2/2024 Editorial
Liebe Leserin,
lieber Leser,
ESCMID 2024 – persönliche Eindrücke
Nach
dem Besuch eines Mega-Kongresses wie dem ESCMID 2024 wirken
HIV-Kongresse (mit Ausnahme des WeltAidsKongresses) wie
Familientreffen: Mehr als 17.000 Teilnehmer, mehr als 5.000 Arbeiten,
viele, viele Parallel-
Sessions und eine riesige Posterhalle.
Inhaltlich ist der Bogen weit gespannt, doch bei den neuen Daten
überwiegt „Clinical Microbiology”. Neue klinische Studien?
Fehlanzeige. Die klinische Infektiologie ist ein interdisziplinäres
Fach, aber sie muss sich als Speerspitze der Infektiologie wohl erst
emanzipieren. Dann erst werden wichtige klinische Studien wie z.B.
eine neue antibiotische Therapie der Pneumonie, nicht auf einem
Pneumologen-Kongress, sondern auf einem Infektiologie-Kongress
vorgestellt werden.
PrEP – neue Leitlinien
Die aktualisierten Leitlinien der PrEP schaffen die Gratwanderung zwischen wissenschaftlicher Evidenz und Anwendungspraxis. So wird die DoxyPEP nicht empfohlen, bleibt aber im Begleittext eine Option für bestimmte Einzelfälle. Auch das generelle Gonokokken- und Chlamydienscreening alle drei Monate wird nicht mehr empfohlen, kann aber entsprechend den individuellen Bedürfnissen sehr flexibel angeboten werden. Da kann man nur gratulieren!
Vogelgrippe – Vorbereitungen getroffen
Wenn
ein hochpathogenes Virus wie das Vogelgrippe-Virus H5N1 plötzlich in
Kuhmilch nachweisbar ist und dann auf den Menschen übergeht, ist man
nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie alarmiert. Bahnt sich da
eine neue
Pandemie an? Die Behörden sehen aktuell keine
Gefahr, aber überwachen und bereiten sich vor. Ein Impfstoff wurde
bereits zugelassen und ein weiterer ist in Reserve, der im Fall von
Mutationen angepasst werden kann.
HIV-Versorgung – in Gefahr?
Die HIV-Versorgung in Deutschland ist hervorragend. Damit dies auch so bleibt, müssen einige Herausforderungen bewältigt werden. Die wichtigste ist die Integration der HIV-Schwerpunktpraxen in den neu geschaffenen Facharzt für Infektiologie. Nur wenn dies gelingt, ohne Verluste bei Spezialisierung und Vergütung, bleibt die HIV-Schwerpunktpraxis attraktiv für den Nachwuchs.
Dr. Ramona Pauli