menschen das Leben gekostet“, bedauerte van Cutsem. Lobende Worte hatte der Belgier für das medizinische Personal vor Ort und aus dem Ausland. Ebola hat vor Ärzten und Pflegern nicht Halt gemacht. 830 Helfer haben sich infiziert, 488 sind gestorben.
Während der Epidemie wurde ein erstes Medikament gegen Ebola geprüft. Favipiravir ist ein Nukleotid-Analogon, das in Japan gegen Influenza zugelassen ist. Auf der Konferenz wurden die Daten von 80 Patienten (11 Kinder) vorgestellt. Die Wirksamkeit korrelierte mit der initialen Viruslast. 93% der Patienten mit initial hoher Virämie verstarben im Vergleich zu 15% mit geringer Viruslast (Sissoko D et al., #103ALB). Als Nachweis einer relevanten Wirksamkeit gegen Ebola kann die Studie allerdings nicht gelten. Es waren zu wenig Patienten, es gab keine Vergleichsgruppe und die Mortalität an Ebola war im Verlauf der Epidemie spontan rückläufig. Doch nicht nur Ebola hat vielen Menschen das Leben gekostet. „Das Gesundheitssystem ist komplett zusammengebrochen“, erklärte David Leuenberger von der Mission Philafricaine. In den Krankenhäusern gab es kaum Personal und die Patienten blieben aus Angst vor Ansteckung auch im Krankheitsfall fern. Derzeit ist die Epidemie deutlich rückläufig. Die Prüfung eines Impfstoffes gegen Ebola ist dennoch angelaufen.
Krebserkrankungen bei HIV-Positiven steigen, teils weil die Patienten älter werden, teils weil die HIV-Infektion zu bestimmten Karzinomen prädisponiert. Bei 10% der HIV-Positiven wurde im Lauf der letzten fünf Jahre eine Krebsdiagnose gestellt. Aids-definierende Tumoren sind nach Daten des amerikanischen National Cancer Institute rückläufig, obwohl das Non-Hodgkin-Lymphom immer noch die häufigste maligne Erkrankung bei HIV-Positiven ist. Leber- und Analkarzinome sind im weiter Steigen begriffen, während Hodgkin-Lymphome und Lungenkrebs in der Statistik abfielen (Yanik EL et al., #725).
Ein Prädiktor für das Lungenkarzinom ist eine niedrigere CD4-Zahl (70% höheres Risiko bei CD4 <200/µl), wobei Rauchen allerdings als Risikofaktor alle HIV-assoziierten Faktoren überwiegt (Sigel K et al., # 728; Althoff KN et al., #726). Vareniclin hilft auch HIV-Patienten beim Rauch-Stopp. Der Erfolg mit 18% Nicht-Raucher nach einem Jahr ist bei HIV-Positiven und -Negativen vergleichbar. Auch die beachtlich hohe Rate gastrointestinaler und psychiatrischer Nebenwirkungen (25% Grad 3/4) ist vergleichbar (Mercie P et al., #139).
Heilung nicht in Sicht
Die Heilung ist seit einiger Zeit das wichtigste Anliegen der HIV-Wissenschaftler, obwohl den Begriff „Heilung“ so schlicht niemand mehr in den Mund nimmt. Man spricht vielmehr von „functional cure“. Und hier gibt es laut John Mellors, Pittsburgh, nach wie vor viel Enthusiasmus, doch nur langsamen Fortschritt. Auch auf dieser CROI gab es positive und wie negative Meldungen, die das Gesamtbild aber leider nicht klarer machen. Die guten Nachrichten: Forscher suchen schon lange nach einem Prädiktor für die funktionelle Heilung. In fünf ACTG-Studien zur Therapieunterbrechung korrelierte die Kombination aus Zell-gebundener HIV-RNA und residueller Viräme im Single-Copy-Assay gut mit der Zeit bis zum HIV-Rebound nach Absetzen der ART (Etemad B et al., #110LB). Ein weiterer Prädiktor könnten die Spiegel der „Ermüdungsmarker“ PD1 und PDL1 zum Zeitpunkt des Therapiebeginns bei akuter Infektion sein, so eine Analyse der SPARTAC-Daten (Frater J et al., #111LB). Die schlechten Nachrichten: Das HIV-Reservoir lässt sich durch Knochenmarktransplantation nach Hochdosis-Chemotherapie nicht eliminieren, so eine französische Analyse der Daten von 13 Patienten (Delagreverie H et al., #429). Aber es kommt noch schlimmer. Latent infizierte Zellen können sich vermehren. Bislang dachte man, dass sich das HIV-Reservoir nur durch Neuinfektion von Zellen vergrößern kann. Eine Untersuchung am National Cancer Institute hat diese Annahme widerlegt (Hughes S et al., #21). Trotz diverser Rückschläge wird aber weiter an der Strategie „Kick&Kill“ gearbeitet. Der TLR7-Agonist GS-9629 lässt Hoffnung aufkommen. Im Tierversuch aktivierte die Substanz latente Viren und verminderte wahrscheinlich auch gleichzeitig die virusproduzierenden Zellen (Whitney J et al., #108).
