AASLD • The Liver Meeting 2015 · San Francisco · 13.-17. November 2015
Gut, besser, am besten und dann?
Die Jahrestagung der amerikanischen Lebergesellschaft war gut besucht. Über 10.000 Teilnehmer hörten und sahen die neuesten wissenschaftlichen Daten rund um die Leber. Die meisten Arbeiten beschäftigten sich mit der Hepatitis C. Doch auch in anderen Gebieten geht es weiter. Bei der Hepatitis B wird die Heilung angestrebt und bei der Nicht-Alkoholischen Steatohepatitis (NASH) gibt es zahlreiche Ansätze. Die Substanzen in der Prüfung befinden sich allerdings noch in sehr frühen Phasen der Entwicklung.
Compassionate
Use
Abb. 1 Europäisches Compassionate Use Program. Daclatasvir+Sofosbuvir +/- Ribavirin bei Zirrhose. SVR12 (mITT
Die ersten Erfahrungen zum ersten Einsatz der DAA aus dem Compassionate Use Programm (CUP) wurden vor einem Jahr auf dem Europäischen Leberkongress vorgestellt. Damals waren es vor allem Daten zu Sofosbuvir und Simeprevir. Diesmal gab es eine Fülle von Arbeiten zu dem NS5A-Inhibitor Daclatasvir aus dem europäischen, französischen und US-amerikanischen CUP. Daclatasvir wurde in erster Linie zusammen mit Sofosbuvir mit/ohne Ribavirin bei GT3 eingesetzt. Im Europäischen Programm erreichten 87% der Zirrhotiker (dekompensierte Zirrhose eingeschlossen) die SVR, im französischen Programm 86%. Deutlich besser schnitten die Transplantierten mit 100% SVR im amerikanischen und 93% im europäischen Programm ab. Leider lässt sich aufgrund der Heterogenität der Daten nicht ableiten, wann genau bei diesen schwer kranken Patienten Ribavirin oder eine Therapieverlängerung auf 24 Wochen ein Vorteil ist (Wetzel TM et al., #206; Hezode C et al., #37; Kwo P et al., #220) (Abb. 1).
Therapieverkürzung
Die Therapie mit Ledipasvir/Sofosbuvir bei GT1 kann in bestimmten Situationen auf 8 Wochen verkürzt werden. Bei vielen Patienten wird allerdings nicht verkürzt, obwohl sie die Kriterien erfüllen. In der amerikanischen HCV-TARGET-Kohorte erreichten 97% der Patienten nach 8 sowie nach 12 Wochen die SVR. Patienten, die bei Therapiebeginn Protonenpumpenhemmer einnahmen, hatten häufiger versagt (Terrault N et al., #94). Peter Buggisch vom IFI-Institut in Hamburg heilte alle seine 86 Patienten, die 8 Wochen behandelt wurden (Buggisch P et al., #1205).
Fortgeschrittene Zirrhose
Abb. 2 ALLY 3+: Daclatasvir+Sofosbuvir bei GT3 mit Fibrose/Zirrhose
Nach wie vor gilt: Je weiter die Zirrhose fortgeschritten, umso schwieriger ist der Patient zu heilen. Bei GT3-Patienten mit kompensierter Zirrhose reichen den Daten von ALLY 3+ zufolge 12 Wochen Daclatasvir+Sofosbuvir OHNE Ribavirin. In der Studie wurden durch 12 vs. 16 Wochen 88% vs. 86% dieser schwierigen Population geheilt (Leroy F et al., #LB-3) (Abb. 2). Bei GT1b mit kompensierter Zirrhose sind gemäß TURQUOISE III (SVR 100%) 12 Wochen 3D ohne Ribavirin ausreichend (Poordad F et al., #1051). Bei fortgeschrittener bzw. dekompensierter Zirrhose CHILD B ist 3D nicht empfehlenswert. Hier war es bei Patienten mit GT1a zu schweren Nebenwirkungen gekommen (Mantry PS et al., #722).
Sofosbuvir/Ledipasvir
bei dekompensierter Zirrhose scheint besser verträglich zu sein. In
den Studien SOLAR-1 und -2 waren Nebenwirkungen zwar auch häufig,
aber nicht auf die Medikation zurückzuführen (Muir AJ et al., #96).
