Croi 2017 Seattle, 13.-16. Februar 2017
Pharmakologische Aspekte
Dolutegravir
In einer kleinen offenen, 3-phasigen Pk Studie in 22 gesunden jungen Probanden erhielten die Probanden in Phase 1 eine Tbl. Der Fixdose-Kombination Dolutegravir/Abacavir/3TC (TRI) nüchtern, in Phase 2 TRI zerstoßen nüchtern und in Phase 3 TRI zerstoßen mit 250 ml enteraler Zusatznahrung, mit 7 Tage Auswaschphase zwischen den Phasen. Während sich die Plasmaexposition von ABC/ 3TC über alle Phasen unverändert zeigten, wurde DTG in der zerstoßenen Form sowohl nüchtern als auch mit Nahrung zusammen deutlich besser absorbiert: AUC = 69,50 mg/L*h (Phase 1), 87,49 mg/ ml*h (Phase 2) sowie 82,38 mg/ml*h (Phase 3), so dass Dolutegravir in der Fix-Dosis-Kombination sich auch zur Gabe über eine Nasensonde/PEG eignet.(11)
Eine Interaktionsstudie zwischen Dolutegravir und Isoniazid/Rifapentin zur Behandlung der latenten TB-Infektion musste vorzeitig abgebrochen werden, da 2/3 Probanden schwere Nebenwirkungen erlitten (Kopfschmerzen, hohes Fieber, Erhöhung von Leukozyten, CRP-sowei anderer Entzündungsparameter). Die sehr limitierten PK-Daten zeigen eine deutliche Abnahme der Dolutegravir-Plasma-Exposition in insgesamt vier Probanden, die in die Studie eingeschlossen waren und die eine PK an Tag 14/19 erhalten hatten. Obwohl der Grund für die Nebenwirkungen nicht klar ist, fand man unerwartet hohe INH-Plasmakonzentrationen an den Tagen 14 und 19, so dass hier ein möglicher Grund für diese Ereignisse vorliegen könnte (#409a).
Cobicistat/Ritonavir
Tenofovir plasma trough concentrations clustered according to the companion antiretrovirals. Boxplots and whiskers represent the 5th, 25th, 50th, 75th and 95th percentiles, respectively. PI: protease inhibitors; INI: integrase inhibitors (excluding elvitegravir [ELV]); NNRTI: non nucleoside reverse transcriptase inhibitors
Abb. 1 Tenofovir-Spiegel in bei verschiedenen Regimen. Quelle Gervasoni C et al., #411
In einer Multisequenziellen PK-Interaktionsstudie erhielten gesunde Probanden zunächst 150 mg Dabigatran alleine (Phase 1), danach entweder Ritonavir 100 oder COBI 150 mg für 14 Tage und am 15.Tag in einem 2h-Abstand dazu Dabigatran (Phase 2), sowie anschließend 1 Woche später RTV/COBI zeitgleich mit Dabigatran (Phase 3). Die Dabigatran-Plasmakonzentrationen unterschieden sich bei Einnahme von Ritonavir in allen drei Phasen nicht-signifikant voneinander, während bei gleichzeitiger Einnahme von COBI sowohl in Phase 2 als auch Phase 3 signifikant höhere Spiegel gemessen wurden: AUC24 = 959,5 ng/mL*h (Phase 1) 2052,0 ng/mL*h (Phase 2) sowie 2303,4 ng/mL*h (Phase 3). Die bisherige Empfehlung, Dabigatran zusammen mit bekannten P-gp-Inhibitoren 2h-zeitversetzt einzunehmen, kann in diesem Fall nicht gegeben werden (#409).
TDF und TAF
DC. Gervasconi und Kollegen stratifizierten die Plasmakonzentrationen von Patienten mit TDF je nach Komedikation. Es fanden sich höhere TDF-Plasmakonzentrationen bei Patienten, welche COBI einnahmen und nicht RTV, NNRTI oder INI. Die gleichzeitige Einnahme von COBI in den Zulassungsstudien von TAF, so die Autoren, könnte die Plasmaexposition von Tenofovir als TDF 300 mg unzulässig stark erhöht und somit zugunsten von TAF zum Unterschied bei den gemessenen Nebenwirkungen/Laborwertveränderungen, insbesondere eGFR und Knochendichte, beigetragen haben (Abb. 1). Abgesehen davon, dass die Autoren PK-Daten aus Random-Samples ohne vorheriges PK-Protokoll verwendet haben, was eine schlechte Datenqualität bedingt, ist der Schluss erhöhter Nebenwirkungen aufgrund erhöhter Plasmaexposition in den gemessenen Bereichen rein spekulativ. Eine (lineare) Konzentrations-Wirkungsbeziehung konnte bisher weder für die eGFR noch die Knochendichteminderung hergestellt werden (#411).
Eine weitere Studie verglich TAF-Konzentration in Blut- und Samenflüssigkeit (seminal plasma, SP) von HIV+ (n=8) und HIV- Männern (n=4). Obwohl die TAF-Dosis im Vergleich zu TDF deutlich niedriger im BP war, waren die SP-Konzentrationen gleich. Die TVF-Konzentrationen in PBMCs waren mit TAF ca. 4x höher als mit TDF. Die Autoren diskutieren bisher unbekannte Transporter-Affinitäten im männlichen Genitaltrakt als Grund für die unerwartet hohen TFV-Konzentrationen (#407).