Positionspapier der Dagnä
Versorgung sichern und optimieren: Leitplanken für die HIV- und STI-Versorgung 2017- 2021
Die Versorgung von Menschen mit HIV/Aids und/oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) ist in Deutschland insgesamt beachtlich und auf hohem Niveau. Bei allem Erreichten sind aber neue Wege teilweise notwendig, um die HIV-/STI-Versorgung zu sichern bzw. zu optimieren.
Aus Sicht der niedergelassenen HIV-Schwerpunktärzte und ambulant tätigen Infektiologen sind in den kommenden Jahren fünf politische Leitplanken von zentraler Bedeutung:
Versorgungsstrukturen
Die ambulante HIV-Schwerpunktversorgung ist erfolgreich. Unverzichtbare Grundlage ist eine Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 135 SGB V in Verbindung mit dem EBM. Beide stellen Qualität und Finanzierung gegenwärtig angemessen sicher. Zugleich müssen sie künftig die stark zunehmenden Komorbiditäten besser abbilden. Die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (§ 116b SGB V) kann die Regelversorgung – je nach Ausgestaltung – sinnvoll ergänzen, muss aber den Besonderheiten in der HIV-Versorgung Rechnung tragen. Sorgen bereitet der hohe Aufwand in der Betreuung von Menschen mit chronischen Virushepatitiden und/oder anderen STI. Hier muss dringend bundespolitisch eine Weichenstellung für einen ambulanten Schwerpunkt erfolgen. Auf Landesebene müssen Angebote zur Prävention, Diagnostik und Behandlung noch enger mit der Selbsthilfe verzahnt werden.
Prävention
Die PrEP ist eine gute und insgesamt kostensparende Ergänzung der bisherigen Präventionsmaßnahmen für Menschen mit hohem Infektionsrisiko. Allerdings ist eine enge Begleitung durch HIV-Schwerpunktärzte inklusive fairer Vergütung notwendig. Eine Kostenübernahme muss auch für die Begleituntersuchungen gewährleistet sein. Als Sekundärprävention ist ferner die PEP eminent wichtig. G-BA und GKV müssen deshalb Regressrisiken bei leitliniengerechter Indikationsstellung ausschließen.
Diagnostik
HIV/STI-Tests für die Eigenanwendung (sog. Heimtests/self sampling) können dazu beitragen, die Dunkelziffer an nicht erkannten Infektionen zu verringern. Zur Flexibilisierung müssen die Medizinprodukte-Abgabeverordnung und das Infektionsschutzgesetz angepasst werden. Bei Auffälligkeiten muss schnellstmöglich ein ambulanter HIV/STI-Schwerpunkt einbezogen werden. Um mehr Patienten mit chronisch-viralen Virushepatitiden zu identifizieren, ist eine Aufnahme der GPT-Bestimmung in den Check-up 35 notwendig.
Arzneimittel
Die AMNOG-Regelungen sind insgesamt sinnvoll – allerdings besteht Verordnungsunsicherheit: Es muss daher klargestellt werden, dass der „Mischpreis“ die Wirtschaftlichkeit über das gesamte Anwendungsgebiet hinweg herstellt. Das Arztinformationssystem soll kostenneutral – neben der frühen Nutzenbewertung – ebenfalls über aktuelle Leitlinien und weitere verfügbare Evidenz informieren. Die regionalen Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 SGB V müssen die Besonderheiten der Infektiologie berücksichtigen.
Aus- und Weiterbildung
Die ambulante Infektiologie muss in der Aus- und Weiterbildung – vor allem bei der Novellierung der Zusatz-Weiterbildung Infektiologie/Klinische Infektionsmedizin – gestärkt werden, um die Versorgung von hochkomplexen Erkrankungen auch künftig sicherstellen zu können und Nachwuchssorgen vorzubeugen.
Beschluss
des dagnä-Vortstandes
vom September 2017
Kontakt: Ruesenberg@dagnae.de
Weitere Informationen unter:www.dagnae.de