Interview Prof. Dr. Bernd Salzberger, Regensburg
Neue Aufgaben für die neue Generation

Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie hat viel erreicht. Jetzt steht ein Wechsel an. Ein Blick zurück und nach vorne mit Prof. Bernd Salzberger.

 Prof. Dr. Bernd Salzberger  Universitätsklinikum Regensburg  Klinik und Poliklinik für Innere Medizin
Prof. Dr. Bernd Salzberger Universitätsklinikum Regensburg Klinik und Poliklinik für Innere Medizin

Unser letztes Gespräch war 2020 anlässlich des 15. KIT (HIV&more 1/20). Damals waren Sie gerade als Nachfolger von Gerd Fätkenheuer zum neuen Vorstand der DGI gewählt. Nun sind drei Jahre vergangen. Was ist in dieser Zeit passiert?

Salzberger: Das waren drei bewegte Jahre. Die Corona-Pandemie hat eine große Rolle gespielt, sie hat unsere Arbeit behindert durch die Einschränkung des persönlichen Austauschs, aber sie hat unsere Arbeit auch voran gebracht…

Welchen positiven Einfluss hatte die Coronakrise denn?

Salzberger:Corona hat die Aufmerksamkeit auf die Infektiologie gelenkt. Plötzlich waren Infektiologen wichtig. Jeder – und zwar wirklich jeder Mensch auf dieser Welt – hat gesehen und gespürt, wie entscheidend klinische und wissenschaftliche Infektiologie ist. Die Infektionsmedizin hat heute einen ganz anderen Stellenwert als vor der Coronakrise.

Ein großer Erfolg für Sie und die DGI war die Einführung des „Facharzt/Fachärztin für Infektiologie“.

Salzberger:Ja, wir haben lange darum gekämpft und freuen uns, dass der Facharztschwerpunkt „Innere Medizin und Infektiologie“ in fast allen Ländern schon eingeführt ist. Voraussetzung sind drei Jahre Innere Medizin und drei Jahre Infektiologie.

Wird der neue Facharzt die Kliniken verändern?

Salzberger: Es wird Veränderungen geben, nicht gleich, aber in einigen Jahren. Im Augenblick gibt es nur
wenige Fachärzte/Fachärztinnen für Infektiologie. Geschätzt werden es am Jahresende 100-150 Personen sein, gebraucht werden in Deutschland jedoch mindestens 800 Infektiologen/Infektiologinnen und zwar nicht nur für den Fall neuer Epidemien. In allen großen Kliniken müssen schwere Infektionen versorgt werden. Daher werden sich ähnlich wie in der Schweiz und den USA interdisziplinäre infektiologische Schwerpunkte mit mehreren Fachärzten/Fachärztinnen etablieren.

Was bedeutet das für die Schwerpunkt-Praxen?

Salzberger:Wir brauchen die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen mit infektiologischem Schwerpunkt. MPOX ist ein gutes Bespiel. Dieser Ausbruch wurde fast ausschließlich im ambulanten Bereich aufgefangen. Aktuell stehen in den Praxen HIV, Hepatitis und sexuell übertragbare Infektionen im Vordergrund. Doch auch hier beginnt ähnlich wie in der Krankenhaus-Infektiologie ein Übergang zu einer „breiteren“ Infektiologie. Die „Infektiologie DGI“ bleibt daher zunächst für alle, die das Zertifikat erworben haben.

Welche Rolle spielen die infektiologischen Fachgesellschaften?

Salzberger: Die DGI versteht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft zum einen, wir agieren aber auch als Berufsverband, unter anderem weil wir so viele berufspolitische Themen wie den „Facharzt/Fachärztin für Infektiologie“ angefasst haben und weil wir noch nicht so groß wie andere Fachgruppen, die das trennen können.

Aber wir sind nicht der einzige Spieler auf dem Feld. Wir arbeiten eng mit der dagnä als Vertretung der infektiologischen Schwerpunktpraxen zusammen. Für beide Vereinigungen war jahrelang die HIV-Infektion das zentrale Thema, jetzt sind beide mehr und mehr mit der allgemeinen Infektiologie befasst.

Sie haben die Infektiologie in eine neue Ära geführt. Wie wird es weiter gehen?

Salzberger: Es ist Zeit für einen Generationswechsel. Unsere Generation, wir haben mit dem neuen Facharzt den Rahmen für die Infektiologie geschaffen, mit Leben füllen muss es die neue Generation. Dazu gehört unter anderem eine solide Finanzierung. Die Förderung des BMG für die weiterbildenden Kliniken wird auslaufen, die Finanzierung der Krankenhäuser ist im Umbruch. Das ist eine Chance für die jungen Kolleginnen und Kollegen, aber auch keine leichte Aufgabe. Wir Infektiologen haben kein Endoskop, keinen Herzkatheter, keine OPs, wir arbeiten mit dem Kopf und diese Arbeit war in der Medizin schon immer unterbezahlt.

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