PKV: Weiterhin keine PrEP für die meisten
© DAH/Renata Chueire
Seit dem 1. September 2019 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die medikamentöse HIV-Prophylaxe PrEP für Menschen mit „substanziellem“ Ansteckungsrisiko. Privatversicherte waren von dieser Regelung zunächst ausgeschlossen. Die Kostenübernahme wurde zumeist im Einzelfall geprüft, Ablehnungen wurden oft nicht begründet.
Das sollte sich mit einer Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) ändern, die zum 1. Dezember 2020 in Kraft trat. Die Vereinbarung regelt unter anderem die Zielgruppen und die Qualifikationsanforderungen an die teilnehmenden Ärzt*innen. Sie orientiert sich an den medizinischen Leitlinien. Bei der Definition des Versorgungsumfangs diente den Vertragspartner*innen die Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen zur HIV-PrEP als Vorlage.
Die PrEP erhalten können demnach vollversicherte Personen mit substanziellem HIV-Infektionsrisiko, etwa Männer, die Sex mit Männern haben, oder Personen mit HIV-positiven Partner*innen, bei denen die HIV-Vermehrung nicht ausreichend unterdrückt ist. Erstattet werden neben den Kosten für das PrEP-Medikament auch die erforderlichen Laboruntersuchungen.
„Unter Versorgungsaspekten ist es sinnvoll, das Präventionspotenzial der PrEP zu nutzen“, erklärte seinerzeit der PKV-Verbandsdirektor Dr. Florian Reuther. Die Rahmenvereinbarung schaffe eine „adäquate Leitplanke für eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche PrEP-Versorgung in der PKV“. Transparenz gehört freilich nicht zur Vereinbarung. Der PKV-Verband gibt nicht preis, welche seiner Mitglieder sich angeschlossen haben.
Die Deutsche Aidshilfe hat deshalb die privaten Krankenversicherungen im Februar 2022 direkt angefragt. Von vielen kamen keine oder nur ausweichende Antworten.
Kostenerstattung bestätigt
Positive Begegnungen
Nach der Corona-Zwangspause vor zwei Jahren finden vom 7. bis 10. Juli in Duisburg erstmals wieder die Positiven Begegnungen statt. Die Konferenz zum Leben mit HIV steht unter dem Motto „Gemeinsam Unterschiede feiern – sichtbar, streitbar, stark“. Erstmals gibt es kein vorher geplantes Programm, sondern die Inhalte entstehen im Rahmen eines Open Space durch die Teilnehmer*innen.
Besonders gefragt: Neuzugänge! Wenn sich Menschen, die schon häufiger dabei waren, gemeinsam mit Erst-Teilnehmer*innen anmelden, erhalten beide sofort eine Zusage. Neben Menschen mit HIV und ihren Angehörigen sind zum Beispiel auch Interessierte aus dem Gesundheitswesen oder der Politik herzlich willkommen!
Mehr Informationen und Anmeldung: aidshilfe.de/PoBe2022
Ukraine: Medikamente und Geld spenden!
Durch den Krieg in der Ukraine ist mit Versorgungsengpässen bei HIV-Medikamenten zu rechnen – auch in Polen, wo viele Geflüchtete ankommen. DAIG, dagnä und DAH haben darum gemeinsam dazu aufgerufen, nicht mehr benötigte antiretrovirale Medikamente zu spenden. Die Präparate werden dann an die polnische AIDS-Gesellschaft geschickt, die nach Bedarf die weitere Verteilung übernehmen wird. Die DAIG befindet sich im täglichen Austausch mit Kolleg*innen in der Ukraine und in Polen. (Kontakt: DAIG@daignet.de)
Die Deutsche Aidshilfe ist außerdem Teil des Bündnisses Queere Nothilfe Ukraine, das die Versorgung und Evakuierung geflüchteter LGBTIQ* unterstützt. Sie befinden sich teilweise in besonderen Notlagen.
Spenden sind möglich über: https://altruja.de/nothilfe-ukraine/spende
Nur 14 private Krankenversicherungen – etwa ein Viertel der privaten Kassen – bestätigen, dass sie die Kosten für die PrEP entsprechend der Regelung erstatten – für bereits Versicherte. Es handelt sich um folgende Unternehmen:
- Allianz Private Krankenversicherungs-AG
- Alte Leipziger (gehört zur HALLESCHEN Krankenversicherung)
- ARAG Krankenversicherung AG
- AXA Krankenversicherung
- Barmenia Krankenversicherung
- Bayerische Beamtenkrankenkasse
- ERGO Direkt Krankenversicherung
- Generali Krankenversicherung (vorher: Central)
- Gothaer Krankenversicherung
- HALLESCHE Krankenversicherung
- HUK-Coburg Krankenversicherung
- LVM Krankenversicherung
- Nürnberger Krankenversicherung
- Union Krankenversicherung
Der Debeka Krankenversicherungsverein arbeitet an einer „Anpassung der Tarifbedingungen“, um die PrEP zukünftig tariflich erstatten zu können.
