Andrea Brunner, München
Vorsorgevollmachten: Alles geregelt?
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Für gewöhnlich behalten wir das Heft unseres Lebens gerne selbst in der Hand. Dies gilt bei der Berufswahl, bei der Wahl der Krankenkasse oder dem Arbeitsplatz. Der Beschluss, auch Vorsorge zu treffen, wenn man auf Grund von Unfall, schwerer Krankheit oder Demenz nicht mehr in der Lage ist, aktiv Entscheidungen zu treffen, wird zwar häufiger als früher getroffen, dennoch immer wieder gerne hinaus geschoben. Sich jedoch weitestgehend vor Fremdbestimmung zu schützen geht nur, wenn man Vollmachten und Betreuungs- bzw. Patientenverfügungen erstellt. Selbst Eltern, Verpartnerte bzw. Ehepartner oder Kinder können ohne Vollmachten nichts verbindlich regeln.
Für viele Belange des täglichen Lebens reicht es, eine situationsbedingte Vollmacht auszufüllen, z.B. das „Namens und im Auftrag“ durch Dritte ein bestimmtes Schriftstück abgeholt werden soll. Diese Schriftstücke beziehen sich oft auf eine einmalige, begrenzte Handlung bzw. einen Auftrag. Anders verhält es sich, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu regeln.
Vollmacht
Hier empfiehlt sich die Vollmacht. In ihr ist geregelt, dass die Vertrauenspersonen alle Angelegenheiten der Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit und/oder eine ambulante oder (teil) stationären Versorgung entscheiden und bei allen Maßnahmen bzgl. Gesundheitsuntersuchungen und Heilbehandlungen einwilligen kann. Ihr obliegt das Recht, Krankenunterlagen einzusehen und diese an Dritte weiterzuleiten. Ihr gegenüber sind alle Personen des helfenden Umfelds von der Schweigepflicht entbunden. Sie regelt Aufenthalt, Unterbringung und Wohnungsangelegenheiten und hält Kontakt zu relevanten Behörden und Einrichtungen. Sie hat Post- sowie Bankvollmacht und vertritt vor Gericht. Hier ist zu beachten, dass es von Vorteil ist, persönlich bei dem oder den entsprechenden Kreditinstituten einen bankeigenen Vordruck für Konto- und Vermögensvollmacht einzurichten. Andere Vollmachten werden nicht akzeptiert!
Betreuungsverfügung
Über die Rechte und Pflichten einer Vollmacht hinaus kann es erforderlich werden, eine gesetzliche Vertretung als Betreuer zu bestellen. Dies können Personen sein, die beruflich als Jurist_innen, oder als Sozialpädagog_innen bei Betreuungsstellen arbeiten oder freiberuflich tätig sind. Ebenso dürfen Privatpersonen eine gesetzliche Betreuung übernehmen. Die Eignung wird seitens des Gerichtes geprüft. Eine gesetzliche Betreuung kann jede_r beantragen. Das Amtsgericht/Vormundschaftsgericht prüft dann, ob eine gesetzliche Betreuung notwendig ist.
Um hier auf die Wahl der Betreuungsperson Einfluss zu nehmen kann eine Betreuungsverfügung erstellt werden, in der ich den Wunsch äußere, dass z.B. mein Partner, meine Partnerin oder eine bestimmte Fachkraft eines Betreuungsvereines die Aufgabe übernimmt. Die Entscheidung liegt zwar letztendlich beim Gericht. Dieses folgt aber – so z.B. bei Privatpersonen nichts dagegen spricht – dem Wunsch des Betroffenen. In dieser Verfügung kann auch festgelegt werden, wen man auf gar keinen Fall als Betreuungsperson wünscht.
Patientenverfügung
Sie regelt die Situation, wenn man sich aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar im Sterbeprozess befindet (ansonsten greift die Vollmacht) bzw. wenn das Endstadium einer Erkrankung erreicht ist, auch wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist.
Hierzu gehören lindernde pflegerische Maßnahmen, die Bekämpfung von Dauerschmerz, Luft/Atemnot, Angst etc., wobei eine Verkürzung der Lebenszeit in Kauf genommen wird. Lebenserhaltende bzw. verlängernde Maßnahmen sollen bewusst unterlassen werden. Auch Wiederbelebungsmaßnahmen sowie künstliche Ernährung sollen unterlassen werden.
