Armin Schafberger und Michael Tappe, Berlin
Neue Entwicklungen um den HIV-Test
Ein Drittel Late Presenter
Die Hälfte aller Neudiagnosen erfolgt spät – d.h. die Zahl der CD4-Helferzellen liegt bereits unter 350/µl (sogenannte „late Presenter“). Ein Drittel der Neudiagnosen wird sogar erst im Stadium Aids bzw. bei einer Helferzell-Zahl unter 200µl gestellt.1 Im Durchschnitt vergehen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) etwa fünf Jahre, bei Heterosexuellen sechs bis sieben Jahre zwischen HIV-Infektion und -Diagnose.2 Diese Zeitspannen gilt es zu reduzieren. Trotz aller Bemühungen ist es im letzten Jahrzehnt jedoch nicht gelungen den Anteil der Spätdiagnosen zu reduzieren.
Mehr HIV-Tests anbieten
Abb. 1 Webseite von „Let`s talk about sex“. Kommunikationstrainings für die Arztpraxis www.hiv-sti-fortbildung.de
© DAH
In
Deutschland wollen wir erreichen, dass kein Mensch mehr an Aids
erkrankt. Dies ist das Ziel der Kampagne „Kein Aids für alle –
bis 2020“ der Deutschen AIDS-Hilfe
(www.kein-aids-fuer-alle.de).
Sie wendet sich einerseits an die
Bevölkerung, um über die
HIV-Infektion aufzuklären und Ängste vor dem HIV-Test abzubauen.
Sie wendet sich andererseits an
Ärztinnen und Ärzte, denn die meisten Spätdiagnostizierten hatten
über die Jahre mehrfach Kontakt mit dem Gesundheitssystem, ohne dass
ein HIV-Test durchgeführt wurde. Die Deutsche AIDS-Hilfe bietet
daher Hausärzt_innen nützliche Hilfestellungen, um in der Praxis
diejenigen zu erkennen, denen ein HIV-Test vorgeschlagen werden
sollte. Doch wie kommt man möglichst frei von moralisierenden
Bewertungen über die Sexualität ins Gespräch? Eine abwehrende
Haltung des Fragenden nehmen Patient_innen wahr und werden in Scham-
oder Schuldgefühlen bestärkt.3
Viele Ärzt_innen sind unsicher und fühlen sich dafür nicht
ausreichend ausgebildet.4
Aus diesem Grund hat die Deutsche AIDS-Hilfe mit ärztlichen
Fachgesellschaften (dagnä, DSTIG und DAIG) und der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ein Fortbildungsprogramm
entwickelt. Ärztliche
Qualitätszirkel, Kliniken, Gemeinschaftspraxen und Medizinische
Fakultäten haben die Möglichkeit, kostenfrei zwei bis vierstündige
Workshops zu buchen (www.hiv-sti-fortbildung.de).
In den Veranstaltungen lernen die Teilnehmenden, ihre Kommunikation
zu Fragen der Sexualität zu verbessern und eine Sexualanamnese
empathisch und zielführend durchzuführen.
Neue Testangebote
Über 50 Aidshilfen bieten in ihren Checkpoints Tests auf HIV und Geschlechtskrankheiten an. In großen Checkpoints steht an 3 bis 4 Abenden in der Woche ein umfassendes Angebot von Schnell- und Labortests zur Verfügung, in kleineren Checkpoints einmal pro Woche oder Monat mindestens der HIV-Schnelltest.
Dieses Angebot wird 2018 erweitert:
- mit dem S.A.M-Projekt wird seit Juli 2018 der Einsatz von Einsendetests erprobt
- ab Oktober 2018 stehen – auch in Aidshilfen – HIV-Selbsttests zur Verfügung
- in Berlin geht im Rahmen der Fast-Track-City-Initiative ein „Checkpoint XXL“ an den Start.