Besonders häufig verursacht Ribavirin Nebenwirkungen. Auf diese
Substanz scheint man auch bei fortgeschrittener Zirrhose verzichten
zu können, wenn man drei potente Substanzen kombiniert. In IMPACT
waren alle 19 GT1/4-Patienten mit CPA und alle 21 Patienten mit CPB
nach 12 Wochen Daclatasvir+ Simeprevir+Sofosbuvir geheilt bei guter
Verträglichkeit (Lawitz E et al., #39).
Weniger Transplantationen?
Die Heilung der Hepatitis C verbessert die Prognose. Bei 60/100 Patienten mit fortgeschrittener Fibrose bzw. kompensierter Zirrhose kam es nach der SVR zu einer Verbesserung der Leberstruktur gemessen mit dem Fibroscan – im Mittel nach 2,5 bis 3 Jahren. Bei 34% blieb der Befund unverändert und bei 6% kam es zur Verschlechterung. Negative Prädiktoren waren allein Diabetes und Varizen (Crissien AM et al., #108). In einer anderen Untersuchung konnte ein günstiger Einfluss auf die portale Hypertension nachgewiesen werden. Der HVPG fiel bei 53% um mehr als 20% (Mandorfer M et al., #732). Der MELD-Score von Patienten auf der Warteliste verbesserte sich durch die erfolgreiche Behandlung der Hepatitis C bei 56% der Patienten, wobei er bei 47% um 3 und mehr Punkte sank. Die Dynamik scheint abhängig vom Ausgangs-MELD zu verlaufen. Bei niedrigem MELD wird es rasch besser, bei MELD über 20 langsamer. Bei Patienten mit MELD 15-19 fiel der Score im Schnitt innerhalb von 5 Monaten unter 15. Bei einem Ausgangswert von 20-25 dauerte der Abfall unter 15 im Mittel zehn Monate. Bei einzelnen Patienten kam es allerdings zu einer Verschlechterung. Die Gründe dafür sind unklar (Munoz D et al., #202). Langfristig könnte die Verbesserung der Leberfunktion zu einem Rückgang der Lebertransplantationen führen. In den USA fiel die Zahl der Überweisung zur Lebertransplantation seit der Einführung der zweiten Generation DAA bereits um 23% (Perumpail RB et al., #LB-29).
Salvage
Abb. 3 C-SWIFT. SVR bei Patienten mit/ohne NS5A-RAVs vor Retherapie
Vor Therapiebeginn wird kein Resistenztest empfohlen. Nach Versagen einer DAA-Behandlung ist dies allerdings durchaus empfehlenswert. Beim Versagen von DAA kommt es meist zur Entstehung von RAVs (Resistenz-assoziierte Varianten). NS3-RAVs verschwinden in der Regel relativ schnell innerhalb von zwei Jahren. NS5A-RAVs persistieren viele Jahre und NS5B-RAVs gegen den nicht-nukleosidischen NS5B-Hemmer Dasabuvir liegen dazwischen. Der NS5B-Hemmer Sofosbuvir hat die höchste Resistenzschwelle. Bislang ist nur ein einziger Fall mit einer relevanten RAV nach Versagen beschrieben.
Bei kurzer Therapiedauer scheinen weniger RAVs zu entstehen als bei langer und eine Retherapie mit dem gleichen Regime kann hier aussichtsreich sein. Das wurde bereits bei LDV/SOF-Versagen gezeigt und jetzt auch bei dem neuen Regime Elbasvir/Grazoprevir. In C-SWIFT wurden alle 25 GT1-Patienten mit Versagen nach 4-8 Elbasvir/Grazoprevir+SOF durch 12 Wochen mit dieser Kombination plus Ribavirin geheilt (Abb. 3) (Lawitz E et al., #LB-12). Grundsätzlich sollte man bei der Retherapie jedoch – sofern möglich – die DAA-Klasse wechseln. Eine experimentelle Alternative ist die „Mega-DAA-Kombination“, in der alle Substanzklassen eingesetzt werden. Dieses Konzept wurde in QUARTZ-I verfolgt. Hier wurden 22 Therapieversager behandelt mit GT1a 3D+SOF+RBV 12 vs 24 Wochen oder GT1b 3D+SOF. Die Vortherapien waren sehr unterschiedlich, wobei die meisten Patienten (n=8) zuvor 3D hatten. Jeweils 50% der Patienten hatten mindestens eine NS5A- bzw. NS3-RAV. Alle Patienten erreichten die SVR4 und 14/15 die SVR12 (Abb. 4) (Poordad F et al., #LB-20).
