Sabrina Schmoll und Raphael Stich, München
Chemsex – Intoxikationen – Notfallsituationen

Die Einnahme von Drogen zum Sex mit dem Ziel der Luststeigerung ist seit einigen Jahren in der MSM-Szene verbreitet. Die Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung sowie einer Intoxikation wird von den Konsumenten meist unterschätzt. Insbesondere auf Chemsex-Partys kennen die Konsumenten Art und Inhalt der Drogen oft nicht, verschiedene Substanzen werden gemischt, beginnende Symptome einer Intoxikation von den Konsumenten und der Umgebung aufgrund der Drogen-bedingten psychischen Veränderungen nicht bemerkt. Aufklärung und Wissen um Intoxikation und Therapie ist daher nicht nur für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wichtig, sondern auch für die Konsumenten selbst.

Chemsex – Intoxikationen


„Chemsex“ bezeichnet den gezielten Substanzkonsum vor oder während einer sexuellen Handlung und ist als Akronym von „chemicals“ und „sex“ zu verstehen. Mit der Einnahme kann der Geschlechtsakt vereinfacht, prolongiert sowie das sexuelle Empfinden verstärkt werden.1 Der Begriff wird in der homosexuellen Männerszene verwendet, im heterosexuellen Milieu spricht man eher von sexualisiertem Substanzkonsum. Nicht selten erfolgt der Konsum im Rahmen von „Chemsex-Partys“, die sich über mehrere Tage erstrecken können. Neben den Risiken des Substanzgebrauchs legen Studien ein erhöhtes Risikoverhalten der Verbreitung von sexuell übertragbaren Erkrankungen sowie dem Auftreten von psychiatrischen Komorbiditäten der Anwender nahe.2,3

Obwohl die als „chemsex“ bezeichneten Substanzen nicht klar definiert sind und die Anwendung regional differiert, spielen unter anderem häufig Methamphetamine („Crystal meth“), Mephedron, GHB/GBL („liquid ectasy“) sowie Ketamin eine Rolle.

Substanzen

Methamphetamin

Abb. 1 Methamphetamin Struktur ©Wikipedia
Abb. 1 Methamphetamin Struktur ©Wikipedia

Methamphetamin (N-Methyl-alpha-methylphenethylamin) – in Europa überwiegend als Pulver sowie in kristalliner Form vertrieben – kann nasal oder inhalativ sowie oral oder intravenös konsumiert werden. Laut europäischem Drogenbericht meldeten die EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2020 6.000 Sicherstellungen von Methamphetamin mit einer Menge von 2,2 Tonnen und einer Zunahme von 107% im Zeitraum 2010 bis 2020.4 Als Synthetikum von Ephedra – einem aus der chinesischen Medizin stammenden pflanzlichen Extrakt von „Ephedra sinica“ – erstmals im Jahr 1919 durch Akira Ogata synthetisiert, erreichte Methamphetamin aufgrund seiner stimulierenden und euphorisierenden Wirkung schnell medizinische Bedeutung. Einst als Bronchodilatator bei Asthma verwendet, wurde die Substanz auch im 2. Weltkrieg als „Pervitin“ als Aufputschmittel für Soldaten eingesetzt und fand aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials schnell Bedeutung auf dem Schwarzmarkt.5,6,7 Die WHO schätzt die Zahl der Abhängigen weltweit auf 35 Millionen.6 Am ehesten aufgrund seiner leistungssteigernden Wirkung findet es auch in der Chemsex-Szene Anwendung.