Vorbild Großbritannien
S.A.M ist ein
Kooperationsprojekt
von:
Münchner Aids-Hilfe
SUB München
Aidshilfe Nürnberg
Aids-Beratungsstelle Regensburg
ViiV Healthcare, München
Labor Lademannbogen, Hamburg
Deutsche AIDS-Hilfe, Berlin
In Großbritannien sind seit einem Modellversuch im Jahr 2013 Einsendetests fest etabliert und werden von verschiedenen Dienstleistern im Auftrag des National Health Service angeboten.5 Ausgangspunkt für die Einführung von Einsendetests waren überfüllte STI-Kliniken. Um die Zahl der Patienten zu reduzieren, trennte man sie: Symptomatische Patienten sollten in der Klinik untersucht werden, asymptomatischen Patienten wurde ein Testkit angeboten, mit dem sie selbst Proben abnehmen und einsenden konnten. Angesichts einer steigenden Zahl von Untersuchungen bei Symptomlosen/Gesunden auch durch die Einführung der PrEP und den in den nächsten Jahren sich verschärfenden Ärztemangel könnte die „arztsparende“ Untersuchung auf STI im Rahmen von S.A.M auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen.
In Großbritannien kann man bei verschiedenen Dienstleistern (z.B. SH:24) online HIV- und STI-Test-Kits kostenfrei bestellen. Ein Berater- und Ärzteteam des Dienstleisters kontrolliert die Bestellungen und fragt im Zweifel nach. Zudem kann online oder telefonisch eine Beratung erfolgen bzw. bei reaktiven Testergebnissen eine Überleitung in die Behandlung. Der Service steht nicht überall und nicht immer zur Verfügung. Nur in einem Teil der Distrikte übernimmt der National Health Service die Kosten, Anfragen mit den »falschen« Postleitzahlen werden abgewiesen. Außerdem gibt es eine Obergrenze: Wenn in einem Quartal das Budget ausgeschöpft ist, werden keine Probenmaterialien mehr versendet.
S.A.M: Einsendetests
Abb. 2 Webseite S.A.M Interessierte melden sich online an
In Deutschland wird zurzeit ein Pilotprojekt durchgeführt, um zu evaluieren, ob Einsendetests im hiesigen gesundheitspolitischen und rechtlichen Rahmen erfolgreich eingesetzt werden können.
In der AIDS-Hilfe München wurde im Frühjahr 2017 in einer Proof-of-Concept-Studie die Akzeptanz und Praktikabilität von Einsendetests geprüft. 118 Probanden führten vor Ort die umfangreiche Probenentnahme durch: Kapillarblut für den HIV- und Syphilis-Test sowie Abstriche und Harnproben zur Gonokokken- und Chlamydien-Diagnostik (Nukleinsäure). Die Akzeptanz war hoch – knapp 90% waren nach der Blutprobengewinnung weiterhin gewillt und nach eigener Einschätzung auch in der Lage, die Entnahme zuhause durchzuführen.6
Pilot in Bayern
S.A.M-Kit
HIV-Test der 4.-Generation (Ag/AK)
Syphilis-Serologie
Gonokokken/Chlamydien-PCR:
Abstriche rektal, vaginal, pharyngeal
Gonokokken/Chlamydien PCR: Urin
Mitte Juli 2018 startete in vier bayerischen Checkpoints in München, Nürnberg und Regensburg (s. Kasten) Phase 2 des Projekts. Interessierte melden sich online über die S.A.M-Webseite (www.samtest.de) für einen Termin in einem Checkpoint ihrer Wahl an und geben ihre Handynummer an. Diese dient im weiteren Prozess der Identifizierung des Kunden. Der Name hingegen kann ein Fantasiename sein – die Test-Kits können auch an eine Packstation gesendet werden.
Erstkontakt persönlich
Im Gegensatz zum britischen Modell erfolgt nach einer online-Anmeldung per Telefon eine Terminvergabe für einen ärztlichen Erstkontakt im Checkpoint zur Aufklärung, Anamneseerhebung und Einwilligung. Das erste Test-Kit wird dann im Checkpoint den Klienten ausgegeben und bar bezahlt (32,- Euro). Es gibt verschiedene Kits für MSM, heterosexuelle Männer und Frauen. Zudem wird unterschieden, ob bei der Person jemals eine Syphilis vorgelegen hat – bei Syphilis im Vorbefund erfolgt kein Suchtest sondern gleich eine umfassende Serologie.