Abb. 4 QUARTZ-I. Retherapie nach DAA-Vortherapie mit 3D+Sofosvbuvir+/-Ribavrin
Genotyp 4
In AGATE-I/II wurden mit 2D (Parietaprevir/r/Ombitasvir) 94% - 100% der GT4-Patienten ohne/mit kompensierter Zirrhose geheilt (Esmat G et al., #708; Asselah T et al., #714). Simeprevir+Sofosbuvir über 12 Wochen heilte in der Studie OSIRIS alle Patienten mit/ohne Zirrhose (El Raziky M et al., #1163). Die SVR-Raten der neuen Kombination Sofosbuvir+Ravidasvir (NS5A-Hemmer einer ägyptisch/amerikanischen Kooperation) mit/ohne Ribavirin lagen zwischen 86% und 100% (Esmat G et al., #LB-4).
Akute Hepatitis C
Bei der akuten Hepatitis C ist man noch auf der Suche nach der optimalen Therapiedauer. Sofosbuvir+Ribavirin 6 oder 12 Wochen reichen nicht aus (SVR 27% bzw. 59%) (Martinello M et al., #1083; Naggie S et al., #1094). Mit potenteren Regimen wie Sofosbuvir/Ledipasvir sowie Sofosbuvir+Simeprevir wurden in SLAM C alle 29 GT1-Patienten in 4 bzw. 8 Wochen geheilt (Basu P et al., #1074).
Blick in die Zukunft
Derzeit stehen wie Jean-Michel Pawlotsky, Paris erklärte, zwei verschiedene Ansätze der Behandlung der Hepatitis C zur Verfügung:
Abb. 5 C-EDGE CO-STAR. Drogenscreening im Urin während der Therapie
- Die Kombination aus einer Substanz mit hoher Resistenzbarriere (aktuell Sofosbuvir) plus eine Substanz mit geringerer Barriere (z.B. Ledipasvir oder Daclatasvir)
- Die Kombination von drei Substanzen mit geringer Barriere (z.B.
3D-Regime).
Und
was kommt morgen? Im nächsten Jahr wird zunächst eine
Fixkombination aus einem Proteasehemmer der zweiten Generation mit
höherer Resistenzbarriere und breiterem Wirkspektrum (Grazoprevir)
und einem NS5A-Hemmer der zweiten Generation (Elbasvir) erwartet.
Später im Jahr steht mit Sofosbuvir/
Velpatasvir der „Nachfolger“
von Sofosbuvir/Ledipavir am Start. In der Pipeline sind jedoch auch
viele weitere Substanzen der bekannten Klassen. Jede Firma entwickelt
ihr eigenes verbessertes Regime, bei dem häufig mehr als zwei
Klassen miteinander kombiniert werden.
Grazoprevir/Elbasvir
Abb. 6 C-EDGECO-STAR. Grazoprevir/Elbasvir bei substituierten Patienten mit GT 1, 4 oder 6. SVR12 (modified Full Analysis Set)
Die
Kombination Grazoprevir/Elbasvir von der Firma MSD, die
voraussichtlich im nächsten Frühjahr auf den Markt kommt, hat ein
breites Studienprogramm aufzuweisen. In den fünf Phase-3-Studien
C-EDGE waren Patienten mit GT 1, 4 und 6 eingeschlossen therapienaiv
und vorbehandelt, mit Zirrhose und ohne Zirrhose, mit
Niereninsuffizienz sowie HIV/HCV-Koinfizierte und auch substituierte
Patienten. In den bereits publizierten Studien hat die Fixkombination
eine gute Wirksamkeit mit SVR-Raten meist über 90% und guter
Verträglichkeit gezeigt. Auf diesem Kongress wurde erstmals die
Studie C-EDGE CO-STAR präsentiert, in der 301 substituierte
therapienaive Patienten mit GT 1, 4 und 6 12 Wochen
Grazoprevir/Elbasvir erhielten. Zur Substitution wurden Methadon und
Buprenorphin eingesetzt. 76% der Patienten hatten GT1a, 21% eine
Zirrhose und 7% eine HIV/HCV-Koinfektion. Insgesamt 95% der Patienten
erreichten die SVR (GT1a 96%, GT1b 97%, GT4 11/11 und GT6 3/5). Jeder
zweite Patient hatte während der Studie Beigebrauch (z.B. Kokain,
Amphetamine usw.), was sich aber nicht negativ auf die Adhärenz
auswirkte. 97% der Suchtkranken nahmen mehr als 95% ihrer Medikamente
ein (Dore G et al., #40) (Abb. 5 und 6).
