LITERATUR

WIRKSAMER IMPFSTOFF GEGEN HEV


Geographische Verteilung der Hepatitis E.
Orange: Risikogebiete Hepatitis E

Erstmals zeigte ein Hepatitis E-Impfstoff eine sehr gute Effektivität bei problemloser Verträglichkeit. Ein rekombinanter anti-HEV-Impfstoff wurde an 1.794 nepalesischen Soldaten getestet und zeigte eine Schutzwirkung von 95,5% bei sehr guter Verträglichkeit. Das Hepatitis E-Virus (HEV) ist ein enteral übertragbares, einzelsträngiges RNS-Virus. Hepatitiden beim Menschen werden hauptsächlich vom Genotyp 1 ausgelöst. Der Verlauf ist im Allgemeinen benigne, Chronizität tritt nicht auf. Jedoch können bis zu 3% der Fälle letal verlaufen, bei Schwangeren im dritten Trimenon sogar bis zu 25%.

Endemisch ist HEV in Mexiko, Teilen Asiens (u.a. GUS), im Nahen Osten, sowie in Nord- und Westafrika. Die Inzidenz in der Bundesrepublik ist mit 0,04 Fälle/100.000 Einwohner (2003) sehr gering. Die zwingende Notwendigkeit eines HEV-Impfstoffes für die breite Bevölkerung in Europa und Nordamerika ist daher fraglich. -- NP

Shrestha MP, Scott RM, Joshi DM, et al. Safety and efficacy of a recombinant hepatitis E vaccine.
N Engl J Med. 2007;356:895-903

CHRONISCHE HEPATITIS B BEI KINDERN

In einer prospektiven Langzeitbeobachtung wurde der natürliche Verlauf chronischen Hepatitis B bei Kindern dokumentiert. Die italienischen Kinder hatten sich horizontal mit HBV Genotyp D infiziert und wurden 29 Jahre beobachtet. Alle Kinder waren HBsAg-positiv, 89 HBeAg-positiv und acht Kinder HBeAg-negativ.

Von den acht HBeAg-negativen Kindern wurden sechs inaktive Träger und zwei entwickelten eine aktive Hepatitis. Von den 89 HBeAg-positiven Kindern verloren insgesamt 15 (17%) HBsAg und waren im weiteren Verlauf Virus-frei. Vier Kinder hatten bei Studienbeginn eine Zirrhose. Bei allen vieren kam es zur HBeAg-Serokonversion und bei zweien zu einem Rückgang der Fibrose. In zwei Fällen wurde ein HCC beobachtet, das jedoch erfolgreich reseziert wurde. Von den 85 Kindern ohne Zirrhose wurden 84 als inaktive Träger klassifiziert und nur ein Kind entwickelte eine HBeAg-negative Hepatitis. Vier (4,7%) der inaktiven Träger entwickelten eine HBV-Reaktivierung und drei eine geringgradige aktive Hepatitis. Jugendliches Alter scheint somit den Verlauf der chronischen Hepatitis B günstig zu beeinflussen. Im Lauf von drei Jahrzehnten entwickelten insgesamt nur 2% der Kinder ernste Komplikationen. -- NP

Bortolotti F, Guido M, Bartolacci S, et al. Chronic hepatitis B in children after e antigen seroclearance: final report of a 29-year longitudinal study. Hepatology. 2006;43:556-562

LANGZEITVERLAUF DER HEPATITIS C

Langzeitbeobachtungen zum Verlauf der chronischen Hepatitis C beschränken sich meistens auf einen Zeitraum von maximal 20 Jahren. Einer klinischen Arbeitsgruppe der Universität Wien ist es jetzt gelungen, 485 HCV-infizierte Blutspender über 31 Jahre (median) zu beobachten. Die Untersuchung bestätigt den kontinuierlich progredienten Charakter der HCV-Infektion. Nach über 30 Jahren hatten 34% der Infizierten eine fortgeschrittene Fibrose (F3-F4), 4% hatten ein hepatozelluläres Karzinom (HCC), 7,4% waren transplantationspflichtig geworden und 5% waren bereits an ihrer HCV-Infektion verstorben. 291 Patienten hatten einen kompletten HCV-Behandlungszyklus abgeschlossen.