Klienten nehmen die Proben zuhause ab und senden sie in einem vorfrankierten Umschlag an das Labor Lademannbogen in Hamburg. Von dort werden die Ergebnisse über eine Software-Schnittstelle automatisch auf die S.A.M-Plattform übertragen.
Mitarbeiter_innen der Aidshilfen loggen sich über eine sichere 3-Phasen-Identifizierung auf die Plattform ein und sehen, wenn neue Befunde vorliegen. Der Checkpoint, in dem sich die Klient_innen registriert haben, ist für die weitere Betreuung verantwortlich.
Bei negativen Befunden wird durch den Checkpoint eine vorformulierte Ergebnismitteilung über einen SMS-Service versendet. Ist mindestens ein Befund positiv, wird eine SMS mit der Nachricht, dass eine behandelbare Infektion vorliegt und der Klient bzw. die Klientin den Checkpoint anrufen solle, versendet. Im Telefonat wird dann der positive Befund mitgeteilt und sicher gestellt, dass das Ergebnis verstanden wird und eine Behandlung erfolgen kann.
Folge-Testkits
Beim Erstkontakt wird festgelegt, in welchem Zeitabstand weitere Tests zur Verfügung gestellt werden sollen – alle 3, 6, 9 oder 12 Monate. Nach Ablauf dieser Zeit erhält der Klient/die Klientin von der S.A.M-Plattform eine automatisierte SMS mit dem Hinweis, dass nun der Versand des nächsten Testkits anstehen würde. Dann erfolgt die Bezahlung des Tests per Kreditkarte; die Abwicklung der Überweisung erfolgt über einen Kreditkarten-Service. Die lokalen Aidshilfen und die Deutsche Aids-Hilfe haben keinen Zugang zu den Kreditkarten-Daten, sondern sehen lediglich auf der S.A.M-Plattform, ob bezahlt wurde. Der Klient/die Klientin kann die Bestellung per SMS auch verschieben oder nicht in Anspruch nehmen.
Der Versand der Folge-Testkits erfolgt von der Deutschen Aids-Hilfe in Berlin aus. Die Ergebnismitteilung per SMS oder Telefon bleibt auch bei Folgetests in den Händen der regionalen Checkpoints.
Abb. 3a-b Beispiele für Probensets mit ausführlicher Anleitung für die Blutprobe und den Rektalabstrich
© DAH
Rückfragen und Änderungen
Rückfragen oder Änderungen von Telefonnummer oder Testzeitraum erfolgen per sms zwischen Klienten/Klientinnen und der Deutschen Aids-Hilfe. Wenn die Blutabnahme nicht gelungen ist oder wenn zu wenig Blut für die Analyse gewonnen wurde, versendet die Deutsche AIDS-Hilfe per Mitteilung des Labors Lademannbogen ein weiteres Test-Kit, das dann nur noch die Blutabnahme enthält. Die Kommunikation mit den Klienten erfolgt per sms, die Kommunikation zwischen DAH, Checkpoints und Labor Lademannbogen über die S.A.M-Plattform. Einsicht in die Plattform haben nur ausgewählte Mitarbeiter_innen der Aidshilfen, nicht jedoch ViiV Healthcare und Labor Lademannbogen.
Laufzeit und Zukunft des Projekts
In der 14-monatigen Laufzeit des Projekts (bis August 2019) stehen für maximal 1.300 Klienten Tests zur Verfügung. Es geht darum zu prüfen, ob das Modell mit Arztkontakt attraktiv genug ist, Klienten mit einem substanziellen HIV- und STI-Risiko für diese Form einer regelmäßigen Testung auf HIV und STI zu gewinnen. Es könnte auch sein, dass der Arztkontakt eine zu hohe Hürde darstellt – die bisherigen Erfahrungen aus Großbritannien und Belgien kommen aus Projekten ohne Arztkontakt.
