CROI Community Cure Workshop
Auf dem Weg zur Heilung Sonntag, 22. Februar 2015, Crowne Plaza

Seattle, 22. 2. 2015

Der „CROI-Community Cure Workshop“ hat schon Tradition: Vor drei Jahren fand er zum ersten mal unmittelbar vor der eigentlichen Konferenz statt. Das Programm wurde von Jahr zu Jahr anspruchsvoller. In diesem Jahr gab es drei hochkarätige Vorträge.

Javier Picardo-Martinez: Cord Blood Stem Cell Transplant Program and HIV Cure Research at the IrsiCaixa Institute.

In diesem Vortrag wurde kurz auf die Methode der Stammzelltransplantation zum Zwecke der Heilung einer malignen Bluterkrankung eingegangen. Dass man auf diese Weise eventuell eine HIV-Infektion heilen kann (wie bei dem „Berliner Patienten“ Timothy Brown) oder auch nur zusätzliche Erkenntnisse gewinnen kann, ist dabei nach wie vor nur ein günstiger Nebeneffekt. Die Anzahl der Knochenmarkspender mit der begehrten Delta32-Mutation im Gen für den CCR5-Rezeptor, vor allem in der homozygoten Variante, ist sehr gering ist. Daher sieht man sich nach Alternativen um. Stammzellen aus Nabelschnurblut gelten als viel versprechend- Diese enthalten weniger Antigen als die Zellen Erwachsener, so dass eine geringere HLA-Übereinstimmung erforderlich ist. Momentan werden die Europäischen Nabelschnurblutbanken auf Zellen mit der Delta32-Mutation durchforstet. Man hofft, dass man bis nächstes Jahr etwa 400-500 verwendbare Zellkonzentrate mit homozygoter Delta32-Mutation identifiziert. Diese Zellen werden dann für HIV-positive Empfänger reserviert.

Leider sieht es momentan so aus, als sei die Sterblichkeit nach einer Stammzelltransplantation bei HIV-positiven Patienten höher als man das bisher kannte. Noch ist nicht abzusehen, ob dies nur ein statistisches Phänomen bei den bisher geringen (einstelligen) Fallzahlen ist oder ob es dafür andere Gründe gibt. Denn bisher ist es nicht gelungen, die Heilung bei einem zweiten Patienten zu wiederholen.

Stephen Mason, BMS: Anti-PD-L1 Antibody and HIV Cure Research

Antikörper gegen den PD1-Rezeptor und seinen Liganden PD-L1 sind dabei, die Behandlung einiger Krebsarten zu revolutionieren. Diese auch als „Checkpoint-Blocker“ bekannten Antikörper können eine „Bremse“ lösen, die T-Zellen davon abhält, Krebszellen oder eben auch HIV-infizierte Zellen zu erkennen und abzutöten. Man bezeichnet diese nicht reaktiven T-Zellen zwar als „exhausted“ (erschöpft), blockiert man aber PD1 bzw. dessen Liganden, können die T-Zellen sehr wohl wieder reagieren. Zunächst waren die Hersteller dieser Substanzen sehr zurückhaltend mit dem Einsatz bei HIV, um die Zulassung bei Krebs nicht zu gefährden. Inzwischen sind einige Vertreter zugelassen (PD1-Hemmer von MSD: Pembrolizumab, Keytruda™ sowie PD-L1- Blocker von BMS: Nivolumab, Opdivo™, beide zur Behandlung des malignen Melanoms). Nun wagt man sich auch an die Erforschung bei HIV. In ersten Versuchen bei Makaken sprach etwa die Hälfte mit einer deutlichen Viruslastsenkung und danach Wiederanstieg der Viruslast auf einen niedrigeren Setpoint an. Bei der anderen Hälfte war kein solches Ansprechen zu sehen. Ein Problem dabei könnte sein, dass die eingesetzten Wirkstoffe menschliche Antikörper sind, die im Tiermodell ihrerseits eine Antikörperantwort gegen den Fc-Teil (die „menschliche“ Komponente) des Antikörpers verursachen können und damit möglicherweise die Wirkung verringern. Außer PD1 gibt es aber eine Reihe weiterer Rezeptoren, die die Reaktivität von T-Zellen beeinflussen (u.a. LAG-3, CD244, CD160 und weitere). Möglicherweise ist für eine optimale Wirkung auch hier wieder einmal eine Kombination mehrerer Ansätze nötig. Eine erste Studie zu HIV mit einem PD-L1-Blocker beim Menschen wurde vor kurzem vorläufig gestoppt, weil sich bei Versuchen im Mausmodell bei hohen Dosierungen und längerer Anwendung „Signale“ zeigten, d.h. unerwünschte Wirkungen. Welcher Art diese waren, wurde nicht gesagt. Erst wenn diese Signale abgeklärt sind, können die Untersuchungen an menschlichen Probanden weitergeführt werden.

In einem Nebensatz wurde noch auf ein Problem der Reaktivierung von HIV durch HDAC-Inhibitoren (z.B. Vorinostat, Panobinostat, Romidepsin) hingewiesen: Diese können zwar latent infizierte Zellen aktivieren und damit zur Virusproduktion anregen, gleichzeitig verringern sie aber auch die HLA-Präsentation, die für eine Abtötung durch das Immunsystem erforderlich wäre (d.h. das „shock“ funktioniert, aber das „kill“ klappt anschließend leider nicht so recht). Deshalb ist man nun auf der Suche nach weiteren Substanzen, die die Latenz von HIV durchbrechen können. Solche aktivierte Zellen könnte man dann T-Zellen „zum Fraß vorwerfen“, die man zuvor mit Checkpointblockern wieder scharf gemacht hat.

Afam Okoye: B-Cell Follicle Sanctuary Permits Persistent Productive SIV Infection in Elite Controllers: Implication for HIV Cure Research.

Für das Abräumen von HIV-infizierten Zellen sind vor allem Effektor-CD8-Zellen zuständig. Leider fehlen genau diesen Zellen bestimmte Rezeptoren (CXCR5, nicht zu verwechseln mit CCR5!), die es ihnen erlauben würde, in die B-Zellfollikel (die „germinal centers“) in Lymphknoten einzudringen, wo T-Zellen mit besonders hoher Virusdichte sitzen. Dies könnte sich als weiteres Hindernis auf dem Weg zur Heilung herausstellen.

Anna-Laura Ross (IAS): IAS Towards a Cure Initiative:

Es wurde eine Initiative vorgestellt, die jedem Interessierten Grundlagenwissen rund um das Thema „Heilung von HIV“ vermitteln soll. Die Materialien sollen ständig erweitert und aktualisiert werden und stehen ab sofort auf der Seite http://www.avac.org/cure-curriculum zur Verfügung.

CROI Community Cure Workshop, Seattle, 22. Februar 2015, Crowne Plaza

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