Gemeinsamer Appell für die Einführung der PrEP in Deutschland

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Die HIV-Prävention in Deutschland ist im europäischen Vergleich sehr erfolgreich, wie die jährlichen HIV-Neuinfektionszahlen belegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) dokumentiert für das Jahr 2015 erneut 3.200 Neuinfektionen. Die Zahlen befinden sich in den letzten zehn Jahren auf einem relativ stabilen Niveau, sind aber aus komplexen Gründen höher als in den 1990er Jahren.

Die „klassische“ Prävention (Safer-Sex-Botschaft, Unterstützung besonders bedrohter Menschen) und der umfassende Zugang zur medizinischen Versorgung (Schutzwirkung der Therapie) sind sehr effektiv. Doch wenn wir die Infektionszahlen in Zukunft noch senken möchten, braucht es mehr: Es ist Zeit, auch die heute verfügbaren medizinischen Instrumente zum Einsatz zu bringen.

PrEP sollte auch in Deutschland als Chance gesehen werden

Es ist Zeit für die PrEP in Deutschland
Es ist Zeit für die PrEP in Deutschland

Seit einigen Jahren zeigen Studien die Wirksamkeit einer weiteren Präventionsmethode: der Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) – also der vorbeugenden Einnahme von antiretroviralen Medikamenten durch HIV-negative Menschen, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Der Nutzen ist insbesondere dokumentiert für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), mit einem besonders hohen HIV-Risiko (also eine kleine Teilgruppe der MSM). Die Wirkstoffkombination Tenofovir-DF/Emtricitabin (Truvada®) ist seit August 2016 als PrEP-Medikament in Europa zugelassen. Frankreich und Norwegen haben die PrEP bereits in ihre Präventionsstrategien integriert, in weiteren Ländern laufen Projekte zur PrEP.

Auch in Deutschland besteht Interesse an der PrEP: Eine Umfrage der dagnä aus dem Frühjahr 2016 zeigt einen hohen Bekanntheitsgrad (85%) und eine breite Akzeptanz (63%) der PrEP bei MSM, die zu den Hauptbetroffenengruppen bei HIV-Neuinfektionen zählen. Dies insbesondere bei Männern mit häufigen Risikokontakten, die auch von anderen sexuell übertragbaren Infektionen berichten. Die PrEP stellt also eine Chance dar, die HIV-Prävention noch effektiver zu gestalten und die Neuinfektionen zu senken. Sie sollte dabei in Ergänzung für eine relativ kleine Teilgruppe und nicht in Konkurrenz zu den klassischen Angeboten gesehen werden. Aufklärung und die Kondombotschaft sind weiterhin notwendig, das Kondom wird der am weitesten verbreitete Schutz vor HIV bleiben.

Das für die PrEP eingesetzte Medikament Truvada® kann zudem auch unerwünschte Wirkungen haben, unsachgemäße Anwendung kann zu erheblichen Gesundheitsrisiken führen. Jede PrEP-Verordnung muss deshalb durch Ärzte erfolgen, die Erfahrung mit antiretroviralen Therapien haben. Sie müssen zudem über Wissen zu Prävention, Diagnostik und Therapie sexuell übertragbarer Erkrankungen verfügen. Der Einsatz der PrEP muss im Rahmen eines Präventionskonzeptes erfolgen, zu dem regelmäßige HIV-Tests und andere Untersuchungen ebenso gehören wie eine eingehende Beratung. Die DAIG hat hierzu erste Vorschläge veröffentlicht.

PrEP muss als weiteres Instrument der Präventionsarbeit verfügbar sein

Seit Oktober 2016 kann Truvada® für die PrEP auch in Deutschland verordnet werden. Aussagen von Kostenträgern, wonach keine Leistungspflicht der GKV wie auch der PKV gegeben ist, machen die Verordnung für PrEP-Anwender wie auch für Ärzte jedoch zu einem Vabanquespiel; faktisch besteht für die meisten Menschen, die in Frage kommen, kein Zugang. Der potenzielle Nutzen der PrEP kann so nicht gehoben werden. Vielmehr befürchten wir ein Aufblühen des Schwarzmarktes: Therapeutische Truvada®-Verordnungen werden missbraucht und dadurch Therapien gefährdet, Menschen verzichten in ihrer Not auf ärztliche Begleitung der PrEP und beziehen Medikamente über das Ausland oder auf illegalen Wegen. Es steht zu befürchten, dass die Prävention und Versorgung von Menschen mit HIV/Aids insgesamt Schaden nehmen wird, wenn es keinen regulären Zugang zur PrEP gibt.