PrEP im Alltag
Das
Highlight der diesjährigen CROI 2015 kam gleich am ersten
Kongresstag: Zwei Studien zur PrEP bei MSM. Im Rahmen der
randomisierten Studie iPERGAY nahmen rund 400 MSM 2 Tabletten TDF/TFC
24-2 Stunden vor dem Sex sowie 1 Tablette TDF/FTC 24 und 48 Stunden
danach bzw. Placebo ein (Abb. 5). Die Teilnehmer waren im Schnitt 35
Jahre alt, 95% waren weiß, 46% hatten Erfahrung mit Partydrogen und
25% eine STI im letzten Jahr. Sie hatten acht Sexkontakte in den
letzten zwei Monaten vor der Studie und 70% hatte dabei auch
ungeschützten Analverkehr. Etwa ein Drittel hatte auch schon
Erfahrung mit TDF/FTC als PrEP.
Abb. 5 IPERGAY. Schema episodische PrEP
Abb. 6 IPERGAY HIV-Infektionen über 26 Monate
Abb. 7 PROUD: HIV-Infektionen
Abb. 8 PROUD. STI über 48 Wochen. Caveat: Die Zahl der Screnning-Untersuchungen war in der PrEP-Gruppe geringer
Die Studie wurde vorzeitig nach neun Monaten abgebrochen. Es hatten sich 16 Patienten mit HIV infiziert, 14 davon in der Placebogruppe (Abb. 6). Das entspricht einer Effektivität von 86%. Die zwei HIV-positiven Probanden in der Verumgruppe hatten nach Worten des Studienleiter Jean-Michel Molina, Paris, volle Tablettendosen zurückgebracht. Die ungewöhnliche hohe Zahl von HIV-Infektionen in der Placebogruppe sei Ausdruck des Risikoprofils der Männer, das sich aber im Lauf der Studie nicht geändert habe.
45% der Männer hatte die PrEP korrekt eingenommen. Pro Monat wurden etwa 16 Tabletten eingenommen, wobei 20 Teilnehmer über 25 Pillen pro Monat und 20% weniger als 4 pro Monat eingenommen hatten. 13% berichteten über Übelkeit, Bauchschmerzen und Diarrhoe (JM Molina et al., #23LB).
In PROUD wurde getestet, ob die tägliche PrEP „alltagstauglich“ ist. Alle MSM einer STI-Ambulanz in London, die in den letzten 90 Tagen ungeschützten Analverkehr hatten, wurden zur Studie eingeladen. 276 Männer starteten gleich mit der PrEP, 269 Männer sollten nach einem Jahr starten. 80% waren weiß, 70% hatten Partydrogen genommen. Nach 48 Wochen wurden in der PrEP-Gruppe 3 HIV-Infektionen, in der Gruppe ohne PrEP 19 Infektionen beobachtet (Abb. 7). Das entspricht einer Wirksamkeit von 86%. Die vorläufige Analyse zeigte keine Änderung des Sexualverhaltens (Abb. 8) (McCormack S et al., #22LB).
In San Fransisco ist die PrEP bereits verfügbar, doch nur ein Drittel der Zielgruppe mit hohem Risiko nehmen sie. Die Ausweitung der PrEP und gleichzeitige Verbesserung der ART (derzeit 90% Behandelt und 60% unter der Nachweisgrenze) könnte jedoch die Zahl der Neuinfektionen laut einer Berechnung um 70% reduzieren. In der Stadt wurden 2013 359 Neuinfektionen registriert (Grant RM et al., #25).
Abstinenz gescheitert
Versuche das Sexualverhalten durch Kampagnen verändern zu wollen, sind wohl zum Scheitern verurteilt. Das muss-te jetzt das amerikanische Programm PEPFAR (The President’s Emergency Plan for AIDS Relief) lernen. PEPFAR wurde 2004 ins Leben gerufen und dabei wurde festgeschrieben, dass ein bestimmter Anteil des Geldes für Prävention durch sexuelle Abstinenz, Treue und späteren Beginn der sexuellen Aktivität ausgegeben wird. Die Ausgaben für diese Kampagnen erreichten in 2008 ihren Höhepunkt mit 200 Millionen U$ und nahmen dann kontinuierlich ab bis auf 50 Millionen U$ in 2013. Ein Team der Stanford School of Medicine nahm nun den Effekt der Anstrengungen in 14 afrikanischen Ländern unter die Lupe. Es fand sich keine Änderung hinsichtlich der Zahl der Sexpartner im vergangenen Jahr, des Alters beim ersten Sex sowie von Teenager-Schwangerschaften (Lo N et al., #160). Man darf gespannt sein, ob PEPFAR seine Politik ändert.
HIV/HCV-Koinfektion
Zur
Hepatitis wurden zwei Phase-3-Studien an HIV/HCV-Koinfizierten
präsentiert.
