Meine Entscheidung - Dr. Carmen Wiese, München
STR geht nicht immer
Dr.
Carmen Wiese
Internistin
MVZ
Karlsplatz
München
Der Patient ist ein Schatzkästlein aus Begleiterkrankungen, Begleitmedikation und fortgeschrittenem Krankheitsstadium, gewürzt mit einer Prise Verständigungsschwierigkeiten. Mit anderen Worten: eine Mischung, der wir mit zunehmender Häufigkeit im klinischen Alltag begegnen.
Dass der Therapiebeginn so bald wie möglich erfolgen muss, steht außer Frage. Aber womit?
Aufgrund seines Alters und der sprachlichen Barriere, und auch weil der Patient schon viele andere Tabletten schlucken muss, möchte man ihm eigentlich gerne ein STR (Single Tablet Regime) geben. Aber so einfach ist die Sache leider nicht.
Vieles geht nicht ...
In
Anbetracht der vielen Begleitmedikamente und auch des Drogengebrauchs
würde ich ihm aufgrund potentieller
Interaktionen kein Regime
geben wollen, das einen Booster enthält. E/C/F/TAF und DRV/C/F/TAF
kommen damit also schon mal nicht in Frage.
Der Diabetes des Patienten ist seit vielen Jahren bekannt und wird wahrscheinlich auch schon seit langer Zeit mit Metformin behandelt. Der HbA1c-Wert ist bei der Gesamtsituation akzeptabel, insofern würde ich eine Änderung der Diabetestherapie nicht anstreben. Dann ist aber Dolutegravir für den Patienten nicht geeignet, denn es kann eine Erhöhung des Metformin-Spiegels bewirken. Also fällt DTG/ABC/3TC als Therapievariante auch weg – ganz abgesehen davon, dass ich dem Patienten ohnehin eine Therapie geben möchte, bei der ich auch die Hepatitis B mit behandele.
Die älteren, TDF-haltigen STR-Regime verbieten sich aufgrund der bereits manifesten Niereninsuffizienz – also kein EFV/F/TDF und kein RPV/F/TDF.
Bliebe unter den STR nur noch Rilpivirin/F/TAF. Aber auch das kann dem Patienten nicht empfohlen werden, da er mit Pantoprazol behandelt wird. Man kann zwar überlegen, ob die PPI-Therapie wirklich nötig ist und nicht vielleicht abgesetzt werden könnte. Aber selbst dann würde ich mich etwas unwohl fühlen, da die Resistenzprüfung bisher noch nicht vorliegt und eine primäre Rilpivirin-Resistenz nicht ausgeschlossen werden kann.
Keine Single Tablet
Nach diesen Überlegungen muss ich also mit dem Patienten besprechen, dass er ein Regime aus mehreren Tabletten einnehmen muss. Eine einmal tägliche Gabe ist aber durchaus möglich.
In meinen Augen ist hier die beste Variante die Kombination aus F/TAF zusammen mit Raltegravir. Hier ist die Hepatitis B mitbehandelt, die Kombination ist bei kompensierter Niereninsuffizienz zugelassen, und es sind keine Interaktionen zu befürchten. Ich würde den Patienten mit F/TAF 200/25 mg in Kombination mit 2x 600 mg Raltegravir einmal täglich behandeln. Gegebenenfalls könnte man im weiteren Verlauf nach Vorliegen der Resistenztestung, und falls er ohne PPI auskommt, auf Rilpivirin/F/TAF umstellen.
Im übrigen würde ich dem Patienten noch zusätzlich ASS 100 angedeihen lassen. Er ist Diabetiker und hat vor 10 Jahren einen Myokardinfarkt gehabt.