Substanzeigenschaften/Wirkmechanismus

Methamphetamin gehört zur Gruppe der Phenylethylamine. In der Grundstruktur dem Amphetamin ähnlich, wird durch Modifikation einer Methylgruppe eine erhöhte Lipidlöslichkeit und damit schnellere Anflutung im zentralen Nervensystem ermöglicht (Abb. 1).5 Die Wirkung von Methamphetamin beruht auf einer vermehrten Freisetzung und Wiederaufnahmehemmung von Neurotransmittern an der präsynaptischen Zelle mit resultierenden erhöhten Transmitterkonzentrationen im synaptischen Spalt.6,7

Neben Dopamin spielen hier auch Norepinephrin und Serotonin eine große Rolle. Je nach Applikationsart wird etwa 30 Minuten nach intravenöser Applikation die höchsten Plasma-Konzentrationen erreicht. Die Halbwertszeit wird auf etwa 12 Stunden geschätzt.6,7 Methamphetamin wird zu Amphetamin und Noradrenalin als aktive Metaboliten umgewandelt und renal eliminiert.7

Auf dem Schwarzmarkt werden die Substanzen je nach Aggregatszustand als „speed“, „crack“ oder in kristalliner Form auch als „ice“ bezeichnet vertrieben.

Symptome

Patienten mit Methamphetamin-Intoxikation präsentieren sich mit einem sympathomimetischem Toxidrom. Tabelle 1 gibt einen Überblick über mögliche Intoxikationszeichen. Neben der akuten Vergiftung ist vor allem das Abhängigkeitspotenzial für deutliche Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes der Konsumenten verantwortlich.

Tab. 1  Übersicht Wirkung Methamphetamin nach 7
Tab. 1 Übersicht Wirkung Methamphetamin nach 7

Therapie

Im Rahmen von akuten Intoxikationen ist eine symptomatische Therapie die einzige Behandlungsoption, es existiert kein spezifisches Antidot. Abhängig vom Schweregrad der Vergiftung sollten bei Überwiegen halluzinatorischer, hyperaktiver Symptome sowie Tachykardie und Hypertonie sedierende Maßnahmen z.B. mittels Benzodiazepinen oder anderen Hypnotika etabliert werden. Aufgrund des Risikos für Vasospasmen der großen und kleinen Gefäße (u.a. Koronarspasmen) ist vom Einsatz von ß-Blockern abzuraten. Ebenso sollten bei tachykarden Herzrhythmusstörungen keine Antiarrhythmika, sondern zunächst sedierende Medikamente, Kalziumantagonisten und Alpha-2-Rezeptor-Agonisten Anwendung finden. Bei Auftreten von QRS-Komplex-Verbreiterungen sollte Natriumbicarbonat gegeben werden, zudem sollten die Elektrolyte (v.a. Natrium und Kalium) ausgeglichen sein. Bei QTc-Zeit Verlängerungen (frequenzkorrigiert >500ms, vermehrte Extrasystolie) oder Torsade de pointes Tachykardien ist Magnesium intravenös zu applizieren.8

Mephedron

Mephedron (4-Methyl-N-methycathinone, 4-MMC) als synthetisches Cathinon gehört zur Gruppe der neuen psychoaktiven Substanzen, zu denen unter anderem auch synthetische Cannabinoide, neue synthetische Opiate sowie Benzodiazepine usw. gehören. Synthetische Cathinone sind Analoga des pflanzlichen Catha edulis. Im Internet als „Badesalz“ oder „legal high“ vertrieben, stammen diese Substanzen aus pharmakologischen Laboratorien und sind nicht für den menschlichen Gebrauch zugelassen. Laut EU-Frühwarnsystem stieg die Sicherstellung von Cathinonen von 0,75 Tonnen 2010 auf 3,3 Tonnen im Jahr 2020 an.4 Seit 21. November 2016 versucht der Gesetzgeber mittels des „Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG)“ den Vertrieb der Substanzen und den daraus resultierenden gesundheitlichen Schaden zu begrenzen. Das Gesetz ermöglicht das Verbot ganzer Stoffgruppen und nicht wie bisher einzelner Substanzen.9 Leider nahm der Konsum der neuen synthetischen Substanzen nicht spürbar ab.