Die aufwändigen Pilotphasen wurden von ViiV Healthcare finanziell, logistisch und personell unterstützt. Mit Ende der Pilotphasen endet auch die Unterstützung durch ViiV, die von Anfang an als zeitlich begrenzte Anschubfinanzierung geplant war.
Bei einem erfolgreichen Betrieb von S.A.M kann und sollte das Projekt auch auf die anderen Bundesländer ausgeweitet und andere Checkpoints eingebunden werden. Auch die Beteiligung von Gesundheitsämtern und Arztpraxen ist möglich. Der Aufwand für den Aufbau und Betrieb der gesicherten Online-Plattform ist hoch, ebenso der logistische Aufwand der Bereitstellung von Testkits im Labor, der Deutschen AIDS-Hilfe und den Checkpoints. Dauerhaft zukunftsfähig wird S.A.M also nur sein, wenn die Pilotphase gelingt und die Inanspruchnahme entsprechend hoch ist.
Rechtliche Situation
Einsendetests stellen im Gegensatz zu HIV-Selbsttests medizin-rechtlich eine größere Herausforderung dar. In Großbritannien und Belgien reicht eine online-Einwilligung für die Zusendung und Durchführung der Diagnostik im Labor. Zur Frage, ob dieses Konstrukt dem deutschen Recht genügt, gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Um auf der sicheren Seite zu sein, haben wir uns entschieden, im Pilotprojekt die Einwilligung der Klienten bei einem ärztlichen Erstkontakt einzuholen. Dies hat den Nachteil, eine neue Barriere aufzubauen.
Chancen und Risiken von Einsendetests
Einsendetests stellen eine niedrigschwellige Variante für Personen dar, die regelmäßig nicht nur einen HIV-Test, sondern auch Tests auf andere STI benötigen. Von den Einsendetests könnten gerade diejenigen profitieren, die einen weiten Weg zur nächsten Testeinrichtung haben.
Personen, die eine HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) einnehmen, könnten eine in Zukunft zusätzliche Interessentengruppe für S.A.M sein, denn begleitend zur PrEP sollten alle drei Monate HIV- und STI-Tests durchgeführt werden. Neben einer HIV-, Syphilis-, Gonokokken- und Chlamydiendiagnostik wäre mit Einsendetests für Nutzer der PrEP auch eine Kreatininbestimmung im Blut möglich. Diese ist im Testangebot des Pilotprojekts jedoch noch nicht enthalten.
Eine Herausforderung bei Einsendetests ist der Datenschutz. Das System gewährleistet keine Anonymität wie der Selbsttest. Klienten geben zwingend ihre Handynummer und in der Regel auch ihre Postadresse (bzw. eine Packstation) an. Umso wichtiger ist es seitens der Anbieter, Datenschutz und Vertraulichkeit zu gewährleisten.
Eine Hürde sind Kosten von ca. 32 Euro pro Testkit, die derzeit von den Klienten selbst getragen werden. Hier gilt es, Einsendetests zukünftig in die Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung zu überführen.
HIV-Heimtest
Mit Selbsttests können Personen erreicht werden, die einen Test im Gesundheitswesen meiden – vielleicht weil sie fürchten, durch eine HIV-Testung stigmatisiert zu werden. Zudem hofft man, dass Personen mit höherem Risiko mithilfe dieses Angebots häufiger einen HIV-Test durchführen: In einer australischen Studie mit 362 Männern konnte belegt werden, dass sich bei Verfügbarkeit von Selbsttests die Testfrequenz bei MSM verdoppelt. Der Effekt war bei der Gruppe von Männern ausgeprägter, die sich bislang kaum hatten testen lassen. Die Männer in der Interventionsgruppe erhielten vier Selbsttests und konnten bei Bedarf noch Tests nachbestellen. Befürchtungen, dass Männer, die Selbsttests verwenden, sich künftig den Gang in die Klinik zum STI-Check sparen könnten, haben sich nicht bestätigt.7
Selbsttest in Europa
In Großbritannien und Frankreich wurden Selbsttests erstmals 2015 auf den Markt gebracht. In Frankreich wurden in den ersten eineinhalb Jahren (bis März 2017) 180.000 Tests vertrieben – zwei Drittel zum Preis von 25 bis 28 Euro über Apotheken, ein Drittel wurde kostenlos von Gesundheitsdienstleistern verteilt. Der HIV-Meldebogen wurde um die Rubrik »Selbsttest« angepasst, ab 2018 rechnet man mit den ersten erfassten Meldungen.8 Aus diesen Daten erwartet man in Frankreich dann eine Klärung darüber, welchen Anteil die Selbsttests als Suchtest in der Versorgung spielen und für welche Personengruppen sie relevant sind. Seit 2016 sind Selbsttests auch in Belgien auf dem Markt, seit 2017 in Malta, den Niederlanden und Italien.