Wir können es uns weder leisten, auf wirksame Präventionsmethoden zu verzichten, noch die erfolgreiche Versorgungssituation in Deutschland in Frage zu stellen. Notwendig ist:

  • Klarheit über die Erstattung von Truvada® als PrEP: Eine Erstattung durch Kostenträger würde den Erfolg einer PrEP erheblich voranbringen. Hierzu sollte § 20 Infektionsschutzgesetz (IfSG) um Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten ergänzt werden. Anschließend kann das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nach Anhörung der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der GKV eine Kostenübernahme ermöglichen. Alternativ könnte die Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) um medikamentöse Prophylaxen erweitert werden. Dann könnte der G-BA nach einer entsprechenden STIKO-Empfehlung zur PrEP diese zeitnah in die Schutzimpfungsrichtlinie aufnehmen. Mit diesen Maßnahmen wäre gewährleistet, dass für Versicherte und Ärzte Klarheit über die medizinische Empfehlung und über die Erstattungsfähigkeit besteht.
  • Senkung der Kosten von Truvada®: Die Debatte um die Verordnung einer PrEP kann nicht getrennt von der Kostenfrage gesehen werden. Die monatlichen Kosten von Truvada® belaufen sich derzeit auf ca. 820 Euro/Monat. Die dagnä-Umfrage zeigt, dass bis etwa 100 Euro/Monat eine potenzielle Selbstzahlerbereitschaft vorhanden ist, wobei auch diese Summe viele Menschen finanziell überfordern würde. Der derzeitige und künftige Anbieter von Truvada® müssen das Medikament auf ein erheblich geringeres Preisniveau als gegenwärtig absenken, um eine akzeptable Kosten-Nutzen Relation einer oralen PrEP zu ermöglichen. Dies ist essentiell, um den Weg zu einer Erstattungsfähigkeit zu ebnen.

Fazit

Die Zulassung der PrEP stellt für die HIV-Prävention in Deutschland eine Chance dar. DAIG, dagnä und die Deutsche AIDS-Hilfe plädieren für eine qualitätsgesicherte, effektive und wirtschaftliche PrEP, die in ein Gesamt-Präventionskonzept integriert ist. Schlüssel hierfür ist eine verlässliche Kostenübernahme nach einer Preissenkung für Truvada®.


Keine Angst vor HIV in der Zahnarztpraxis!

KEINE ANGST VOR HIV, HBV UND HCV!Bei der zahnmedizinischen Versorgung von Menschen mit HIV, HBV oder HCV kommt es immer wieder zu Unsicherheiten. Die Folge: unangemessene Vorsichtsmaßnahmen bis hin zu Diskriminierung.

Mit einer gemeinsamen Broschüre engagieren sich die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) darum gemeinsam für einen diskriminierungsfreien und entspannten Umgang mit HIV-Patient_innen in der Zahnarztpraxis.

Die Broschüre „Keine Angst vor HIV, HBV und HCV! Informationen für das zahnärztliche Behandlungsteam“ macht deutlich: Sorgen vor einer HIV-Übertragung sind unbegründet. HIV-Patient_innen können behandelt werden wie alle anderen.

Gesonderte Termine am Ende der Sprechzeit oder die Behandlung in separaten Räumen sind ebenso wenig notwendig wie doppelte Handschuhe bei Routine-eingriffen oder die Desinfektion aller Flächen im Behandlungszimmer.

„In Praxen und Zahnarztpraxen gelten in Deutschland außerordentlich hohe Hygienestandards. Diese gelten immer. Deshalb spielt es keine Rolle, ob ein Patient HIV hat oder nicht – die Angst vor Ansteckung ist unbegründet“, so der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel.

„Die Fakten in der Broschüre sollen helfen, unbegründete Infektionsängste abzubauen. Und so einen diskriminierungsfreien Umgang für Menschen mit Infektionserkrankungen zu gewährleisten“, sagt Kerstin Mörsch, Kontaktstelle zu HIV-bezogener Diskriminierung in der Deutschen AIDS-Hilfe.

Die Deutsche AIDS-Hilfe und die Bundeszahnärztekammer arbeiten bereits seit 2014 zusammen, um die Versorgung von HIV-positiven Patient_innen zu verbessern und Behandlungsteams zu informieren. (ck)

Demnächst auch im DAH-Shop: www.aidshilfe.de/shop

Onlineansicht der Broschüre: http://bit.ly/2gDb570


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