PrEP here, PrEP there, PrEP everywhere!

Seattle, 23. 2. 2015

Schon jetzt lässt sich absehen, dass die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), also die vorbeugende Einnahme von HIV-Medikamenten um eine HIV-Infektion zu verhindern, ein Hauptthema der diesjährigen CROI wird. Heute wurden vier wichtige Studien vorgestellt.

Sheena McCormack: Pragmatic Open-Label Randomised Trial of Preexposure Prophylaxis: The PROUD Study

Studien belegen, dass sich MSM (Männern, die Sex mit Männern haben) durch eine kontinuierliche PrEP schützen können. Nun wurde untersucht, ob dies auch unter Alltags-ähnlichen Bedingungen möglich ist. So wurden zu Studienbeginn lediglich der HIV-Status (ohne PCR), Serumkreatinin und sexuell übertragbare Infektionen untersucht. Verhaltensbasierte Interventionen zu Safer Sex, Adhärenz oder Drogengebrauch blieben den einzelnen Zentren überlassen.

545 Probanden wurden in die Studie aufgenommen. Davon erhielten 276 sofort einmal täglich Truvada® als PrEP, die restlichen 269 erst nach 12 Monaten. Im „Sofort“-Arm gab es 3 neue HIV-Infektionen, im anderen Arm 19. Zwei bzw. sechs der neuen Infektionen traten bereits vor dem ersten Kontrolltermin auf, so dass die Infektionen möglicherweise bereits vor Studienbeginn erworben wurden.

Aus diesen Zahlen ergibt sich eine Schutzwirkung durch die PEP von 86% (p=0,0002, NNT=13). In drei Isolaten von Patienten, die sich infizierten, fand man die M184V-Mutation (gemischt mit dem Wildtyp). Da alle drei Infektionen entweder vor oder unmittelbar nach Beginn der PrEP stattfanden, kann man davon ausgehen, dass diese Mutationen übertragen waren und nicht durch die PrEP selektiert wurden.

In beiden Gruppen gab es relativ häufig sexuell übertragbare Infektionen, allerdings ohne Unterschied zwischen den Gruppen.

Fazit: Die Studie zeigt, dass PrEP auch im Alltag bei MSM funktioniert.

Jean Michel Molina: On Demand PrEP With Oral TDF-FTC in MSM: Results of the ANRS Ipergay Trial

Die dauernde Einnahme von HIV-Medikamenten ist nicht nur hinsichtlich der Adhärenz, sondern auch der Kosten problematisch. Deshalb wurde in der Studie Ipergay der Ansatz einer episodischen PrEP geprüft. Dazu wurde folgendes Einnahmeschema verwendet:

  • 2 Tabletten Truvada® 2-24h vor dem Sex (um möglichst schnell hohe Gewebespiegel zu erreichen)

  • 1 Tablette 24h nach dem Sex

  • 1 Tablette 48h nach dem Sex

Die Kontrollgruppe erhielt Placebo, aber beide Gruppen erhielten die üblichen unterstützenden Maßnahmen (Beratung, Kondome, Gleitgel, Testen und Behandlung von STI, ggf. Impfung gegen HAV/HBV, PEP).

Die Studie sollte bis zum Eintritt von 64 neuen HIV-Infektionen laufen. Da jedoch sehr schnell absehbar war, dass die PrEP erfolgreich war, empfahl das Sicherheitskommitte allen Teilnehmern die PrEP anzubieten. Bis dahin war eine mittlere Nachbeobachtungszeit von 13 Monaten erreicht.

16 Teilnehmer hatten sich in dieser Zeit mit HIV infiziert, davon 14 im Placebo-Arm. Dies ergibt einen Schutzeffekt von 86% und eine NNT von 18. Es gab keinen Trend zu riskanterem Sex in der Verum-Gruppe.

Diese Studie zeigt, dass die episodische PrEP zumindest ähnlich effektiv ist wie eine Dauer-PrEP.

Jared Baeten: Near Elimination of HIV Transmission in a Demonstration Project of PrEP and ART

Sowohl die Antiretrovirale Therapie (ART) des infizierten Partners als auch eine PrEP des nicht Infizierten zeigen im günstigen Falle (d.h. bei guter Adhärenz) eine Schutzwirkung von über 90%. In diesem Projekt wurde versucht, beide Ansätze bei heterosexuellen Paaren mit hohem Risiko zu kombinieren:

  • dem HIV-infizierten Partner wurde eine ART angeboten,

  • in den ersten sechs Monaten wurde dem nicht-infizierten Partner eine PrEP angeboten, um die Zeit zu überbrücken bis die Viruslast beim Partner sicher unter die Nachweisgrenze gesunken war („PrEP as a bridge to ART“).

Bei Paaren, bei denen der Nicht-infizierte Partner eine ART zunächst noch nicht wollte, wurde die PrEP für den Nicht-Infizierten bis 6 Monate nach Beginn der ART zur Verfügung gestellt. Als Vergleichsgruppe diente ein Modell aus den Daten einer ähnlichen, vorangegangen Studie.

In der bisherigen Nachbeobachtungszeit von 858 Patientenjahren wären aufgrund des Modells 40 Neuinfektionen zu erwarten gewesen. Tatsächlich gab es bisher nur zwei, was einer Risikoreduktion von 96% entspricht. In beiden Fällen hatte der nicht infizierte Partner seine PrEP nicht zuverlässig eingenommen. Zusätzlich wechselte einer der Infizierten während der Studie den Partner und der neue Partner war zwar auch HIV-positiv, nahm aber keine ART. Die Studie ist noch nicht beendet und man hofft, noch weitere Daten zu generieren.

Helen Rees: FACTS001 Phase III Trial of Pericoital Tenofovir 1% Gel for HIV Prevention in Women

Nach zwei erfolgreichen PrEP-Studien gibt es leider auch einen Misserfolg zu vermelden: Tenofovir-Gel schützt Frauen nicht effektiv vor HIV.

In der Untersuchung erhielten 1015 Frauen Tenofovir-Gel, 1014 das entsprechende Placebo-Gel. Das Gel musste vor und nach dem Sexakt appliziert werden. Offenbar war diese Art der Anwendung nicht praktikabel genug, denn nur bei 50-60% der Sexakte wurde das Gel verwendet. Insgesamt zeigte sich kein Schutzeffekt durch das Tenofovir-Gel. Berücksichtigte man nur die Daten der Frauen, bei denen man in der Scheidenspülung tatsächlich Tenofovir gefunden hatte und die an einem der 10 vorangegangen Tage Sex hatten, betrug die Schutzwirkung 52%.

Siegfried Schwarze

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