Interview mit Prof. Dominic Wichmann, Hamburg
DIVI gründet Infektiologiehotline
Die Sektion Infektiologie der DIVI (Deutsche Gesellschaft für Intensiv- und Notfallmedizin) hat einen infektiologischen Konsiliardienst für Intensivmedizin gegründet.
Prof.
Dominic Wichmann Hamburg
Sprecher
der Sektion Infektiologie der Deutsche Gesellschaft für Intensiv-
und Notfallmedizin (DIVI), Klinik für Intensivmedizin am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Was war der Anlass zur Gründung einer Infektionshotline?
Wichmann: Es gab zwei Anlässe: Zum einen gibt es in Deutschland viel zu wenige Infektiologen. Infektiologische Expertise steht daher nicht in jedem Krankenhaus zur Verfügung. Zu anderen: Zur Bewältigung der COVID-Pandemie wurden in Zusammenarbeit mit großen Zentren Intensiv-Einheiten in kleineren Krankenhäusern gegründet, was sehr gut funktioniert hat. Ausgehend von dieser Erfahrung wollen wir in der DIVI-Sektion Infektiologie unsere Expertise über COVID-19 hinaus zur Verfügung stellen.
An wen richtet sich Ihr Angebot?
Wichmann:Unsere Infekthotline richtet sich explizit an Kolleginnen und Kollegen in der Intensivmedizin im deutschsprachigen Raum. Bei nicht lebensbedrohlichen Infektionen gibt es ja andere Möglichkeiten und Kanäle wie beispielsweise hier in Hamburg die tropenmedizinische Hotline des Bernhard Nocht-Instituts.
Reichen lokale Strukturen z.B. ABS-Teams nicht aus?
Wichmann:In vielen Häusern gibt es ja solche Strukturen nicht und selbst wenn, gerade in der Intensivmedizin gibt es viele spezielle Fragestellungen beispielsweise zu Dosierungen, Interaktionen, Applikationsarten und viele mehr. Hier haben wir als infektiologisch geschulte Intensivmediziner besondere Kenntnisse und auch klinische Erfahrung, die wir zur Verfügung stellen möchten.
Wie funktioniert die DIVI-Infekthotline konkret?
Wichmann:
Unsere Infekthotline ist ein niederschwelliges, kostenloses Angebot
ohne großen administrativen Aufwand. Die Anfrage wird online
gestellt. Bei https://infekthotline.divi.de/
Krankenhaus, Fachabteilung
und Kontaktdaten eingeben
sowie eine kurze Beschreibung
des Falles – natürlich ohne Namen des Patienten.
Innerhalb
von einem Arbeitstag wird der Fragesteller dann per Mail oder Telefon
kontaktiert und erhält eine Antwort, wobei auch Nachfragen möglich
sind. Das Konsil ist kostenlos.
Welche Experten und Expertinnen stehen hinter der Hotline?
Wichmann: Alle unsere Expertinnen und Experten – aktuell sind es 15 Personen – sind Mitglieder der Sektion Infektiologie der DIVI. Es gibt keine formalen Anforderungen, aber alle sind Infektionen- oder ABS-geschult oder haben eine lange klinische Erfahrung mit Infektionen in der Intensivmedizin. Die eingehenden Fragen erhalten automatisch alle Beteiligten. Eine Person nimmt sich des Falls an und hält aber auch bei Bedarf Rücksprache mit den anderen Personen, z.B. wenn besondere Expertise mit Dialyse gefragt ist.
Die
Antworten sollen innerhalb eines Arbeitstages eingehen. Wie konnten
Sie die Expertinnen und
Experten überzeugen, die sicherlich
komplexen Anfragen zeitnah in ihrem vermutlich ohnehin schon
stressigen Alltag zu beantworten?
Wichmann: Tatsächlich war das kein Problem. Wir haben das Projekt sowie die Notwendigkeit der raschen Bearbeitung in unserer Gruppe vorgestellt und waren erfreut über das große Engagement der Kolleginnen und Kollegen – auch ohne Honorar.
Können Sie schon über erste Erfahrungen berichten?
Wichmann:Die Hotline ist erst vor wenigen Wochen online gegangen, aber wir hatten schon einige Anfragen. Die Fälle waren sehr komplex, aber das ist ja auch genau unsere Zielrichtung und der Feedback war sehr positiv.
Wie finanziert sich die Hotline?
Wichmann: Die Industrie unterstützt das Projekt durch nicht sachgebundene Spenden. Das Geld wird für den Aufbau der Internet-Plattform und ggf. für persönliche Treffen eingesetzt. Die Beteiligten erhalten kein Honorar für ihre Tätigkeit.
Vielen Dank für das Gespräch