Substanzeigenschaften/Wirkmechanismus

Mephedron ist ein ß-keto substituiertes Cathinon aus der Phenylethylamingruppe. Das Wirkmaximum ist von der Konsumart abhängig und tritt bei Insufflation und intravenöser Injektion innerhalb weniger Minuten ein, bei oralem Konsum geht man von einem Maximum nach ca. 45 Minuten aus. Die Wirkdauer liegt bei 2-4 Stunden.7 Mephedron wird meist als Pulver vertrieben. Ähnlich wie MDMA („Ectasy“) führt Mephedron neben der Freisetzung erregender Neurotransmitter auch zur nicht-selektiven Wiederaufnahmehemmung im Gehirn und in der Peripherie.10

Symptome

Ähnlich den Amphetaminen wirkt Mephedron als Sympathomimetikum. Von Konsumenten beschriebene gewünschte Wirkungen umfassen Aktivitätssteigerung, gesteigerte Libido, Euphorie sowie gesteigerte Empathie. Unerwünschte Effekte hingegen umfassen schwere depressive Episoden, extremes Schwitzen, Erbrechen, Agitation sowie Paranoia und Halluzinationen bis hin zu thorakalen Schmerzen.7 Eine Übersicht bietet Tabelle 2.

Tab. 2 Übersicht Mephedron nach 7
Tab. 2 Übersicht Mephedron nach 7

Therapie

Bei Intoxikationen ist eine symptomgesteuerte Therapie zu empfehlen. Es existiert kein spezifisches Antidot (Therapieempfehlung analog dem Kapitel Methamphetamin). Nicht selten sind nach intravenösem Konsum von häufig bakteriell kontaminierten Substanzen septische Krankheitsbilder mit Multiorganversagen und letalen Verläufen zu beobachten. Die Konsumenten sollten über das Abhängigkeitspotenzial der Substanz aufgeklärt werden, eine Anbindung an das Suchthilfesystem ist ratsam.

GHB/GBL

Trotz nicht konsequenter Überwachung von GHB (gamma-Hydroxybutyrat) einschließlich der Vorläufersubstanz GBL (gamma-Butyrolacton) wurden laut europäischem Frühwarnsystem aus 18 europäischen Ländern umfangreiche Sicherstellungen beider Substanzen gemeldet. Im Jahr 2020 war GHB laut Euro-DEN Studie zudem die fünfthäufigste konsumierte Droge, die bei 11% der in der Klinik behandlungsbedürftigen akuten Drogenintoxikationen und bei 35% der Aufnahmen auf Intensivstationen nachgewiesen werden konnte.4

Medizinisch findet GHB – in einigen Ländern – unter anderem in der Behandlung des Alkoholentzugssyndroms (Alcover®) sowie der Behandlung der Narkolepsie Anwendung.11,12 Aufgrund des fehlenden Eigengeschmacks, der durchsichtigen Farbe und der dämpfenden Eigenschaften sorgt GHB als missbräuchlich verwendete „date rape drug“ (K.O. Tropfen) regelmäßig für Schlagzeilen.1 In der „Chemsex“-Szene findet die Substanz aufgrund der euphorisierenden und sexuell stimulierenden Wirkung sowie seiner enthemmenden Eigenschaften Anwendung.1,12

Die einfache Verfügbarkeit der Vorläufersubstanzen z.B. als Reinigungsmittel und die einfache Synthese begünstigen den Missbrauch. 1,4-Butanediol, ein Zwischenprodukt der Kunststoffherstellung und Vorläufersubstanz des GHB, kann in vivo durch enzymatische Reaktionen zu GHB verstoffwechselt werden.

Allgemeines/Substanzeigenschaften

GHB, entsteht aus gamma-Aminobuttersäure (GABA), einem inhibitorischen Neurotransmitter im ZNS durch enzymatische Prozesse.12 In vivo zeigt GHB nach oraler Anwendung einen Serumpeak nach 15-45 Minuten, es ist fettlöslich und durchdringt somit die Blut-Hirn-Schranke. Die Distribution erfolgt zügig, dosisabhängig zeigt sich eine Eliminationshalbwertszeit von 20-53 Minuten.13