Deutschland am Start
Bislang war in Deutschland durch die Medizinprodukteverordnung, § 3, Absatz 4, die Abgabe von HIV-Tests an Laien untersagt. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte im Juli 2017 einen Fachtag zum Thema Selbsttests und Einsendetests durchgeführt: Die eingeladenen Experten haben einstimmig empfohlen, die derzeit in Deutschland noch bestehenden rechtlichen Hindernisse für die Vermarktung von HIV-Selbsttests aufzuheben. Dazu muss die Medizinprodukteverordnung geändert werden. Dann – voraussichtlich ab Oktober 2018 – ist der Weg frei für den Vertrieb von HIV-Selbsttests.
Welcher Test?
Abb. 4 Selbsttests: Exacto, Autotest-VIH, Insti. Da die Tests erst auf den deutschen Markt kommen, wird sich das Design der Verpackung noch ändern
@DAH
Seit Jahren werden Selbsttests über das Internet angeboten. Die Anwendung war bei diesen Produkten kompliziert und fehlerbehaftet.9 Zudem gab es keine speziellen Anleitungen und Unterstützungen für Laien. Dies ändert sich mit der Entwicklung neuer Selbsttests.
In Europa gibt es derzeit drei zugelassene Produkte, die leicht anwendbar sind:
- Exacto des französischen Herstellers BioSynex. Der Vertrieb in Deutschland erfolgt über die Fair Squared GmbH in Köln, einem Kooperationspartner der Deutschen AIDS-Hilfe
- Autotest VIH der französischen Firma AAZ. Dieser ist in Großbritannien als Biosure-Test auf dem Markt. Der Vertrieb in Deutschland erfolgt durch ratiopharm/teva
- INSTI der Firma Biolytical. Der Vertrieb erfolgt durch die Firma Selfdiagnostics.
Abb. 5a-d Testdurchführung beim Exacto: a) Kapillarblutentnahme mit Stechhilfe, b) Aufnehmen einer definierten kleinen Menge Blut mit Pipette, c) Blut wird auf Testkassette gegeben, d) Bufferlösung wird getropft
@ Biosynex
Exacto: Mit einer Pipette eine winzige Menge Blut aufgenommen, und in das dafür vorgesehene Feld der Testkassette übertragen. In ein zweites Feld werden dann zwei Tropfen Bufferlösung getropft. Das Ergebnis kann nach 10 Minuten abgelesen werden.
Autotest VIH: Die Kapillare ist in den Teststick eingearbeitet, ein kleiner Blutstropfen genügt. Der Stick wird in einen Ständer mit Testflüssigkeit gegeben, nach 15 Minuten wird das Ergebnis abgelesen.
INSTI: Ein Blutstropfen wird in Testflüssigkeit 1 getropft und in die Testkassette gegeben. Dann werden nacheinander zwei weitere Testflüssigkeiten in die Kassette gegeben. Nach einer Minute wird das Ergebnis abgelesen.
Auf firmeneigenen Webseiten bieten die Hersteller Gebrauchsanleitungen und Demonstrationsvideos in mehreren Sprachen an. Die Sensitivität der Tests liegt bei über 99%. Das diagnostische Fenster beträgt wie bei allen Schnelltests 12 Wochen – in dieser Zeit gilt ein negatives Testergebnis als nicht sicher. Mit Labortests hingegen kann bereits nach 6 Wochen eine HIV-Infektion ausgeschlossen werden. Wie bei anderen Suchtests gilt ein reaktives Ergebnis nicht als beweisend, sondern erfordert eine Bestätigungsdiagnostik.