Abb. 9 ALLY2
Abb. 10 ION4. SVR12 nach Subgruppen
Abb. 11 TURQOUISE: SVR12 in Abhängigkeit von der Zeit bis zu HCV-RNA <15 IU/ml
An ALLY-2 konnten Koinfizierte mit allen Genotypen teilnehmen. Die 153 Patienten wurden 12 bzw. 8 Wochen lang mit Daclatasvir plus Sofosbuvir behandelt. Die SVR12-Raten bei 12 Wochen Therapie betrugen bei GT1 96%, bei GT 2, 3 und 4 100%. Die kürzere Behandlung von 8 Wochen bei therapienaiven GT1-Patienten führte dagegen seltener zur SVR (76%) (Abb. 9). Allerdings wurden 100% (8/8) der Patienten mit einer Ausgangsviruslast HCV <2 Mio IU/ml geheilt. Welche Rolle die wohl doch zu niedrige Dosis von 30 mg Daclatasvir in Kombination mit Darunavir/r bzw. Lopinavir/r (vergleiche Meldungen) bei höheren Viruslasten gespielt hat, wird noch untersucht (Wyles DL et al., #151LB).
In
ION4 wurden 335 Koinfizierte mit GT1 oder 4 12 Wochen lang mit
Sofosbuvir/Ledipasvir behandelt. 96% erreichten die SVR ohne
Unterschied in den Subgruppen therapienaiven oder vorbehandelt, mit
oder ohne Zirrhose (Abb. 10). 20% der Patienten hatten
NS5A-Polymorphismen bei Studienbeginn. 94% dieser Gruppe wurden
ebenfalls
geheilt. 10% der
Patienten hatten einen Relaps. Alle Relapser waren schwarz und viele
hatten IL28B TT, wobei letzteres in der multivariaten Analyse kein
signifikanter Prädiktor war (Naggie S et al., #152LB).
Die Ergebnisse von TURQUOISE-1, in der Koinfizierte 12 Wochen lang 12 Wochen mit Ombitasvir + Paritaprevir/r + Dasabuvir + Ribavirin behandelt wurden, waren schon früher präsentiert worden (SVR12 94%). In der aktuellen Analyse wurde der Abfall der HCV-Viruslast bei Mono- und Koinfizierten verglichen. Es zeigte sich kein Unterschied. 92% de Koinfizierten hatten eine Viruslast <25 IU/ml zu Woche 2 und 100% zu Woche 4 (Abb. 11). Nur eine hohe Viruslast war ein Prädiktor für ein langsameres Ansprechen. Das hatte jedoch keinen Einfluss auf den Therapieerfolg (Wyles D et al., #147).
Kommentar Deutsche Aids-Hilfe
PrEP: Es kann losgehen – oder?
Im amerikanischen Englisch gibt es die Redewendung „to 86 something“. Sie bedeutet so viel wie „etwas loswerden“, „86ed“ heißt „gibt’s nicht mehr“. Das kann man mit Fug und Recht zu den Zweifeln an der PrEP bei schwulen Männern sagen, seit die Studien PROUD und IPERGAY ihre Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen gezeigt haben – kurioserweise mit jeweils exakt 86 Prozent Schutzeffekt.
Die Deutsche AIDS-Hilfe hat sich lange vorsichtig zur PrEP geäußert. Zwar lag auf der Hand, dass Truvada theoretisch wirkt, nur leider bei vielen Studienteilnehmern aufgrund von Adhärenzproblemen nicht im echten Leben. Und gespielt wird nun mal auf dem Platz.
Jetzt ist klar, dass die PrEP Menschen mit besonders hohem HIV-Risiko dabei helfen kann, negativ zu bleiben. Schwulen Männern, denen es schwerfällt, sich mit Kondomen zu schützen, können wir also trotzdem etwas anbieten. Das sind richtig gute Nachrichten. Anders formuliert: Was hilft, muss auch zum Einsatz kommen!
Womit sich die Frage nach der Finanzierung stellt. Dass es die PrEP zur Verordnungsfähigkeit schafft, ist unwahrscheinlich. Darum möchten wir mit allen Beteiligten – von der Politik und den staatlichen Institutionen über die ärztlichen Fachgesellschaften und Krankenkassen bis zur Pharmaindustrie – eine andere Lösung finden. Warum nicht gemeinsam kreativ werden? Am Ende wird die PrEP nicht nur Menschen helfen, sondern auch Behandlungskosten sparen.
Einige Fragen sind freilich noch zu klären. Wir wissen, dass die durchgängige PrEP bei Männern mit hohem HIV-Risiko wirkt – aber wie definiert man die Gruppe genau? Können wir über die Auswahl die Adhärenz beeinflussen? Und für wen kommt die intermittierende PrEP in Frage?
Antworten auf diese Fragen können Anwendungsstudien geben. Nichts spricht dagegen, alles dafür: Wir lernen mehr über die PrEP. Und die Männer, die sie am dringendsten brauchen, können sie auf diesem Weg zeitnah erhalten. Es kann losgehen.