Wirkmechanismus

GHB ist sowohl eine Vorläufersubstanz als auch ein Metabolit von GABA und liegt in µmolar-Konzentrationen im zentralen Nervensystem vor. Es bindet mit hoher Affinität an GHB-Rezeptoren, die als exzitatorische GABAA-Rezeptoren identifiziert wurden und sich im zentralen Nervensystem (v.a. Hippocampus und Neocortex) sowie auf Herz-, Pankreas, Leber und Nierenzellen befinden. Die Rezeptorbindung bewirkt eine vermehrte Freisetzung von Glutamat sowie Dopamin, Acetylcholin und 5-Hydroxytryptamine, zudem wird eine Interaktion mit Opioiden angenommen. Mit niedriger Affinität werden inhibitorische GABAB-Rezeptoren gebunden, die zu Sedierung, Hypothermie und selten Atemdepression führen können.12,13

Symptome

Patienten mit Intoxikation durch GHB sind meist tief bewusstlos oder komatös bei erhaltener Kreislauffunktion. Eine Symptomübersicht gibt Tabelle 3. Neben Bewusstseinsstörungen und Bradypnoe sind auch EKG-Veränderungen beschrieben.13

Die Symptome bilden sich meist binnen weniger Stunden zurück. Typisch ist das plötzliche Erwachen aus tiefem Koma ohne Vergangenheit mit retrograder Amnesie.

Im Rahmen von GHB-Entgiftungen bei Abhängigkeit können schwere Entzugssymptome auftreten, insbesondere ein schwer therapierbares Entzugsdelir. Die ersten Symptome können Ängstlichkeit, Schlaflosigkeit, Erbrechen sowie Diarrhoe und Tachykardie sein, gefolgt von Paranoia, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Ein Entzugssyndrom tritt in der Regel rasch nach letzter Einnahme auf und kann mehrere Tage bis Wochen andauern. Therapeutisch wird v.a. zur Anwendung von Benzodiazepinen geraten, die Anwendung von Neuroleptika ist nach Ausschluss von Kontraindikationen zu diskutieren.11

Tab. 3  Übersicht Wirkung von GHB nach 13
Tab. 3 Übersicht Wirkung von GHB nach 13Toxikologisches Labor, Asservate, Abteilung für klinische Toxikologie und Giftnotruf München,
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar, TU


Therapie

Die Behandlung erfolgt symptomorientiert, es existiert kein Antidot. Je nach Schweregrad kann eine endotracheale Intubation und intensivmedizinische Versorgung notwendig werden. In Tierversuchen konnte eine anxiolytische Wirkung von Flumazenil gezeigt werden. Sowohl die Atem- als auch die ZNS-Depression konnten im Tierversuch weder durch die Verwendung von Flumazenil noch durch Naloxon aufgehoben werden.13,14

Ketamin

1,4-Butanediol
1,4-Butanediol

In einer europäischen Online-Erhebung zu Drogen (European Web Survey on Drugs) konsumierten 20% der Befragten in den letzten 12 Monaten LSD sowie 13% Ketamin. Schätzungen der 12-Monats-Prävalenz des Ketamin-Konsums unter jungen Erwachsenen (16 bis 34 Jahre) reichen von 0,4% in Dänemark (2021) bis zu 0,8% in
Rumänien (2019). Trotz niedrig imponierender Prävalenz konnte Ketamin in 1,3% der intoxikierten Patienten mit stationär behandlungsbedürftiger Intoxikation nachgewiesen werden.4

Allgemeines/Substanzeigenschaften

Ketamin (2-chlorophenyl-2-methylamino-cyclohexanon) gehört zur Gruppe der Arylcyclohexamine, deren dissoziativer Wirkeffekt unter anderem einem Antagonismus am N-methyl-D-aspartat-Rezeptor (NMDA-Rezeptor) zugeschrieben wird.7 In der Notfallmedizin als Anästhetikum weit verbreitet findet es auch als „Chemsex-Drug“ aufgrund der dissoziativen und analgetischen Wirkung Anwendung.