Hindernis Kosten
Selbsttests bieten neue Möglichkeiten in der Prävention – wenn sie kostenfrei im Rahmen von Präventionsaktionen an Personen abgegeben werden. In Europa zugelassene Selbsttests kosten allerdings ca. 15 bis 40 Euro, in den USA über 40 US-Dollar. Damit sind sie kein realistisches Angebot für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen. In Frankreich wird ein Teil der Tests durch Nicht-Regierungs-Organisationen an Menschen mit hohem HIV-Risiko kostenfrei abgegeben. Solche Aktionen könnten auch in Deutschland z.B. im Rahmen von CSD erfolgen. Sie könnten auch Checkpoint-Klienten für ihre Partner mitgegeben werden – wenn diese andere Testmöglichkeiten scheuen.
Neu in Berlin
Berlin ist seit 2016 Mitglied im Verbund der Fast-Track-Cities. Deren Ziel ist es, die UNAIDS-Ziele 90-90-90 schneller zu erreichen – und Stigma und Diskriminierung auf Null zu senken. Deshalb soll noch in diesem Jahr in Berlin ein neuer zentraler Checkpoint entstehen, der durch kommunale Mittel finanziert wird. Im Checkpoint kooperieren niedergelassenen HIV-Schwerpunkt-Ärzte, der öffentliche Gesundheitsdienst und die Testprojekte von Fixpunkt, der Schwulenberatung und der Berliner Aidshilfe.
Der Checkpoint wird ein integriertes Konzept von Testung und sofortiger STI-Behandlung bieten. Auch die PrEP steht zur Verfügung, der Senat finanziert 500 PrEP-Verordnungen für sozial Schwache – zumindest war das die Planung bis zur von Jens Spahn angekündigten Kostenübernahme durch die Gesetzlichen Krankenkassen. Auch eine Clearing-Stelle für Nicht-Versicherte soll entstehen. Der Checkpoint soll über die Gesetzliche Krankenkasse abrechnen können, zudem können privatärztlich Leistungen erbracht werden. Für Nicht-Versicherte stehen kommunale Ressourcen zur Verfügung.
1 Robert Koch-Institut: HIV-Jahresbericht 2016. Epidemiologisches Bulletin Nr. 39, 28. September 2017
2 Robert Koch-Institut: Schätzung der Zahl der HIV-Neuinfektionen und der Gesamtzahl der Menschen mit HIV in Deutschland. Epidemiologisches Bulletin Nr. 47, 23. November 2017
3 Loss J, Wolf A: Projekt zur Erforschung und Entwicklung von HIV- und STD-Präventionsstrategien für MSM in der ärztlichen Praxis. Abschlussbericht zur qualitativen Datenerhebung. Bayreuth. Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth 2009, 26f
4 Verhoeven et al.: Discussing STIs: doctors are from Mars, patients from Venus. Fam Pract. 2003 Feb;20(1):11-5
5 Anbieter von Einsendetests im Auftrag des National Health Service sind z.B. Preventx und Mesmac https://www.test.hiv/ sowie SH 24 https://sh24.org.uk/
6 Knoll C.: Home-Sampling – zuhause testen ohne Heimtest. Vor- trag auf dem Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress, 16. Juni 2017, Salzburg
7 Jamil MS et al.: Access to HIV self-testing doubles the frequency of HIV testing among gay and bisexual men at higher risk of infection: a randomised controlled trial. 21st International AIDS Conference, Durban, abstract FRAC0102, 2016
8 Direction générale de la santé: PREP, Self-Testing. 1st HIV/AIDS, Hepatitis and Tuberculosis Think Tank Meeting, 21- 22 June 2017, Luxembourg
9 Mohnwitz M. (Pseudonym): Bis auf‘s Blut. Eine Glosse im HIV- Report der Deutschen AIDS-Hilfe e.V., 02/2013, http://www.hiv- report.de