Abb. 7 Grazoprevir/Elbasvir ohne Ribavirin bei therapienaiven Patienten mit GIT 1, 4 und 6 und Zirrhose. Gepoolte Analyse
Eine gepoolte Analyse aus sechs Studien (GT 1, 4, und 6) belegt die Wirksamkeit der Fixkombination bei kompensierter Zirrhose: 98% (n=169) der therapienaiven Patienten wurden nach 12 Wochen OHNE Ribavirin geheilt, unabhängig vom Schweregrad der Zirrhose im Fibroscan (Abb. 7). Bei den Vorbehandelten (n=233). lag die SVR bei 12 Wochen ohne Ribavirin bei 90%, bei 16 oder 18 Wochen mit Ribavirin dagegen bei 100% (Jacobsen IM et al., #42) (Abb. 8).
Sofosbuvir/Velpatasvir
In der neuen Fixkombination von Gilead wird der Kombinationspartner von Sofosbuvir NS5A-Hemmer Ledipasvir durch den Nachfolger Velpatasvir ersetzt. Die neue Kombination wurde in den ASTRAL-Studien geprüft. Alle Patienten erhielten 12 Wochen Therapie und als Vergleich dienten die historischen Daten von Sofosbuvir+Ribavirin (Ausnahme dekompensierte Zirrhose).
Abb. 8 Grazoprevir/Elbasvir ohne Ribavirin bei vorbehandelten Patienten mit GIT 1, 4 und 6 und Zirrhose. Gepoolte Analyse. SVR12
Abb. 9 ASTRAL-3. Sofosbuvir/Velpatasvir bei GT3. Resistenzanalyse
An
ASTRAL-1 nahmen Patienten mit GT 1-6 außer GT3 teil (n=624, 20%
Zirrhose, 30% vorbehandelt). Die SVR-Raten lagen in allen Gruppen bei
99-100% (Feld JJ et al., #LB-2). In ASTRAL-2 wurden 120 Patienten mit
GT2 (15% Zirrhose, 15% vorbehandelt) ebenfalls 12 Wochen behandelt.
Die SVR betrug 99% (Sulkowski M et al., #205). In ASTRAL-3 erhielten
277 GT3-Patienten (30% Zirrhose, 26% vorbehandelt)
Sofosbuvir/Velpatasvir. Die SVR lag insgesamt bei 95% (98% naiv ohne
Zirrhose, 89% vorbehandelt mit Zirrhose). Anders als bei den anderen
Genotypen scheinen hier vorbestehende NS5A-Varianten eine Rolle zu
spielen. 16% hatten solche Varianten, die SVR lag in dieser Gruppe
bei 88% und bei Patienten mit Y93H bei 84% (Abb. 9) (Mangia A et al.,
#249). An
ASTRAL-4 nahmen Patienten mit GT 1, 2 und 3 und
dekompensierter Leberzirrhose teil. Hier wurden 12 W SOF/VEL vs 12 W
SOF/VEL + RBV vs 24 W SOF/VEL geprüft. Die SVR-Raten lagen bei 83%
vs 94% vs 86%. Das heißt 24 Wochen waren nicht besser als 12 Wochen,
wobei die Zugabe von Ribavirin bei den 12 Wochen das Ergebnis
verbesserte. Auch hier lohnt sich der Blick ins Detail: Besonders
gravierend war der Unterschied bei GT3 (50% vs. 85% vs. 50%) –
allerdings bei zum Teil kleinen Patientenzahlen (Charlton M et al.,
#LB-13)(Abb. 10). Die Verträglichkeit bei den schwer kranken
Patienten war im Allgemeinen gut, die Nebenwirkungen in erster Linie
Ribavirin-assoziiert. Damit scheint die „One Size Fits
All“-Strategie der ASTRAL-Studien weitgehend aufgegangen zu sein
(Ausnahme GT3-dekompensierte Zirrhose). Modifikationen dieser
Strategie sind bei dieser Fixkombination offenbar nicht geplant. Als
Antwort auf eine entsprechende Nachfrage aus dem Publikum erklärte
der Autor der Studie ASTRAL-1 dies Thema kurzerhand zum nicht
relevanten „Luxusproblem“.
Geheilt in drei Wochen!
