Ausgabe 3 - September 2007
Editorial
KONGRESSE - WISSEN AUF DEM NEUESTEN STAND
Kongresse waren in der HIV-Medizin immer schon wichtiger als in anderen Fach- gebieten. Und in diesem
Sommer gab es besonders viele interessante Kongresse, die auch viel Neues gebracht haben. Eine
Zusammenfassung an dieser Stelle würde den Rahmen sprengen. Ein Highlight sei jedoch erwähnt:
die PREDICT-Studie.
KONGRESS
4 IAS Conference 2007, Sydney
Neuer Trend - Früher behandeln!
Auf der 4th IAS-Konferenz in Sydney wurden politisch wie wissenschaftlich neue Trends gesetzt. Bei der Frage nach dem optimalen Therapiebeginn bewegt sich das Pendel wieder in Richtung eines früheren Starts, bei den antiretroviralen Strategien gab es erste Daten zu den neuen Substanzklassen in der Firstline. Die wichtigste politische Aussage war die Forderung nach wissenschaftlicher Evaluation von Hilfsprojekten.
XVI. International HIV Drug Resistance Workshop, Barbados
Resistenz gegen neue Klassen
Der jährlich stattfindende internationale Resistenz-Workshop ist eine Plattform der Forscher, die ihre neuesten Studien- und Forschungsergebnisse präsentieren und diskutieren. In diesem Jahr standen insbesondere die neuen Substanzklassen der Integraseinhibitoren und CCR5-Antagonisten im Fokus. Interessante neue Daten gab es aber auch zu Nachweis und Interpretation von minoren Quasispezies sowie zu den kompensatorischen Mutationen im gag-Gen unter Proteasehemmern.
3. Intern. Workshop zu HIV- und Hepatitis-Koinfektion, Paris
Koinfektionen schwierig zu behandeln
Zum dritten Mal trafen sich in Paris Spezialisten auf dem Gebiet der Hepatitis-Koinfektion bei HIV-positiven Patienten. Rund 300 Teilnehmer waren aus Europa und Amerika angereist. In dem drei Tage umfassenden Programm wurden sämtliche wichtigen Aspekte der Hepatitis-Koinfektion abgehandelt.
8. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin, München,
05.-07.07.2007
Suchtmedizin - Identität und Interdisziplinarität
Der 8. interdisziplinäre Kongress für Suchtmedizin fand wie gewohnt Anfang Juli in München statt. Die Organisatoren Prof. Michael Soyka und PD Dr. Markus Backmund konnten über 700 Besucher begrüßen, womit die Tagung der größte suchtmedizinische Kongress in Deutschland ist. Der Kongress informierte breit über neue Entwicklungen aus allen Suchtformen und die lebendigen Diskussionen zeigten die Produktivität des interdisziplinären Dialogs. Ein Schwerpunkt des Kongresses war die Stellung der Suchtmedizin im Spannungsfeld zwischen den somatischen und den psychologischen Fächern.
3. Deutsch-Österreichischer AIDS-Kongress, Frankfurt
DÖAK - Kongress in ganz Frankfurt
Der DÖAK in Frankfurt fand nicht nur innerhalb des Kongressgebäudes statt. HIV/Aids war auch im Theater, im Kino, auf Plakatwänden, in Schulen usw. ein Thema. Die Botschaft "Aids geht alle an" hat in der Kongresswoche die ganze Stadt erreicht.
67. Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA), Chicago
Neue Medikamente und heiße Diskussionen
Es tut sich derzeit Einiges in der Diabetologie. Blutzuckersenker mit neuen Wirkansätzen drängen auf den Markt. Um ein seit mehreren Jahren verfügbares Diabetesmedikament gibt es hitzige Sicherheitsdiskussionen. Beim HbA1c-Wert, der etablierten Methode zur Messung der langfristigen Qualität der Glukoseeinstellung, wird sich einiges ändern und aktuelle Studien zum Nutzen der Blutzuckerselbstkontrolle sorgen für Aufregung. Die diesjährige Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA) in Chicago bot eine interessante Mischung von Themen aus Praxis und Forschung.
