Pascal Vögele, Berlin
Sexuelles Risiko- und Präventionsverhalten von Studierenden
Neben der Umsetzung und dem Kenntnisstand von STI-protektiven Verhaltensweisen wurde insbesondere auch die Selbstwirksamkeit erfasst, um den Zusammenhang dieser mit der Kenntnis über mögliche schützende Verhaltensweisen, sowie der Umsetzung dieser zu analysieren. Hierfür wurden Rangkorrelationen bestimmt und lineare Regressionsanalysen verwendet.
Abb. 1 Kategorisierte Übersicht der sexuellen Identitäten der teilnehmenden Studierenden
Insgesamt nahmen 1.532 Studierende an der Online-Befragung teil. Das Durchschnittsalter der Befragten beträgt 24,8 Jahre. Der Großteil der teilnehmenden Studierenden definiert sich als heterosexuell und cis-geschlechtlich (Abb. 1). Neben der Angabe sich als cis-geschlechtlich, heterosexuell bzw. als Mann, der Sex mit Männern bzw. Frau, die Sex mit Frauen hat, zu identifizieren, gaben 11% aller Befragten eine anderweitige sexuelle Identität an. Hierbei wurden maßgeblich nicht-binäre Identitäten angegeben.
Etwa die Hälfte aller Teilnehmenden (54%) gab an, derzeit in einer festen monogamen Beziehung zu leben. 36% bezeichneten sich aktuell als „single“. Die restlichen Angaben zur aktuellen Beziehungssituation lauteten überwiegend „unsicher“. Polyamouröse oder offene Beziehungsmodelle stellten hingegen eine Seltenheit dar.
Promiskuität
Ein Großteil der heterosexuellen Studierenden und derer mit nicht-heterosexueller Identität hatten in den letzten 12 Monaten zwischen einem und drei sexuellen Kontakten mit verschiedenen Partner*innen. Die SARS-CoV2-Pandemie lässt sich diesbezüglich als möglicher Einflussfaktor für die niedrige Anzahl wechselnder Sexualpartner*innen diskutieren. 14% der Studierenden mit nicht-heterosexueller Identität hatten zwischen vier und zehn Sexualpartner*innen in den letzten 12 Monaten, 6% mehr als zehn Sexualpartner*innen innerhalb der letzten 12 Monate an. Dem gegenüber hatten im gleichen Zeitraum nur die Hälfte der heterosexuellen Studierenden so viele unterschiedliche Partner*innen (7% vier bis zehn bzw. 2% mehr als zehn Sexualpartner*innen) (Tab. 1).
Tab. 1 Nach sexueller Identität kategorisierte Anzahl der Sexualpartner*innen innerhalb der letzten 12 Monate
Tab. 2 Berechnung des Pearsons´Chi2, Cramers V und des Kontingenzkoeffizienten zur Analyse des Zusammenhangs zwischen der sexuellen Identität und des Kenntnisstandes bzgl. STI-protektiven Verhaltensweisen
Alkohol und Drogen
In den letzten sechs Monaten hatte 55% der Teilnehmenden vor oder beim Sex Alkohol getrunken, wobei 78% dies als „selten“ bezeichneten. Illegale Substanzen wurden von 15% konsumiert. In 10% der Fälle handelte es sich um Cannabis, was von 76% als „selten” und von 15% als „meist” im sexuellen Kontext angegeben wurde. In der statistischen Analyse korrelierte Alkohol negativ mit Kondomgebrauch und illegale Substanzen korrelierten negativ mit PrEP und ART.
Prävention
38% der Studierenden benutzen immer, 29% meist ein Kondom zur STI-Prävention. 47% hatten sich noch nie auf STI testen lassen, während 15% einen STI-Test in den letzten 12 Monaten und 23% mehr als ein Jahr zuvor hatten.
Hinsichtlich des Präventionsverhaltens fanden sich Unterschiede zwischen Studierenden mit heterosexueller und nicht-heterosexueller Identität, wobei der Kenntnisstand zu STI-protektiven Verhaltensweisen je nach sexueller Identität unterschiedlich ist. Teilnehmende mit nicht-heterosexueller Identität wiesen bessere Kenntnisstände über STI-protektive Verhaltensweisen auf als heterosexuelle (Tab. 2).
40% der Studierenden gab an, jemals von der PrEP gehört zu haben. Von 1% der Teilnehmenden (n=12) wurde berichtet, die PrEP jemals anlassbezogen oder dauerhaft eingenommen zu haben, sechs davon nahmen PrEP täglich ein. Von den 98,6% der Befragten, die angaben, die PrEP nicht umzusetzen, begründeten 21% dies damit, kein relevantes HIV-Risiko zu haben.
Fazit
Die HIV-Präexpositionsprophylaxe und Schutzimpfungen gegen STI wie Hepatitis B oder HPV sind bei Studierenden wenig bekannt. Zudem zeigt sich eine Diskrepanz zwischen der Bekanntheit und der Umsetzung STI-protektiver Verhaltensweisen. Daher ist es wichtig, Studierende als besondere Zielgruppe über sexuelle Gesundheit, STI und deren Prävention zu informieren.