Abb. 10 ASTRAL-4: Sofosbuvir/Velpatasvir bei dekompensierter Zirrhose
Die beiden neuen Fixkombinationen sind aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Dahinter kommen weiter verbesserte Substanzen und Kombinationen. In vielen kleinen Studien wurden die neuen Drei-Klassen-(und mehr)-Regime mit überwiegend guten Ergebnissen geprüft. Was kann also überhaupt noch verbessert werden? Eine Idee dazu kommt aus Hongkong: Mit einer Response-gesteuerten Therapie könnte man die Therapiedauer verkürzen und so viel Geld sparen. Dies Konzept hat in der Pilot-Studie SODAPI gut funktioniert. 26 GT1b-Patienten ohne Zirrhose wurden mit einer Tripletherapie aus einem Proteasehemmer, NS5A- und NS5B-Hemmer behandelt. Bei Patienten mit einer Viruslast <500 IU/ml am Tag 2 wurde die Behandlung auf drei Wochen verkürzt. 18/26 Patienten (67%) erreichten das SRVR „superschnelle Ansprechen“ und dann nach drei Wochen Behandlung auch die SVR. Einziger Prädiktor für das frühe Ansprechen war die Ausgangs-Viruslast (Abb. 11 und 12).
Abb. 12ODAPI. Patienten, bei den HCV-RNA <500 IU/ml zu Tag 2. Weiterer Verlauf und SVR
Abb. 11 ODAPI. Studiendesign
Hepatitis B
Eine wichtige Neuigkeit zur Hepatitis B betrifft schwangere Frauen. Die antivirale Behandlung bei hoher Virämie kann vertikale Transmissionen verhindern. In einer Studie erhielten 200 HBeAG-positiven Frauen mit einer HBV-DNA >200.000 IU/ml (Mittel >8log10) von der 30-32 Woche ab bis 4 Wochen nach der Entbindung Tenofovir. Alle Neugeborenen erhielten HBIG und wurden aktiv geimpft. Trotz dieser peripartalen Prophylaxe war die Transmission bei den behandelten Mütter geringer (ITT 5,2 vs. 18%, PP 0 vs. 7%) (Pan CQ et al., #209). Eine weitere Arbeit untersuchte die Häufigkeit von Flares in der Schwangerschaft. 6% der 74 Frauen hatten während der Schwangerschaft und 2% innerhalb von 6 Monaten postpartal HBV-DNA- und GPT-Flares (Change CY et al., #123).
Die Behandlung der chronischen Hepatitis B kann das Risiko eines hepatozellulären Karzinoms vermindern. Mehrere Kohorten sahen nach mehrjähriger Behandlung mit Polymerasehemmern eine Reduktion des Risikos unabhängig vom Zirrhosestatus bzw. gerade bei Patienten mit kompensierter Zirrhose (Choi G et al., #122, Papatheodoridis G et al., #2012).
Ziel Heilung
Das neue Ziel bei der Hepatitis B heißt Heilung. Zahlreiche Substanzen sind in der Pipeline. Vorgestellt wurden unter anderem Phase-1-Daten zu NVR 3-778, einem oralen HBV-Core-Inhibitor (Liaw S et al., #LB-10).
HCV-Transmission ohne Blut?
Die Frage, warum es gerade bei HIV-positiven MSM häufiger zur sexuellen HCV-Transmission kommt, wurde bisher immer durch Blut-Kontakt erklärt, z.B. bei verletzungsträchtigen Sexualpraktiken oder Drogengebrauch. Neuere Arbeiten deuten jetzt darauf hin, dass HCV auch ohne Blut im Darm vorhanden ist. In rund 60% der Stuhlproben von HCV-Monoinfizierten wurde das Virus gefunden ohne dass Blut im Stuhl war (Heidrich, B et al., #1002). In einer weiteren Arbeit wurden Rektalabstriche von 45 HIV/HCV-Koinfizierten untersucht. Bei jedem zweiten Mann konnte HCV nachgewiesen werden. Die mediane HCV-Viruslast in Darmabstrich betrug 3log10 und korrelierte mit der Viruslast im Blut. Keinen Einfluss hatten rektale STI oder Lues. Die Autoren errechneten, dass ein „durchschnittlicher beschnittener Penis“ bei Analverkehr etwa 2.500 IU/ml HC-Viren ausgesetzt ist und dass damit ein relevantes Infektionsrisiko ohne direkten Blutkontakt bestehen könnte (Foster A et al., #89).