Die HanseMerkur Krankenversicherung ist dem Rahmenvertrag zwar nicht beigetreten, übernimmt nach eigenen Angaben jedoch die PrEP-Kosten bereits seit August 2019 „nach Prüfung der medizinischen Notwendigkeit … im Rahmen der Kulanz“. Voraussetzung ist, dass der vereinbarte Versicherungstarif die Kostenerstattung von Arzneimitteln generell vorsieht. Bei der Prüfung richte man sich nach den Einschlusskriterien analog der Rahmenvereinbarung. Bei Neuanträgen führt die Angabe der PrEP-Nutzung allerdings zu einer Ablehnung, auch ein Tarifabschluss mit Risikozuschlag oder Leistungsausschluss ist nicht möglich.
Neue Versicherte bleiben oft ausgeschlossen
Bei Neuabschluss eines Versicherungsvertrags oder Wechsel der Krankenkasse muss man generell Gesundheitsfragen beantworten und dabei auch die Einnahme ärztlich verordneter Medikamente angeben. Die PrEP-Nutzung kann zur Zurückweisung oder zu höheren Tarifen führen.
Auch bei den Kassen, die die Rahmenvereinbarung unterzeichnet haben, sind PrEP-Nutzer*innen nicht automatisch auch als Neumitglieder willkommen. Teils bleibt ihnen der Normaltarif verwehrt. Die HALLESCHE Krankenversicherung, die Bayerische Beamtenkrankenkasse und die Union Krankenversicherung schließen PrEP-Nutzer*innen aus.
Die Gothaer Krankenversicherung erstattet bis zu 50 Euro im Monat für das PrEP-Medikament, jedoch nicht im Basis- oder Notlagentarif. Bei Beantragung einer Neumitgliedschaft müsse die Einnahme einer ärztlich verschriebenen PrEP angegeben werden, aufgrund des ärztlichen Berichtes erfolge dann eine individuelle Prüfung.
Die
Barmenia schreibt: „[Auch] wenn der Antragsteller selbst gesund
ist, können wir wahrscheinliche oder sogar sichere Kosten für
Behandlungen und Arzneimittel nicht außer Acht lassen.“ Zu
bewerten sei das
Kostenrisiko im Einzelfall, was einen
Vertragsabschluss unmöglich machen könne.
Die ERGO Direkt Krankenversicherung lehnt Neuanträge von PrEP-Nutzer*innen grundsätzlich ab, da „sowohl das versicherungsmedizinische Wagnis als auch die Möglichkeit erhöht“ sei, „dass laufende ärztliche Kontrollen aufgrund der Nebenwirkungen notwendig werden, die wiederum zu einer erhöhten Kostenbelastung führen.“
PrEP-Nutzer*innen unerwünscht
Als neue Mitglieder werden PrEP-Nutzer*innen von den folgenden privaten Krankenversicherungen erklärtermaßen nicht oder potenziell nicht aufgenommen:
- Alte Leipziger (gehört zur HALLESCHEN Krankenversicherung)
- Bayerische Beamtenkrankenkasse
- Barmenia Krankenversicherung
- ERGO Direkt Krankenversicherung
- HALLESCHE Krankenversicherung
- HanseMerkur Krankenversicherung
- Union Krankenversicherung
Die Begründungen beziehen sich unter anderem auf ein erhöhtes Risiko für HIV- und STI-Infektionen sowie höhere Kosten durch erforderliche Untersuchungen.
Höhere Tarife oder Nichtaufnahme
Bei folgenden privaten Krankenversicherungen kann eine PrEP zu einem teureren Tarif führen:
- ARAG Krankenversicherung AG
- LVM Krankenversicherung
- Nürnberger Krankenversicherung
PrEP-Nutzer*innen willkommen
Lediglich die folgenden privaten Krankenkassen gaben in der Umfrage der Deutschen Aidshilfe vom Februar 2022 an, dass sie der Rahmenvereinbarung zur HIV-PrEP beigetreten sind und die Nutzung der HIV-PrEP keine oder keine ausschlaggebende Rolle für die Risikoprüfung bei Neuanträgen spielt:
- Allianz Private Krankenversicherungs-AG
- AXA Krankenversicherung
- HUK-Coburg Krankenversicherung
Stand: 28.2.2022
Ausführlichere Informationen:
https://magazin.hiv/magazin/privatversicherte-hiv-prep/