Neue Leitlinien zur ART
In den Deutsch-Österreichischen Leitlinien gilt nach wie vor die Empfehlung zur raschen Einleitung der Behandlung. Diese kann aber auch verzögert erfolgen bei Elite-Controllern und asymptomatischen HIV-Positiven mit nicht beeinträchtigtem Immunstatus.
Primärtherapie
Abb 1 Empfohlene Firstline-Regime
Abb 2 Empfohlene Firstline-Regime ohne Resistenztest
Zu den empfohlenen Firstline-Regimen gehören „Eintablettenregime“ und „Mehrtablettenregime“ mit einer Ankersubstanz aus einer der drei Klassen. Integrasehemmer, NNRTI- und Proteasehemmer-basierte Regime in Kombination mit einem bzw. zwei NRTI werden gleichermaßen empfohlen (Abb. 1). Neu in die erste Riege aufgestiegen sind Dolutegravir/3TC sowie Doravirin/TDF/3TC. Liegt das Ergebnis des Resistenztests bei Therapiebeginn noch nicht vor, „sollen nur Therapien angesetzt werden, für die kaum Primärresistenzen zu erwarten sind und die eine hohe genetische Barriere für die Resistenzentwicklung aufweisen“ (Abb. 2). Im weiteren Verlauf kann die Therapie ja dann angepasst werden.
Wirtschaftlichkeit
Besonders wichtig, gerade in Zeiten von Generika, Generikaquoten und Festbetrags-Regelungen ist die Frage, welchen Einfluss das Wirtschaftlichkeitsgebot auf die Auswahl der Initialtherapie hat. Hier haben die Fachgesellschaften klar Stellung bezogen (Zitat):
- Bei der Verordnung darf darauf vertraut werden, dass in aller Regel der indikationsgerechte Einsatz zugelassener ART nicht im Konflikt mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Geltungsbereich österreichischer oder deutscher Gesetzgebung steht.
- Die Auswahl der ART hat sich vorrangig am Patientenwohl zu orientieren. Stehen nach Prüfung der individuellen Fallkonstellation therapeutisch gleichwertige Therapieoptionen zur Verfügung, stellen die Arzneimittelkosten ein zusätzliches Auswahlkriterium für die Therapieauswahl dar.
- Wenn im Einzelfall aufgrund individueller Faktoren wie Wirksamkeit, Verträglichkeit und Begleiterkrankungen eine primär empfohlene oder indikationskonforme ART nicht in Frage kommt, kann vom Kostenträger eine stichhaltige fachliche Begründung für das abweichende ärztliche Vorgehen verlangt werden. Verordnenden Ärztinnen und Ärzten wird empfohlen, stichhaltige Gründe für die Therapieentscheidung sorgfältig zu dokumentieren.
Bei der Vereinfachung, d.h. Umstellung von einer Zwei- oder Dreifachkombination, sollten Single-Tablet-Regime (STR) bevorzugt werden. Zu berücksichtigen sind dabei Patientenwünsche, Begleiterkrankungen sowie frühere Resistenztestungen. Auch der Preis kann ein Grund für einen solchen Wechsel sein.
Neue EACS-Leitlinien
In den europäischen Leitlinien ist die Riege der empfohlenen ART-Regime zur Firstline-Therapie kleiner geworden. NNRTI- und Proteasehemmer-basierte Regime werden nicht mehr empfohlen. Lediglich INSTI werden noch als Ankersubstanz empfohlen in Kombination mit einem oder zwei NRTI. Neu in den „ergänzenden Hinweisen“ ist die Erwähnung einer möglichen Gewichtszunahme bei Bictegravir und Dolutegravir, während bei Dolutegravir/3TC – anders als in den deutschen Leitlinien – die Restriktion „CD4-Zahl >200 Zellen/µl“ weggefallen ist (Abb. 3).
I ABC contraindicated if HLA-B*57:01 positive. Even if HLA-B*57:01 negative, counselling on HSR risk still mandatory. ABC should be used with caution in persons with a high CVD risk (> 10%), page 54
II A pooled analysis of 8 RCT showed greater weight increase in persons initiating ART including INSTI, and in particular BIC or DTG, compared to PIs or NNRTIs [13]
III Two randomized controlled trials (performed in South Africa and Cameroon) showed that, in comparison with EFV, treatment with DTG in naïve persons was associated with increased weight increase when combined with TAF/FTC, TDF/ FTC or TDF/3TC. The effect on increased weight was more important for women under treatment containing both DTG and TAF [14], [15]
IV In certain countries, TDF is labelled as 245 mg rather than 300 mg to reflect the amount of the prodrug (tenofovir disoproxil) rather than the fumarate salt (tenofovir disoproxil fumarate). There are available generic forms of TDF, which instead of fumarate use phosphate, maleate, and succinate salts. They can be used interchangeably When available, combinations containing TDF can be replaced by the same combinations containing TAF. TAF is used at 10 mg when coadministered with drugs that inhibit P-gp, and at 25 mg when coadministered with drugs that do not inhibit P-gp The decision whether to use TDF or TAF depends on individual characteristics as well as availability. So far, there are only limited long-term data on TAF. If the ART regimen does not include a booster, TAF and TDF have a similar short-term risk of renal adverse events leading to discontinuation and bone fractures.
TAF
*** should be considered as a first choice**** over TDF in individuals with:
- established or high risk of CKD, see page 64;
- coadministration of medicines with nephrotoxic drugs or prior TDF toxicity, see page 65;
- osteoporosis / progressive osteopenia, high FRAX score or risk factors, see page 61;
- history of fragility fracture, see pages 61 and 63
*** There are limited data on use of TAF with eGFR <30 mL/min
**** Expert opinion pending clinical data
V RAL can be given as RAL 400 mg bid or RAL 1.200 mg (two, 600 mg tablets) qd. Note: RAL qd should not be given in presence of an inducer (i.e. TB drugs, antiepileptics) or divalent cations (i.e. calcium, magnesium, iron), in which case RAL should be used bid
Abb 3 Empfohlene Firstine-Regime
Beim Switch bei supprimierten Patienten ist geboostertes Darunavir plus Dolutegravir eine neue Option und bei der PEP ist ZDV/3TC als Alternative entfallen und geboostertes Darunavir neu dazugekommen.
Schwangerschaft
Im Gegensatz zur WHO, die Dolutegravir für Frauen in jeder Lebensphase empfiehlt, raten die europäischen Leitlinien von Dolutegravir ab, wenn eine Frau schwanger werden will.
Für therapienaive Schwangere gilt TAF/FTC plus Dolutegravir mittlerweile als empfohlen. TAF wurde zudem aus der Liste der nicht empfohlenen Substanzen in der Schwangerschaft gestrichen.