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Perspektive on HIV
Long-Term
Health, Well-Being, and Chronic Care
Die Anfang 2017 gegründete Initiative „HIVOutcomes“ hat zum Ziel, Politikern die Bedeutung der langfristigen Versorgung von Menschen mit HIV nahe zu bringen. Die Gesundheitssysteme müssen sich darauf einrichten – so der Konsens – dass Menschen mit HIV heute länger leben und sich daher auch um Prävention, Behandlung und Pflege bei älter werdenden HIV-Patienten kümmern.
Im Europäischen Parlament in Brüssel wurden am 29. November 2017 Empfehlungen vorgestellt, die „Langzeit-Gesundheit, Wohlbefinden und Langzeitversorgung” für Menschen mit HIV verbessern sollen.
Die sehr allgemein gehaltenen Empfehlungen umfassen:
1. „Einen integrierten, Outcome-fokussierten und Patienten-zentrierten Ansatz zur Langzeit-Versorgung”
2. „Ausweitung des nationalen Monitorings der Langzeitversorung – und outcomes”
3. „Finanzierung von Kohortenstudien, um Informationen zur Langzeitgesundheit von Menschen mit HIV zu sammeln”
4. „Kampf gegen Stigma und Diskriminierung innerhalb der Gesundheitssysteme”
5. „Intensivierung der Beteiligung der HIV-Community beim Setzen von nationalen Prioritäten”
Die Initiative bzw. der Launch der Empfehlungen in Brüssel werden von Gilead Sciences und ViiV Healthcare unterstützt.
Quelle: www.hivoutcomes.eu
Die richtige Personenwahl
Es gilt gut zu überlegen ob bzw. wer sich im persönlichen Umfeld eignet, eine Vorsorgevollmacht ausgestellt zu bekommen. Bewährt hat sich die Suche nach Personen, die Sicherheit im Umgang mit Behörden und ärztlichem Personal besitzen. Auch zwei Personen können bestimmt werden, wenn man den Eindruck hat, dass diese sich ergänzen und an einem Strang ziehen.
Ganz wichtig ist, dass man diese Person(en) informiert und sich versichert, dass sie mit der Übernahme dieser Aufgabe auch einverstanden ist bzw. sind.
Neben der Betreuungsperson ist es ratsam, die einem am nächsten stehende Person oder Organisation, also Familie, Freunde, Pflegedienst, Beratungsstelle… zu informieren, v.a. auch im Hinblick auf die Patientenverfügung, so dass auch diese den Wunsch „wie ich im Falle schwerer Krankheit oder im Anbetracht des nahe stehenden Todes – versorgt werden möchte“, bekräftigen können.
Des Weiteren ist es wichtig, die behandelnde_n Ärzt_innen zu informieren. Die Vorsorgevollmacht kann in der Praxis (z.B. als Scan) hinterlegt werden. So kann auch diese Fachperson gegenüber Dritten den schriftlich festgelegten Wunsch bekräftigen bzw. durch eigenes ärztl. Handeln zur Umsetzung beitragen. Angehörigen gegenüber kann die Willenserklärung deutlich gemacht werden, auch ohne genaue Nennung der Diagnosen – falls gewünscht.
Formularsätze für Vorsorgevollmachten erhält man üblicherweise in allen Betreuungsstellen unabhängig vom Bundesland. Die Formulare unterscheiden sich geringfügig, sind aber auch in anderen Bundesländern gültig. Alle Beratungsstellen bieten auch persönliche Beratung an. Vorherige Terminvereinbarung beachten!
z.B. im Internet unter:
http://www.hamburg.de/beratungsstelle-rechtliche-betreuung/
www.muenchen.de/betreuungsstelle
betreuungsstelle.soz@muenchen.de
Bundesministerium der Justiz
http://www.bmjv.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Betreuungsrecht/Betreuungsrecht_node.html
Auch die meisten regionalen Aids-Hilfen unterstützen bei der Vermittlung und helfen gerne weiter.
Die Münchner Aids-Hilfe e.V. plant zum Thema Vorsorgeverfügung immer wieder mal Veranstaltungen, um einen Überblick über das Thema zu erhalten.
Der Termin wird im Internet auf der Facebookseite des Vereins rechtzeitig bekannt gegeben.
Darüber hinaus kann selbstverständlich gerne bei der Beratungsstelle der Münchner Aids-Hilfe e.V. ein Termin vereinbart werden (beratungsstelle@muenchner-aidshilfe.de).
Die Autorin ist Diplom-Sozialpädagogin (FH) und arbeitet bei der Beratungsstelle der Münchner Aids-Hilfe e.V. Sie berät dort seit 30 Jahren im Rahmen ihrer Tätigkeiten u.a. zu den Themen Vorsorge, Betreuung, Pflege im Kontext von HIV.