Wirkmechanismus

Ketamin liegt als Racemat in zwei optischen Enantiomeren (S- und R-Ketamin) vor, aufgrund des verbesserten Wirkspektrums und geringerer Nebenwirkungen wird für medizinische Anwendungen S-Ketamin bevorzugt verwendet.15

Die Hauptwirkung von Ketamin als Hypnotikum und Analgetikum beruht auf der nicht kompetitiven, antagonistischen Wirkung am ionotropen Glutamat-NMDA-Rezeptor im ZNS sowie im Rückenmark. Zudem ist Ketamin ein schwacher Opioid-Rezeptor Agonist (in therapeutischen Dosierungen). Daneben scheint Ketamin 5-HT2-Rezeptoren sowie D2-Rezeptoren zu beeinflussen. Ketamin ermöglicht eine dissoziative Anästhesie bei erhaltener Atmung ohne hämodynamische Depression.7,15

Der Wirkeintritt sowie die Wirkdauer sind von der Applikationsart abhängig und variieren zwischen intravenöser und oraler Applikation zwischen 30 Sekunden bis zu 20 Minuten. Ketamin wird in der Leber zu aktiven Metaboliten verstoffwechselt und renal eliminiert. Die Halbwertszeit beträgt ca. 1,5-5 Stunden.7,16

Symptome

Im Rahmen von Überdosierungen treten neurologische sowie kardiovaskuläre und respiratorische Symptome auf. Patienten mit Ketamin-Intoxikationen präsentieren sich mit gemischten Symptomen, diese können unter anderem Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen sowie dissoziative Zustände umfassen, kardiopulmonal überwiegen Tachykardie sowie Hypertonie. Gelegentlich treten Übelkeit und Erbrechen sowie Bauchschmerzen
auf. Regelmäßiger Ketaminkonsum scheint zudem für Veränderungen der Gallenwege verantwortlich zu sein.16

Therapie

Ein Antidot existiert nicht. Bei Überwiegen halluzinatorischer und hypertensiver Episoden ist eine Sedierung mittels Benzodiazepinen zu empfehlen, bei Vorliegen von Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma ist die endotracheale Intubation und intensivmedizinische Versorgung notwendig.

Zusammenfassung

SEX

In den meisten Fällen handelt es sich bei Chemsex-Gebrauch um einen polyvalenten Substanzkonsum, der eine symptomatische Therapie erfordert. Diese kann je nach Schweregrad von einer Überwachung bei kardiopulmonaler Stabilität bis hin zur Sedierung und Notwendigkeit einer Intubation mit Kreislaufunterstützung differieren.

Nach Abklingen der Intoxikationszeichen sollte je nach bevorzugter Konsumart eine Aufklärung über Infektionsrisiken (v.a. HIV sowie Hepatitis C bei intravenösem Konsum) erfolgen und ggf. ein Screening veranlasst werden. Zudem ist eine Sensibilisierung über die unkontrollierte Wirkweise und die variablen Wirkstoff-Konzentrationen notwendig. Häufig werden die Substanzen falsch deklariert, wodurch User unklare Substanzen mit unklaren Wirkprofilen und Konzentrationen konsumieren und sich somit die Wahrscheinlichkeit für einen komplikativen Verlauf erhöht.

Neben den Risiken des Substanzgebrauchs sollte nach Behandlung der Intoxikation eine Aufklärung zu Hilfsangeboten im Umfeld erfolgen. Neben spezialisierten Ambulanzen z.B. der Chemsex-Ambulanz der LMU München oder des Uniklinikums Augsburg finden sich Anlaufstellen auch online auf der Homepage der Bundesinitiative für sexualisierten Substanzkonsum (https://biss-chemsex.com) oder der deutsche Aidshilfe (https://aidshilfe.de). Bei polyvalentem Substanzgebrauch ist eine Entgiftungsbehandlung in spezialisierten Kliniken zu empfehlen. Hierfür sollte Kontakt zum lokalen Suchthilfesystem oder den Kliniken direkt hergestellt werden (z.B. in München Abteilung für klinische Toxikologie Klinikum rechts der Isar München, Suchtabteilung C4 LMU-Klinikum München, Tagesklinik Klinikum Schwabing ehemals „Villa“).

