Kommentar Siegfried Schwarze, Projekt Information
(Verfügbar) Sein oder Nichtsein
Eine
neue Mode macht sich breit in der Pharmalandschaft: Firmen lassen
ihre Medikamente zwar zu, führen sie aber dann nicht ein. Beispiele
gefällig? Vitekta® (Elvitegravir) ist zwar als Monosubstanz
zugelassen, aber in Deutschland nicht im Handel. Die Substanz gibt es
bei uns nur in der Kombipille Stribild®. Oder wie wär’s mit
Rezolsta®? Diese Fixkombination aus 800 mg Darunavir und 150 mg
Cobicistat ist die erste Kombination aus einem Proteasehemmer und
Booster, die die Gabe als eine Tablette einmal täglich erlaubt. Das
mag sogar in bestimmten Fällen als ART ausreichen, wie die MONET-
und PROTEA-Studien gezeigt haben. Trotzdem wird Rezolsta® bei uns
nicht erhältlich sein. Und auch bei der Fixkombination aus Lamivudin
und Raltegravir, die in den USA (und demnächst wohl auch bei uns)
unter dem Namen Dutrebis® zugelassen wird, sieht es wohl mit der
Verfügbarkeit schlecht aus. Aber warum lassen Hersteller ein
Präparat aufwändig zu, wenn sie es dann nicht in den Markt
einführen? Dafür gibt es sicher mehrere Gründe. Aber ein besonders
häufig genannter Grund ist das AMNOG. Die Firmen haben schlicht und
einfach Bammel, dass das IQWiG den Präparaten keinen Zusatznutzen
bescheinigen könnte und sie deshalb ungünstige Karten bei der
Preisgestaltung haben. Der tatsächliche Aufwand ein Medikament
einzuführen und vorrätig zu halten, auch wenn der Bedarf extrem
niedrig ist, dürfte angesichts der Gewinnmargen für die Firmen
verschmerzbar sein.
Nun kann man darüber diskutieren, ob die Welt diese Medikamente wirklich braucht, aber zwei Dinge sind mir wichtig:
- Alle Bestandteile einer Kombination sollten auch einzeln verfügbar sein. Denn es gibt Situationen, z.B. bei Wechselwirkungen, Unverträglichkeiten oder eingeschränkter Leber-/Nierenfunktion, wo nur ein Bestandteil einer Kombination ausgetauscht oder anders dosiert werden muss. Genau das ist aber mit Fixkombinationen nicht möglich.
- Alles, was den Patienten das Leben leichter macht, sollte auch ermöglicht werden. Dazu gehören eben auch Kombinationen, die die Pillenzahl reduzieren. Dass diese Präparate nicht alle Eventualitäten abdecken können, ist nicht weiter schlimm, solange 1) gewährleistet ist.
In diesem Sinne mein Appell an die Firmen: Stellen Sie endlich den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Anstrengungen! Und zwar nicht den Aktionär, sondern den Patienten!