Eine sehr viel höhere Inzidenz an HCC fand eine italienische Arbeitsgruppe in einer Kohorte aus 214 Patienten, die zu Untersuchungsbeginn an einer kompensierten Leberzirrhose (Child-Pugh-Klasse A) litten. Nach neuneinhalb Jahren waren 32% an einem HCC erkrankt, das mit 44% die führende Todesursache darstellte. Aszites und Ikterus war bei 27 bzw. 14% der Patienten aufgetreten. Die Arbeiten zeigen, dass sich die chronische Hepatitis C auch bei langjährig bestehender Infektion kontinuierlich verschlechtert und bei histologisch vorliegendem Leberschaden die Progredienz zu Karzinom und Tod deutlich beschleunigt ist. -- NP

Ferenci P, Ferenci S, Datz C, Rezman I, Oberaigner W, Strauss R. Morbidity and mortality in paid Austrian plasma donors infected with hepatitis C at plasma donation in the 1970s. J Hepatology. 2007; 47:31-6
Sangiovanni A, Prati GM, Fasani P, et al. The natural history of compensated cirrhosis due to hepatitis C virus: a 17-year cohort study of 214 patients. Hepatology. 2006;43:1303-1310

AKUTE HCV-INFEKTION: BEHANDELN ODER WARTEN?

Seit Jahren befinden sich Hepatologen und Infektiologen in einem Dilemma: Bringt es einen Vorteil, Patienten mit einer akute Hepatitis C - sofern sie denn überhaupt entdeckt wird - sofort zu behandeln? Oder ist es gerechtfertigt, eine mögliche Spontaneradikation abzuwarten und Nebenwirkungen und Kosten einzusparen?

Im letzten Jahr wurden zu dieser Frage weitere Studien publiziert. Die wohl größte Untersuchung zu diesem Thema überhaupt hat die Studiengruppe des deutschen Kompetenznetzes Hepatitis vorgelegt. Bei 89 Patienten konnte eine SVR (Sustained Virologic Response) von 71% erreicht werden. Patienten mit sehr guter Adhärenz erzielten sogar eine SVR von 89%. Die Behandlung mit PEG-Interferon alpha-2b Monotherapie über 24 Wochen war im median 76 Tagen (etwa zweieinhalb Monate) post infectionem begonnen worden. Eine ähnlich hohe SVR von 91% war bereits 2003 von Gerlach et al. berichtet worden. Diese Patienten waren sogar erst vier bis fünf Monate post infectionem behandelt worden. Durch den relativ späten Behandlungsbeginn wurde den Patienten eine unnötige Behandlung erspart. 52% (n=24/46) der Patienten hatten innerhalb von 12 Wochen nach Symptombeginn eine Spontaneradikation. Eine weitere Arbeit zeigte eine Spontaneradikationsrate von 23% (n=361) innerhalb der ersten 14 Wochen post infectionem.

Extrapoliert man diese drei Arbeiten, scheint es gegenwärtig gerechtfertigt, mit der Behandlung erst 12 bis 14 Wochen nach vermutetem Infektionszeitpunkt zu beginnen. Auf diese Weise werden unnötige Therapien vermieden und dennoch hohe SVR-Raten erreicht. -- NP

Wiegand J, Buggish P, Boecher W, et al. Early monotherapy with pegylated interferon alpha-2b for acute hepatitis C infection: the HEP-NET acute-HCV-II study. Hepatology. 2006;43:250-256
Gerlach JT, Diepolder HM, Zachoval R, et al. Acute hepatitis C: high rate of both spontaneous and treatment-induced viral clearance. Gastroenterology. 2003;125:80-88
Kamal SM, Moustafa KN, Chen J, et al. Duration of peginterferon therapy in acute hepatitis C: a randomized trial. Hepatology. 2006;43:923-931


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