AKTUELL
Kasuistik
HIV-Infektion nach sexueller Gewalt
Im April 2006 hatte ein 19-jähriger Mann im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung einem HIV-Test zugestimmt, der reaktiv war. Für den Patienten brach eine Welt zusammen, denn wenige Monate zuvor, im Januar, war der Test noch negativ gewesen. Nach längerem Zögern berichtete der Patient schließlich, dass er Opfer sexueller Gewalt geworden war.
Dr. Ingrid Schaal, Herne und Alexander May, Köln
Vergewaltigung und HIV-Übertragung aus juristischer Sicht
Bei der Übertragung des HI-Virus handelt es sich strafrechtlich um eine Gesundheitsverletzung. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) ist die Virusübertragung bereits vor Ausbruch der AIDS-Erkrankung als eine Gesundheitsbeeinträchtigung zu bewerten.
FORTBILDUNG
Prof. Dr. Johannes Bogner:
"Eradikation" darf wieder gedacht werden!
Die neuen Wirkprinzipien Integrasehemmung und CCR5-Blockade werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur die antiretrovirale Therapie in der Salvage verbessern. Bei klugem Einsatz in der frühen Phase der Infektion und bei Kombination mit weiteren Komponenten sind sie grundsätzlich in der Lage, das lange verlassene Ziel einer Viruseradikation zu unterstützen. Neue Studien werden dringend gebraucht.
Prof. Dr. Andreas Sauerbrei:
Diagnostik, Therapie und Prophylaxe von Varicella-Zoster-Virus-Infektionen
Varizellen und Zoster können bei immungeschwächten Patienten einen schweren Krankheitsverlauf zeigen. Gefürchtet sind vor allem Komplikationen unter der Beteiligung viszeraler Organe. Im Falle einer Labordiagnostik ist der Virusnachweis anzustreben. Ein Antikörpernachweis ist zum Erkennen von empfänglichen Personen sowie zur Kontrolle des Impferfolges bei bestimmten Personengruppen indiziert. Zur antiviralen Behandlung von Risikopatienten mit Varizellen sind Aciclovir sowie zur Therapie des Zoster Aciclovir, Brivudin, Famciclovir und Valaciclovir zugelassen. ...
T. Göbel und PD Dr. A. Erhardt:
Leitlinien zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hep B Infektion
Seit der Verabschiedung der letzten Leitlinie und deren Publikation im Jahre 2004 wurden wesentliche Fortschritte in der antiviralen Therapie der Hepatitis B erzielt, die ein Upgrade der Leitlinien erforderlich machten. Das Upgrade der Leitlinie berücksichtigt zudem die neuen Erkenntnisse zum HBV Genotyp, zur Viruskinetik unter Therapie und zur Bedeutung der Viruslast für den natürlichen Verlauf der Erkrankung. Eine Viruslast von 104 Kopien/ml bzw. 2.000 IU/ml stellt einen entscheidenden und unabhängigen Risikofaktor für die Entstehung der Leberzirrhose und des hepatozellulären Karzinoms dar.
MITTEILUNGEN
Robert Koch-Institut
Syphilis in Deutschland 2006
Nach der Einführung einer Labormeldepflicht für Syphilis-Diagnosen durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Jahre 2001 stieg die Zahl der gemeldeten Infektionen zunächst von 1.697 im Jahre 2001 auf 3.352 im Jahre 2004 an. Im Jahr 2006 wurden dem RKI 3.147 Syphilis-Fälle gemeldet. Seit dem Jahr 2004 stabilisieren sich die Meldezahlen für die Syphilis bundesweit auf einem Niveau zwischen 3.000 und 3.500 pro Jahr. Hinter den bundesweit relativ stabilen Zahlen verbergen sich jedoch zeitlich gegeneinander versetzte regionale Schwankungen und zwei unterschiedliche Epidemien.