Studien zu psychiatrischen Komorbiditäten der Chemsex-User machen den Substanzgebrauch für das Auftreten von Depression, Angststörungen oder Psychosen mitverantwortlich.1 Um den Betroffenen adäquat und niederschwellig Hilfsangebote vermitteln zu können, Gesundheitsrisiken zu minimieren, sowie die Ausbreitung sexuell übertragbarer Erkrankungen einzudämmen, ist neben der Aufklärung auch der Abbau von Scham und Schuldgefühlen notwendig. Weiterführende multizentrische Studien zu lokalen Unterschieden des Substanzgebrauchs und möglichen Komorbiditäten wären ergänzend wünschenswert.


1 Gertzen M, Strasburger M, Geiger J, et al. Chem-sex: Eine neue Herausforderung der Suchtmedizin und Infektiologie. Nervenarzt. 2022;93:263-278.

2 Bourne A, Reid D, Hickson F, et al. Illicit drug use in sexual settings (‘chemsex’) and HIV/STI transmission risk behaviour among gay men in South London: findings from a qualitative study: Table 1. Sex Transm Infect. 2015;91:564-568.

3 Bohn A, Sander D, Köhler T, et al. Chemsex and Mental Health of Men Who Have Sex With Men in Germany. Front Psychiatry. 2020;11:542301.

4 European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction. Europäischer Drogenbericht 2022: Trends und Entwicklungen. [Internet]. LU: Publications Office; 2022 [cited 2022 Oct 12]. Available from: https://data.europa.eu/doi/10.2810/541855.

5 Vearrier D, Greenberg MI, Miller SN, et al. Methamphetamine: History, Pathophysiology, Adverse Health Effects, Current Trends, and Hazards Associated with the Clandestine Manufacture of Methamphetamine. Disease-a-Month. 2012;58:38-89.

6 Romanelli F, Smith KM. Clinical Effects and Management of Methamphetamine Abuse. Pharmacotherapy. 2006;26:1148-1156.

7 Brent J. Critical care toxicology: diagnosis and management of the critically poisoned patient. New York, NY: Springer Berlin Heidelberg; 2017.

8 Zilker TR. Klinische Toxikologie für die Intensivmedizin: Noxen, Symptome, Therapie, Analytik. 2. Auflage. Bremen London Boston: UNI-MED Verlag AG; 2023.

9 Bundesministerium der Justiz. Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz [Internet]. Nov 21, 2016. Available from: https://www.gesetze-im-internet.de/npsg/.

10 Papaseit E, Moltó J, Muga R, et al. Clinical Pharmacology of the Synthetic Cathinone Mephedrone. In: Baumann MH, Glennon RA, Wiley JL, editors. Neuropharmacology of New Psychoactive Substances (NPS) [Internet]. Cham: Springer International Publishing; 2016 [cited 2024 Feb 13]. p. 313–331. Available from: https://link.springer.com/10.1007/7854_2016_61.

11 Bernstein A. Gamma-Hydroxybutyrate (GHB) Withdrawal in a Patient with Polysubstance Use. Journal of Psychoactive Drugs. 2021;53:299-301.

12 Felmlee MA, Morse BL, Morris ME. γ-Hydroxybutyric Acid: Pharmacokinetics, Pharmacodynamics, and Toxicology. AAPS J. 2021;23:22.

13 Mason PE, Kerns WP. Gamma Hydroxybutyric Acid (GHB) Intoxication. Academic Emergency Medicine. 2002;9:730-739.

14 Schmoll S. Intoxikationen durch Drogen. Springer Reference LIVE - DGIM Innere Medizin - Die komplette Innere Medizin zum Nachschlagen Herausgeber: Hendrik Lehnert, Elisabeth Märker-Hermann, Nikolaus Marx, Sebastian M Meyhöfer [Internet]. Berlin, Heidelberg: Springer; 2023. Available from: https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/dgim-innere-medizin/intoxikationen-durch-drogen?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-54676-1_479.

15 Karow T, Lang-Roth R. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie: vorlesungsorientierte Darstellung und klinischer Leitfaden für Studium und Praxis: 2022. 30. Auflage. Köln: Thomas Karow; 2021.

16 Schep LJ, Slaughter RJ, Watts M, et al. The clinical toxicology of ketamine. Clinical Toxicology. 2023;61:415-428.

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