DEUTSCHE AIDS-STIFTUNG UNTERSTÜTZT KRANKEN- UND GRUPPENREISEN
Neue Kraft schöpfen
Eine Auszeit nehmen vom Alltag, eine oder zwei Wochen der Genesung, dies ist für aidskranke Menschen besonders wichtig. Oft jedoch macht ihre schwierige materielle Situation eine Reise unmöglich. Hinzu kommt, dass viele Betroffene Pflege, medizinische Betreuung oder Hilfe bei der Bewältigung alltäglicher Abläufe benötigen. Krankenreisen, die zum Beispiel einige der größeren AIDS-Hilfen in Deutschland organisieren, setzen hier an und ermöglichen aidskranken Menschen eine betreute Reise in der Gruppe. Seit zehn Jahren bereits fördert die Deutsche AIDS-Stiftung solche Genesungsreisen, die von AIDS betroffenen Menschen die Gelegenheit geben, neue Kraft zu schöpfen.
INTERVIEW MIT DEM NEUEN DAIG-VORSTAND PROF. JÜRGEN ROCKSTROH, BONN
Förderung von Wissenschaft und Nachwuchs
"Die DAIG wurde 1986 gegründet. Ihre erste Aufgabe - und auch der Anlass der Gründung - war die Ausrichtung des deutschen AIDS-Kongresses, der im gleichen Jahr stattfand. Danach musste sich die Gesellschaft erst einmal selbst finden. Das war nicht einfach und deshalb muss ich gerade an diesem Punkt die hervorragende Arbeit von Prof. Norbert Brockmeyer und des gesamten Vorstandes herausstellen. Herr Brockmeyer hat die DAIG geprägt und vorwärts gebracht. ..."
Arbeitsgruppe Aerztinnen und Aids (3A)
Ärztinnen haben Grund zum Feiern: Ein Jahr 3A
Im September feiert die Arbeitsgruppe Aerztinnen und Aids (3A) mit einem Seminar zum Thema HIV & Frauen auf dem DAGNÄ-Workshop in Köln ihr einjähriges Bestehen. Bereits im ersten Jahr ist es 3A gelungen, sich in der deutschen HIV-Landschaft zu etablieren.
DAGNÄ
Durchbruch oder Mosaikstein?
Im Rahmen des Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses Ende Juni fand auch der Workshop der DAGNÄ zur "Versorgungsrealität 2007 und Perspektiven?" statt.
Deutsche AIDS-Hilfe
Der HIV-Schnelltest in der Praxis Überlegungen der Münchner AIDS-Hilfe
e.V.
Die Münchner AIDS-Hilfe bietet ab Juni 2007 ein spezifisches Angebot zu sexuellen Risiken und HIV-Test an. Ein Bestandteil dieses Angebotes ist ein HIV-Schnelltest, welcher mittels eines Tropfen Vollblutes innerhalb von 20 Minuten ein Testergebnis erzielt. Der Einsatz des Schnelltests ist in den letzten Jahren, auch von uns, immer wieder kritisch betrachtet worden. Als die Münchner AIDS-Hilfe ankündigte, ein Beratungs- und Testangebot machen zu wollen, das den HIV-Schnelltest beinhaltet, gab es erstaunte, kritische oder auch ablehnende Reaktionen seitens der Fachkollegen und der offiziellen Stellen - in München und darüber hinaus.
MUSIKTHERAPIE
DR. ALBRECHT ULMER, STUTTGART
Klaviergeschichten - das Klavier im Sprechzimmer
Ein paar Minuten Klavier spielen helfen, die ganze Wucht und Tiefe der vielen Menschenschicksale, mit denen man in der Praxis eingehend konfrontiert wird, zu verarbeiten. Leider ist das während der Sprechstunde nicht immer möglich, vor allem dann nicht, wenn viele Patienten im Wartezimmer schon längere Zeit sitzen.
MELDUNGEN
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